Liebe Marsi,
ich bin froh, dass die sehnsüchtig-sentimentale Stimmung der letzten Tage wieder ein Stück von Dir gewichen ist. Aber auch das gehört einfach dazu, dass man stimmungsmäßig wieder Einbrüche erlebt. Sich zurückerinnert an Situationen, in denen man glücklich mit ihm war und das wünscht man sich zurück. Freilich ist Dir klar, dass ein ExBack nicht in Frage kommt, aber dennoch empfindest Du Sehnsucht nach einem stabilen Glückszustand und daher kommen dann diese sehnsüchtigen Gedanken.
Und dann natürlich noch Weihnachtszeit! Immer eine schwierige Zeit für Menschen, die gerade in einem Trauerprozess stecken. Du steckst auch in einem Trauerprozess, denn ein lieb gewordener Mensch hat sich aus Deinem Leben davon gemacht.
Ich denke auch, wenn Du jetzt wüsstest, dass er mit einer Neuen glücklich wäre, es würde Dir nicht weiter helfen, denn Deine Gefühle würden wieder mal Achterbahn fahren. Es kämen Neid, Eifersucht, Rachegedanken usw. und Du würdest Dich wundern, wie heftig diese Gefühle werden können. Dieser Haß auf ihn wäre enorm. Ich erinnere mich noch gut an die Mails, die ich an ihn schrieb, als mir klar war, dass er eine Neue hatte. Ich habe sie ja nie abgeschickt, zum Glück, aber der Hass, die Wut auf ihn waren immens.
Und geholfen hat es nichts! ich war machtlos.
Ich denke auch, dass dieses Gefühl hier eine große Rolle spielt. Du bist machtlos, Du musst damit vorlieb nehmen, dass er Dich nicht mehr wollte und Du hast keinerlei Einfluss auf ihn. Das Gefühl, eine Situation gar nicht mehr kontrollieren zu können, macht Angst.
Marsi hat geschrieben:Vielleicht könnte ich dann mal richtig wütend werden, ihn so hassen, dass auch diese Gedanken aus meinem Kopf verschwinden.
Das ist ein Trugschluss, denn der Hass und die Wut schaden nur Dir selbst und sie können Dich sehr lange drangsalieren. Ich war über Wochen in einer Wutphase, aber mit der Zeit ist sie abgeklungen. Denn Wut und Hass fallen immer auf den zurück, der sie empfindet. Sie vergällen Dir Dein Leben und zeigen Dir leider auch, dass Du noch lange nicht los gelassen hast. Los gelassen hast Du erst, wenn Du nichts mehr von ihm wissen willst. Solange Du Wut empfindest, bist Du noch an ihm dran, denn Wut und Hass sind ja nichts anderes als umgekehrte Liebesgefühle. Sie zeigen Dir, wie wichtig er noch immer in Deinem Leben ist, sogar so wichtig, dass 'Du Dir selbst das Leben schwer machst.
Aber durch diese Phasen muss jeder gehen.
Marsi hat geschrieben:Das ist eine furchtbare Vorstellung für mich, dass ich sein Mutterersatz war, aber keine Partnerin.
Natürlich warst Du auch seine Partnerin, aber ich denke, dass Du mit der Zeit ganz automatisch in die Rolle einer Kümmerin gerutscht bist und Dir das ja auch positive Gefühle gab. Denn eine Kümmerin bringt die Lage unter Kontrolle, sie ist wichtig, sie hat eine Funktion für den Mann. Das ist auch nicht weiter schlimm, aber birgt die Gefahr, dass die Frau weniger als Frau als als eine Art Mutter empfunden wird.
Mir fiel sofort auf, als Du ihn beschrieben hast, dass dieses Element bei Euch ziemlich stark ausgeprägt war. Jedes Paar verteilt Rollen und manchmal werden die Rollenverteilungen einzementiert, bis einer das nicht mehr will und keine Perspektive mehr sieht.
Das bedeutet ja auch nicht, dass man sich nicht um den Partner kümmern soll, aber manches wird einfach so selbstverständlich, dass es von außen betrachtet schon lächerlich wirkt. Ihn zwickt es hier oder da und Du hoppelst sofort an, bereit, ihm zu helfen mit Umschlägen, Tabletten, Informationen ...
Es ist doch eigentlich gut, dass Du Dich jetzt auch mal im Rückspiegel betrachtest. Das tat ich auch und dann schämte ich mich wieder mal.
Was habe ich nicht alles angeschleppt, wenn ich zu ihm fuhr. Eine Flasche Rotwein und Käse waren mindestens obligatorisch im Gepäck. Als ich merkte, dass er Pralinen mag, rate mal, was geschah! Als er mal sagte, dass er den Duft von Lavendel mag, schleppte ich ein Lavendelbadesalz an. Das war kurz vor der Trennung und ich ärgere mich manchmal noch heute darüber, dass ich ungefragt und selbstverständlich Sachen für ihn kaufte. Er nahm das auch mit einer gewissen Selbstverständlichkeit hin, aber irgendwann merkte ich, dass ich mehr gab als er.
Was war dahinter? Ich wollte ihn verwöhnen und mich dadurch sozusagen unentbehrlich machen. Er sollte ja merken, welch tolles Frauchen er da an Land gezogen hatte! Es war billig von mir, aber wirft eben auch ein bezeichnendes Licht auf meine innere Einstellung zu mir selbst. Er sagte was so dahin und ich sprang sofort los, bereit, ihm das zu kaufen, damit ich mich wertvoll fühlen konnte.
War ja klar, die Liebe seinerseits war ja schon lange gewichen, aber ich kämpfte immer noch darum, irgend wann mal als seine Partnerin gesehen zu werden. Eines Tages ...
Weihnachten nahte. Ich mochte Weihnachten, schon immer. Auch wenn der Aufwand zu hoch ist, der sprichwörtliche Weihnachtsstress einkehrt und vieles Kommerz ist (Weihnachten ist ein riesiger Wirtschaftsfaktor), ich mag es doch. Er natürlich nicht. Er verurteilte den Kommerz und den Aufwand und es sei schon schlimm, diese familiären Zwänge hinzunehmen ...
Ich pflichtete ihm bei. Das war die Logik die sprach, aber es kehrte auch Traurigkeit bei mir ein. Es hatte doch auch schöne Seiten, Kerzenschein, Plätzchen, Weihnachtskugeln usw.
Also gut, dann eben kein Weihnachten , mit ihm schon gar nicht. Denn er würde ja zu seiner Familie fahren, ich zu meiner wie üblich.
Der erste Advent nahte und was tat ich? Ich kaufte ihm einen Adventskalender und eine Kerze mit ein wenig Drumherum. Das freute ihn dann doch und mich freute es dann auch. Was hatte ich doch wieder für eine gute Idee gehabt!
Naja, Weihnachten bekam ich dann ein Buch von ihm - immerhin. Ich schleppte an: einen guten Korkenzieher für unseren Rotwein, eine neue Zuckerdose (Töpferware und Handarbeit), ein Buch, einen Kalender für 2010 ...
Ja, ich schenkte ihm diese Dinge gern. Ich bin großzügig, aber in seinem Falle wollte ich auch was dafür, was ich zu wenig bekam. Du ahnst sicher, was ich hätte haben wollen... So ganz selbstlos war ich nicht!
Er erzählte, dass er einige Tage vor Weihnachten frei nehmen würde. Ich fand die Idee gut, denn dann würde vor den Feiertagen ein wenig Ruhe einkehren. Er sagte nichts davon, dass wir ja mal zwei Tage zusammen verbringen könnten. Der Vorschlag kam von mir - logisch. Er stimmte zu.
Die Zeit nahte und ich hatte zwei TAge Urlaub eingetragen. So um den dritten oder vierten Advent war ich bei ihm und er sagte, seine Freundin aus Berlin würde wegen ihres Vaters in die Stadt kommen. Darauf freute er sich, denn sie würde wohl am 21.12. schon ankommen. Mein Herz rutschte in die Hose. Was war denn mit mir? Wir hatten doch darüber gesprochen zwei Tage gemeinsam zu verbringen? Mein Herz klopfte und mir schwante wieder mal, was passiert war. Was ich sagte und wollte, war so uninteressant, dass er es oft vergaß, denn es war einfach nicht wichtig für ihn.
Am Nachmittag dann fragte ich ihn, ob es jetzt bei den beiden Tagen bleiben würde. Er las gerade Zeitung, hob nicht mal seinen Blick, sondern fragte nur: Haben wir darüber schon gesprochen?
Ich verbarg meine Fassungslosigkeit und sagte, ja klar, ich habe doch schon Urlaub genommen ...
Ja, wir verbrachten die beiden Tage zusammen, aber ich kann mich nur noch in Rudimenten daran erinnern.
Wieso macht man sowas mit? Warum geht man nicht, sondern kämpft um ein kleines bißchen Zuneigung, die immer zu wenig war?
Ja klar, ich kämpfte um die Liebe und Zuwendung meines Vaters und damit ich da auch so richtig kämpfen konnte, denn Kampf war doch gut, weil es dann wichtig war, brauchte ich den Mann, der unerreichbar blieb. Damit erlebte ich das wieder und der Schmerz, den ich dann empfand, war mir vertraut seit Urzeiten.
Hast Du auch manchmal die Ahnung, dass Du manche Gefühle schon ewig kennst? Dann schau mal genau hin, es sind meist uralte Gefühle, die in Dir abgespeichert sind und wieder ans Licht kommen. Dahinter steckt uralter Kummer. Die Erkenntnis z.B., ich bin nicht wichtig genug.
Ob Du Deine PT brauchst, ich weiß es nicht. Allein mit Nachdenken und Beobachten von Erinnerungen eschließt sich schon vieles. Die Hauptarbeit liegt jedenfalls bei Dir und das ist gut so.
Als ich beim Therapeuten war, dachte ich mir, viel hat sich nicht bewegt. War ja auch so, aber mir blieb einiges von dem, was er sagte, in Erinnerung. Und Monate später zog ich dann Rückschlüsse zu mir. Ich beobachtete mich mehr, hörte mehr in mich hinein und dann erschlossen sich Parallelen. Es ist interessant, solche Dinge aufzudecken und zu erkennen, was uns oft antreibt. Ein Kampf gegen Windmühlen z.B.!
Marsi hat geschrieben: der Gedanke, dass die sechs Jahre eine reine Bequemlichkeit war und er mich nicht als Frau wahrgenommen hat. An der Kröte werde ich aber sehr lange zu kauen haben.
Das ist überspitzt formuliert. Natürlich war es nicht nur Bequemlichkeit, aber im Lauf der Jahre spielen sich oft Rollen ein, meist unbemerkt. Und außerdem, wer sagt Dir, dass ich recht habe?
Marsi hat geschrieben:Wenn er mal wieder nicht mit mir gesprochen hat oder er einfach nicht gespürt hat was los war obwohl ich es mehrfach gesagt habe (wahrscheinlich zu blumig, sonst hätt er es verstanden), dann war ich auch bockig und hab rumgezickt. Das zu erkennen ist gruselig, denn ich wollte nie so sein wie meine Mutter.
Wollte ich auch nie ... Und war es oft genug doch! Es ist einfach so, dass man unbewusst viel abschaut, kopiert und dann wiederholt. Eigentlich klar, denn Du wächst in einem Umfeld auf, das für Dich normal ist und das Dich prägt. Aber nicht nur in negativer Hinsicht! Das alles kann ja auch sehr positiv sein, aber man sieht es oft zu wenig.
Irgendwann musst Du Dich mit dem, was Deine Mutter Dir vorgelebt hat, aussöhnen, denn auch sie war geformt durch Erfahrungen und hat das nachgelebt. Dein Vorteil ist, dass Du da leichter wieder davon loskommst, wenn Du darüber nachdenkst, warum das so ist. Das habe ich bei meiner Mutter immer vermisst. Sie reagierte irgendwie, sie machte die Stimmung kaputt, wenn sie frustriert war, aber hat sie auch nur einmal darüber nachgedacht, warum sie das tat? Auch sie hätte doch merken müssen, dass das kontraproduktiv ist! Aber dazu war sie wohl zu wenig selbstreflektiert.
Mein Partner sagt auch: Meine Eltern haben sich permanent und täglich gestritten, anstatt auch nur einmal zu fragen, warum sie das taten! Sie haben uns Kindern (vier an der Zahl) ein schlechtes Bild vom Familienleben vermittelt und daran tragen wir heute noch!
Marsi hat geschrieben:Und ich hab genau wie Du, immer durch Leistungen versucht, das zu kompensieren.
Ja, Leistung war immer wichtig. Aber ein Gefühl der Schwäche zuzulassen war nicht möglich. Ich schob es beiseite und verachtete es, wenn Menschen Schwäche zeigten.
Wer hart zu sich ist, ist auch hart zu anderen. Auch hier muss man erkennen, dass man selbst auch schwach ist und schwach sein darf. Versöhnung mit sich und den Eltern usw. ist der einzige Weg, der Dich letztendlich weiter bringt.
Sich besser zu kennen, ist sehr hilfreich und tut gar nicht mal weh! Ist bloß am Anfang oft peinlich, wenn man die Parallelen zur Ursprungsfamilie erkennt. Und manches kann man nie abstreifen. Dann muss man halt damit leben.
Ich bin ja eine tolle Jägerin, hartnäckig und geduldig. Eine Jägerin braucht die Beute, die davon rennt. Die Beute war er und auch er rannte davon. Ich hinterher, ich wollte ihn sozusagen erschießen (für mich haben), aber ich kriegte ihn nicht.
Meinen jetzigen Partner hingegen brauche ich nicht zu erjagen. Er ist einfach da. Manchmal kann mir das zu viel werden. Dann laufe ich wieder mal davon ... und mutiere zum Fluchttier. Wie ein Chamäleon.
Das kommt halt immer wieder mal und das akzeptiere ich dann auch und sage auch meinem Partner, dass ich eben aufgrund meines Wesens ab und an wieder mal weg muss, das aber mit ihm eigentlich nicht direkt etwas zu tun hat.
Marsi hat geschrieben:Er war ja nicht einmal dazu im Stande zu uns als Partner zu stehen. Sonst wäre unsere Beziehung nicht überall im geheimen abgelaufen.
Wow, sechs Jahre und eine geheime Beziehung? Kanntest Du seine Eltern, hat er Dich nicht zu Hause "eingeführt"? Lerntest Du seine sonstigen Freunde nicht kennen? Und das sechs Jahre lang!
Marsi, das ist keinesfalls normal! Wenn ein Mann das tut, dann verwehrt er seiner Partnerin ihren Anteil an seinem Leben.
Kommt mir bekannt vor, er tat das auch. Unsere Beziehung war ja auch geheim, seine Freunde lernte ich nicht kennen (er meine aber auch nicht) und seine Mutter sowieso nicht. Er stand einfach nicht zu mir, es war eben so und ich akzeptierte es stillschweigend. Eines Tages ... Aber die Beziehung hielt nur 14 Monate, das ist eine andere Zeitdimension.
Marsi hat geschrieben:Ich habe Angst vor diesem Weg der vor mir liegt. Vor dieser langen Reise zu mir selbst, vor der Reise weg von ihm und dem Kummer den er mir bereitet hat.
Hey, das muss Dir keine Angst machen! Die Reise geht von selbst und sie ist spannend und letztendlich auch bereichernd, denn Du kannst unglaublich viel davon profiteren. Du machst es für Dich und nicht etwa für Jemand anderen.
Und den Kummer willst Du noch nicht gehen lassen, denn vielleicht käme er Dir wie Verrat vor? Verrat an der Wahrhaftigkeit Deiner Gefühle vielleicht? An der Rechtschaffenheit Deiner Gefühle für ihn?
Selbst wenn manches Dir zweifelhaft erscheint, so steckt meist was dahinter. Etwas, was Du aufdecken solltest, denn was Du aufgedeckt hast, quält Dich weniger. Das wirst Du schon noch merken.
Na, der Typ von Dir war jedenfalls nicht das Gelbe vom Ei. Kein Mann, den man als Partner haben möchte. Und auch diese Erkenntnis ist schließlich nützlich und gut. So nicht mehr! Wenn einer mich über Gebühr unter Verschluss hält, dann braucht er mich nicht! Er benützt mich vielleicht, zieht das Positive daraus, aber zahlt nicht mit gleicher Münze zurück. Eine Beziehung im Ungleichgewicht, das konnte so nicht bleiben und daher ging es kaputt. Gut so, denn dann kommst Du da raus und widmest Dich jetzt wichtigeren Dingen.
Lass Dich von dem was ich schreibe, nicht zu sehr tangieren. Es muss nicht stimmen und ich muss nicht Recht haben. Ich schreibe das nur mal als Denkanstoss und Du ziehst Deine eigenen Schlüsse daraus. Dieses Mal für Dich und nicht etwa für ihn!
Marsi hat geschrieben:Sonnenblume10 hat geschrieben:Marsi hat geschrieben:Ach ja und heute sag ich es mal ohne Wehmut, ganz stark und voller Stolz: 8 Wochen Kontaktsperre und niemals in Versuchung gewesen zu stalken, anzurufen oder ihm zu schreiben. Ich bin eine Heldin
Das wird Dein neues Mantra! Halte Dir das mal vor Augen! Du hast jetzt acht Wochen geschafft ohne Stalken, Hinterhertelefonieren, Mailen (ach, doch nur ein kleines unverfängliches Mailchen, ich will doch nur wissen, wie es ihm geht ...). Das ist wirklich eine Leistung. Ich hätte das damals nicht geschafft, es wäre unmöglich gewesen, denn ich war noch viel zu verstrickt mit diesem Kasperl.
Ich weiß auch nicht, warum es mich überhaupt nicht dahin zieht ihm irgendwas zu schreiben oder nach ihm zu sehen. Ich denke es ist einfach ein ziemlich ausgeprägter Selbstschutz, weil ich genau weiß, dass jede neue News von ihm oder eine nicht beantwortete SMS mir das Herz noch mehr brechen würde. Und trotzdem habe ich manchmal den Gedanken, dass das vielleicht sogar gut wäre. So richtig einen mit dem Dampfhammer auf die Birne. Ein Bild von ihm und einer eventuellen Neuen. Vielleicht könnte ich dann mal richtig wütend werden, ihn so hassen, dass auch diese Gedanken aus meinem Kopf verschwinden. Aber dann wären es andere Gedanken, ein zusätzlich gebrochenes Herz und wieder dieser elende Prozess des Loslassens.
Von daher werde ich das selbstredend unterlassen. Ich kann die Zeit ja ohnehin nicht zurückdrehen.
Marsi hat geschrieben:Dieser Gedankenwechsel zwischen "Och wie schade, es war doch alles so toll, ER war doch so toll" und das Bewerten und Analysieren der Beziehung in den letzten zwei Jahren.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Ja, das ist tatsächlich quälend und das wird Dich noch einige Zeit beschäftigen. Es geht halt nicht alles innerhalb weniger Wochen rum. Aber Du wirst auch von Deinen Rückschauen profitieren. Klar sind sie oft genug beschämend, aber sie zeigen Dir eben auch, welche Triebe in Dir schlummern und Dich zu solchen Verhaltensweisen drängen. Ich glaube aber fest daran, dass das besser wird, wenn man sich dessen bewusst wird. Ich sage mir öfters , Moment, das hatten wir doch schon! Das ist wieder das alte Verhalten, das alte Muster und allein diese Erkenntnis bringt einen schon weiter. Man tappt nicht mehr so leicht in diese emotionalen Fallen.
Ich habe dieses Wochenende wieder viel nachgedacht und habe mir verschiedene Szenarien was ihn betrifft ins Gedächtnis gerufen. Er mit einer Neuen aufm Weihnachtsmarkt, bei der Omi an den Feiertagen, mit Freunden beim Glühweintrinken, usw. usw. Manches tat sehr weh, manches wiederum nicht. Dann hab ich mal erkannt, dass das alles keinen Sinn macht, weil er nie wieder in meinem Leben sein wird und ich ohne ihn weitergehen muss. Ich hab ihn nicht mehr auf einem Podest, das ist vorbei. Aber er fehlt mir so unendlich. Heute hab ich auch mal wieder weinen müssen und mein Herz tut weh. Und ja, es gibt einige Momente die mich beschämen, aber ich bin mir sicher, dass ich viele dieser Dinge auf keinen Fall mehr tun werde. Mir tut nur sehr sehr weh, dass ich Dinge jetzt ändern kann, aber nie mit ihm teilen werde. Ich weiß nicht warum das so ist, denn so wie die Beziehung die letzten zwei Jahre war würde ich das nicht mehr wollen. Und ich weiß ziemlich sicher, dass er an dieser Situation der Fernbeziehung nie etwas ändern würde. Er war ja nicht einmal dazu im Stande zu uns als Partner zu stehen. Sonst wäre unsere Beziehung nicht überall im geheimen abgelaufen.
Marsi hat geschrieben:dass ich letztendlich der ausschlaggebende Punkt und die Schwachstelle war/bin.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Aber mir fällt schon auf, dass die Rolle, die wir freiwillig eingenommen haben, oft die der Frauen ist. Das scheint mir an erlernten Verhaltensweisen, vorgelebten Mustern zu liegen. Wenn da der Vater immer die Machtposition innehatte und die Mutter oft hilflos hinterher hechelt, dann färbt das leider auf das Kind ab, das das mitkriegt. Und doch hatte auch meine Mutter auf ihre Art und Weise etwas zu sagen, auch wenn sie oft die falschen Waffen wählte (Nörgeln, Schimpfen, Rumnölen), aber dass das keine guten Waffen sind, habe ich schon als Kind erkannt. Damit erreicht man nichts.
Ach Du Schreck, das klingt wie nach meiner Mutter. Die hat sich immer als die Unterlegene gefühlt, das tut sie heute noch. Und dass, obwohl mein Vater ihr wirklich den Arsch nachträgt. Aber wenn da irgendwas war hat sie auch ewig geschimpft und rumgenölt. Als ich das gelesen habe, habe ich diese Art des Verhaltens in manchen Situationen auch bei mir entdeckt. Wenn er mal wieder nicht mit mir gesprochen hat oder er einfach nicht gespürt hat was los war obwohl ich es mehrfach gesagt habe (wahrscheinlich zu blumig, sonst hätt er es verstanden), dann war ich auch bockig und hab rumgezickt. Das zu erkennen ist gruselig, denn ich wollte nie so sein wie meine Mutter.
Marsi hat geschrieben:Das treibt mich auch immer wieder um und ich erhoffe mir da wirklich Klarheit durch meine PT.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Wenn Du bei Dir die Ursache des Übels gefunden hast, sage es mir. Unbedingt! Davon kann vlt. auch ich profitieren.
Klar mach ich das
Marsi hat geschrieben:Natürlich hatte ich davon etwas, klar. Alles war harmonisch und er hat mich dafür ja auch geliebt und mir immer wieder mein Ego aufpoliert.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Da melde ich Zweifel an. Wenn er Dich deswegen geliebt hat, weil er eine Art Ersatzmutter brauchte, dann sehe ich das nicht als Liebe an, sondern als - wie soll ich es formulieren - eine Art Bequemlichkeit. Es gibt viele Männer, die sich von einer Frau umsorgen und bemuttern lassen und wenn sie das dann zur Genüge ausgelebt haben, dann verschwinden sie. Sie haben die Schnauze voll von ihrem Mutterkomplex und es drängt sie zu neuen Ufern.
Das ist eine furchtbare Vorstellung für mich, dass ich sein Mutterersatz war, aber keine Partnerin. Da stelle ich seit ich es gelesen habe, die Beziehung im Ganzen infrage. Ich war sicher nie eine Partnerin wie sie andere hatten, schon allein deshalb, weil ich nicht ständig an seiner Seite war und wir auch keine gemeinsamen Freunde hatten. Vor seinen Eltern hat er das immer verheimlicht. Waren all diese Gefühle, die er mir entgegengebracht hat, das Ich-liebe-Dich, die körperliche Beziehung und alles andere ein Irrtum seinerseits, meinerseits? Wie kann das sein? Das finde ich wirklich schrecklich, der Gedanke, dass die sechs Jahre eine reine Bequemlichkeit war und er mich nicht als Frau wahrgenommen hat. An der Kröte werde ich aber sehr lange zu kauen haben.
Marsi hat geschrieben:Aber auch hier frage ich mich: Wie kann man sich denn selbst so in die "Minderwertigkeit" begeben.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Das habe ich mich auch oft gefragt. Wieso macht man das? Such in Deiner Erziehung, da liegt oft der Hund begraben. Ich wurde zu einem braven Kind dressiert. Es gab zahlreiche Verhaltensregeln, die ich immer wieder hörte. Dahinter war die Botschaft: Du bist nicht okay, Du bist dann okay, wenn Du Dich so verhältst, wie ich es für Dich für richtig halte. Das war die unbewusste Botschaft meiner Mutter. Also erlebte ich mich als nicht okay. Dank Schule konnte ich da einiges ausbügeln, denn gute Leistungen wurden belohnt. Mit Lob, mit Liebe, mit Bestätigung. Ich war nie eine Überfliegerin, aber eine gute Schülerin, die mit guten Noten Bestätigung suchte und Lob einheimste. Danach lechzte ich förmlich.Und mein Ehrgeiz hatte tiefe Wurzeln.
Und auch hier sehe mich wieder. Mein Bruder war immer der "Gute", hat im Haushalt mitgeholfen, war ein guter Handwerker, er war halt toll. Obwohl er in der Pubertät und auch später öfter mal scheiße gebaut hat. Und ich hab genau wie Du, immer durch Leistungen versucht, das zu kompensieren. Ich sehe schon, das wir ein langes Gespräch bei der PT
Sonnenblume10 hat geschrieben:Und dann mein Vater! Wenn also schon die Mutter eher als problematisch und unberechenbar erlebt wird, sucht man sich den Guten und das war mein Vater. Der stand für Ausgeglichenheit, Gelassenheit, innere Ruhe. Ich fühlte mich aufgehoben, aber den Löwenanteil der Erziehung leistete meine Mutter, der ich mich oft ausgeliefert fühlte. Er war zu wenig präsent und in mir lebte - so glaube ich heute - eine große Sehnsucht danach weiter.
Ich stellte meinen Vater auf ein Podest und suchte seine Liebe, die wohl zu wenig kam. Ich fand zu wenig Resonanz für meine innere Sehnsucht. Und die habe ich ins Erwachsenenleben transportiert. Wie oft interessierte ich mich für Männer, die das nicht erwiderten? Wie oft grofizierte ich sie, obwohl sie doch allenfalls durchschnittlich waren?
Zu 100% sehe ich mich in diesem Abschnitt. Wieviel Zeit werd ich wohl bei der PT verbringen. Krass.
Ich habe Angst vor diesem Weg der vor mir liegt. Vor dieser langen Reise zu mir selbst, vor der Reise weg von ihm und dem Kummer den er mir bereitet hat. Es tut immer noch zu sehr weh, auch wenn ich schon auf einem guten Weg bin. Aber ich hoffe wirklich sehr, dass ich bald viel mehr an mir arbeiten kann um auch die Verletzungen meines Herzens und meiner Seele heilen zu lassen. Aus mir heraus, mit mir selbst, durch mich selbst. Ich möchte einfach ICH sein und ich möchte jemanden haben, der erkennt, dass ich es wert bin geliebt zu werden.
Marsi hat geschrieben:Ich möchte nur bald diese wehmütigen Gedanken gerade jetzt zur Weihnachtszeit loswerden, die sich allesamt um ihn drehen.
Lass sie zu und sie verschwinden, wenn die Zeit dafür da ist. Gängle Dich selbst mit Gedanken wie: jetzt muss ich ihn doch endlich mal vergessen, der war es nicht wert (er war es wert, glaub mir, denn er war wichtig für Dich, auch wenn die Ernte jetzt anders aussieht als gedacht!), jetzt will ich das nicht mehr fühlen!
Was passiert? Die Gedanken gehen nicht weg, denn mit diesen Gedankengängen hältst Du sie wiederum fest! Lass sie laufen und sie gehen von selbst.
Wie mein Kummer, der immer neben mir saß. Im Büro setzte er sich auf sein Stühlchen gegenüber von meinem Schreibtisch. Im Auto, denn der Sitz neben mir war leer. Ach nein, da saß ja er, mein Kummer. Im Kino, denn der Sitz neben mir war auch leer, aber eben doch nicht, denn dort saß ja mein Kummer!
Erst sagte ich: Geh weg, ich will Dich nicht!
Er erwiderte: Ich gehe, wenn meine Zeit um ist, vorher nicht.
Ich sagte dann: okay, dann lebe ich eben mit Dir!
Eines Tages war er weg, denn ich brauchte ihn nicht mehr. Man muss ihn nur gehen lassen können, dann geht er auch.
Sonnenblume