Trennung im "Guten" - Mein Weg zu mir zurück!

Die Trennung verarbeiten und nach vorne schauen
Marsi
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Re: Trennung im "Guten" aber der Schmerz bringt mich um

Beitrag von Marsi » Do 1. Dez 2016, 09:24

Du hast ja recht lieber knoff :) Ich finds eigentlich auch schon toll wie es läuft. Aber im Moment hab ich gerade eine komplett verhagelte Grundstimmung die mir ein bissle Angst macht. Die letzten zwei Tage muss ich wieder in unregelmäßigen Abständen Tränen rauslassen. Immer nur ein paar Minuten, aber es überkommt mich halt. Morgens kämpfe ich wieder mit meiner Bääähh-Stimmung, keine Lust auf Nichts, dann schimpfe ich mit mir weil das mit dem Sport wieder nicht geklappt hat. Ich kann einfach diese - ich hab echt keine Ahnung wie ich das nennen soll - "Traurigkeit" grade nicht in Aktivität aufwiegen. Das geht mir gerade echt gehörig gegen den Strich. Mich nervt einfach alles. Das ich nicht essen kann was ich will, dass ich meinen Frust nicht im Alkohol ersaufen kann, meine Kollegen gehen mir aufn Sack und heute ist das erste Türchen am Adventskalender einfach nur fürn A......

Ich bin mir sicher, dass das jetzt einfach auch an der Weihnachtszeit liegt. Jedes Jahr habe ich einen wunderschönen selbst gemachten Adventskalender bekommen. Da hat er sich soviel Mühe gemacht und er ist ein sehr kreativer Mensch. Die tollsten Sachen waren das immer. Jetzt steht da ein Haribo-Adventskalender und ich hab mich heute Morgen echt gefragt, warum ich so bescheuert war den zu kaufen.

Das Gejammer von mir nervt mich auch selbst, aber ich bin so enttäuscht darüber, dass ich diese Euphorie der letzten Wochen nicht mitnehmen kann um diese blöde Zeit zu überstehen. Ich kann mich im Moment selbst nicht leiden. Und ich hasse ihn dafür, dass er mich mit solchen Gefühlen und Kämpfen zurücklässt und ich hasse mich dafür, dass ich das zugelassen habe. Ich habe die Augen vor etwas zugemacht, wie ein kleines Kind wenn es denkt es ist versteckt, wenn es die Augen schließt, und gehofft, dass alles gut wird. Nichts wurde gut und jetzt hab ich die Quittung dafür.

Okay, genug gejammert für heute :) Raus aus der Spirale, rein in den Tag und wie immer, danke fürs Zuhören. Und ja, ich freu mich über meine bisherigen Erfolge und wenn es mir wieder besser geht, dann bin ich auch stolz darauf :)

Liebe Grüße Marsi

EDIT: So jetzt doch noch einmal ein paar Gedanken. Ich habe mir vor Kurzem ein Büchlein gekauft und schreibe dort so oft es geht meine Gedanken und Gefühle rein. Manchmal in Form von Kurzgeschichten oder von Gedichten und manchmal eben einfach nur pur die Gedanken die mir durch den Kopf gehen. Weil es mir im Moment nicht so gut geht lese ich wieder die Geschichten der Leute hier. Im Moment bin ich bei knoffs Geschichte und lese mir auch das durch, was Sonnenblume über ihre Beziehung geschrieben hat. Es hilft mir dabei, die Dinge etwas klarer zu sehen und es tröstet mich, dass es doch so viele Parallelen zu den einzelnen Menschen und ihren Geschichten gibt. Bei vielen geht es irgendwann auch einmal darum, was sie in der Beziehung NICHT gut fanden und dass sie definitiv so keine Beziehung mehr zum Ex-Partner wollten. Ich habe mich gefragt, warum ich mich diesem Thema noch nicht gewidmet habe. Warum fällt es mir nicht ein, Punkte zu finden in der Beziehung, die mir nicht gut taten. Zuerst habe ich mich dagegen gewehrt, weil eigentlich alles perfekt war. Nach ein paar Minuten weiteren Nachdenkens waren die letzten zwei Jahre alles andere als perfekt. Die ersten Jahre waren ohne Frage die schönsten Jahre meines Lebens (mit Partner). Wieder habe ich versucht aufzuschreiben was so schlecht war an den letzten zwei Jahren und ich weiß auch, warum ich es bislang nicht konnte: Weil ich in ALLEM was schiefgelaufen ist, immer nur meine Schuld sah. Ich habe es zugelassen, ich habe mich aufgeopfert, ich habe nicht dagegen gesteuert, ich habe es ihm bequem gemacht ... usw. usw. Die Liste lässt sich ewig fortführen. Also warum soll ich Schlechtes an ihm sehen, wenn ich doch schuld bin. Und dann kam mein STOP!! Das mag ja sein, bestimmt habe ich viel falsch gemacht, aber ich werde den Teufel tun, das weiter nur so einseitig zu sehen. Nein, ich habe nicht allein Schuld an dieser Misere, es kotzt mich an, das so sehen zu müssen. Deswegen hier meine Liste der Dinge, die ich definitiv so in keiner Beziehung mehr dulden werde:

- Dauerfordernd, von Anfang an, egal in welcher Beziehung. Telefon, Skype oder wenn ich bei ihm war. Er hat mich komplett eingenommen aus Angst ich könnte jemand anders etwas geben, was er haben wollte.
- Die Kunst mich zu Dingen zu überreden, auf die ich keinen Bock hatte. Sagte ich nein, wurde wirklich so lange gegängelt und genervt, bis ich schließlich nachgab.
- Zeitraubend. Ich hatte vielfach kaum Luft zu atmen, weil seine Probleme, egal welcher Art, immer im Vordergrund standen. Er stand immer im Vordergrund. Und ich habe bereitwillig immer wieder die Heilige gespielt.
- Für ihn war meist alles wie ein Spiel. Da war kaum Ernsthaftigkeit in der Sache. Dem Thema Fernbeziehung hat er sich wann immer es ging entzogen. Ihm hat gereicht was wir hatten, jedenfalls sagte er das immer. Ob man daran mal was ändern sollte oder könnte, darauf ist er nie eingestiegen.
- Seine "Hobbys". Es waren immer seine Sachen am Wichtigsten oder Besten. Sei es das Game, das er programmierte, seine Kunst, sein Studium, seine Serien, seine Musik. Ich dusslige Kuh habe das alles mitgemacht und es toll befunden und mich gleichzeitig minderwertig. Ich konnte weder programmieren, noch malen und zeichnen, studiert hab ich auch nicht und Musik höre ich alles was der Markt hergibt außer deutsche Schlager. Das einzige mit dem ich auftrumpfen konnte war das Schreiben und das hat er immer schön in den Hintergrund geschoben bzw. ich hab ihn schieben lassen.
- Seine Zipperlein. Er hatte vom nervösen Magen und Darm, über Heuschnupfen, Knieschmerzen, Muskelreißen, Untergewicht, Dauererkältung einfach alles. Wenn er hörte, dass jemand einen Tumor hatte, hatte er an dieser Stelle später Schmerzen. Ich kam aus dem Krankheiten googeln gar nicht mehr raus. Omis Rezepte hab ich ihm aufgeschrieben, seine Ärzte verflucht weil sie ihm noch Nahrung gaben. Und als ich krank war, hat er das genauso in den Hintergrund gedrängt, wie mein Hobby. Dafür möcht ich ihm heute noch eine Reinhaun.
- Kommunikation. Er konnte es nicht und ich bezweifle, dass er es je lernen wird. Sein Vater ist ein "Unterdrücker", der hat seine Kinder früh gelehrt, dass er der Allwissende ist und was er sagt ist Gesetz. Aufgemuckt hat mein Ex immer nur schriftlich. Wenn die Ärger hatten, dann haben die wirklich eine "schriftliche" Diskussion per Mail geführt. Oh ja, da konnte mein Ex dann plötzlich reden. Und selbst da hat er die Samtpfoten ausgepackt und wie ein Politiker permanent um den Kuhfladen herumgeredet. Ja niemanden auf die Füße treten. Und so war es bei uns. Ich habe ihm gesagt was mir nicht passt. Das hab ich dann mehrfach im Guten versucht. Irgendwann bin ich dann echt sauer geworden, manchmal auch echt wütend und laut, weil ich das Gefühl hatte das kommt nie bei ihm an. Da wurde er dann noch ruhiger und er hat echt versucht wie bei kleinen Kindern, mich vom Thema abzulenken. Bin ich darauf nicht eingestiegen, dann hat er mir Honig ums Maul geschmiert, hat mir Zeichnungen geschenkt, mir seine Liebe bekundet. Das hat er so lange gemacht bis es mir zuviel war und ich keinen Bock mehr auf Diskussion hatte.

Alles in allem war eigentlich die Beziehung an sich sehr zeit- und kraftraubend für mich, aber die ersten Jahre war es einfach trotz allem schön für mich und ich hab es einfach nicht sehen wollen. Die letzten zwei Jahre ging mir das alles immer mehr an die Kräfte und ich wurde krank. Und dadurch, dass er das einfach ignoriert hat, wurde ich immer verstockter und er selbst hat ja eh nie über Probleme gesprochen. Ich wurde verstockt und bockig und dachte immer nur: Ja, selbst schuld, jetzt musst du mal in die Pötte kommen mein Freund. Letztendlich hat keiner von uns mehr etwas angesprochen und er hat sich mit sich selbst unterhalten und die Beziehung für beendet erklärt. Weil ER etwas Normales will, weil ER unglücklich ist, weil ER das haben will, was ich schon hatte. Ich hätte wohl einfach schon eher mal auf den Tisch hauen müssen, aber wie gesagt, ich sehe auch nicht ein, alleine die Schuld auf mich zu nehmen und ihn von Fehlern freizusprechen.
Zuletzt geändert von Marsi am Do 1. Dez 2016, 10:23, insgesamt 1-mal geändert.

Jonkoffee
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Re: Trennung im "Guten" aber der Schmerz bringt mich um

Beitrag von Jonkoffee » Do 1. Dez 2016, 10:00

Gibt es da keinen von Douglas mit 24 kleine Fläschchen drin? Nicht die zum trinken, die nicht...... Was macht deine Geduld mit dir?
Kaffee?

Marsi
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Re: Trennung im "Guten" aber der Schmerz bringt mich um

Beitrag von Marsi » Do 1. Dez 2016, 10:28

Jonkoffee hat geschrieben:Gibt es da keinen von Douglas mit 24 kleine Fläschchen drin? Nicht die zum trinken, die nicht...... Was macht deine Geduld mit dir?
Kaffee?
Ich hab auch keinen Spaß an einem Douglas-Kalender, mich nerven gerade alle Adventskalender und die Zeit an sich die jetzt kommt. Meine Geduld ist grade mal in Urlaub, ist halt so. Ich hatte viel Geduld mit mir die letzten Wochen und jetzt hab ich halt einen Hänger der mich festhält. Kann nur besser werden.

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Re: Trennung im "Guten" aber der Schmerz bringt mich um

Beitrag von Sonnenblume10 » Do 1. Dez 2016, 11:36

Liebe Marsi,

ich denke, Du bist wieder einen Schritt weiter gekommen und siehst es nicht. Erst kam die Heulphase, dann ein wenig Wut und dann die Konzentration auf Dich selbst. Ich beweise es mir und der ganzen Welt und auch diesem A..., das es zwar nicht mitkriegt, aber wer weiß das schon (?), dass ich mit mir selbst klar komme.

Den Dreh hast Du jetzt raus. Du tust Dinge, die Dir zusagen und gut tun. Und jetzt kommt wieder mal so eine Zeit im Jahr, die einfach zu Sentimentalitäten verleitet. Weihnachten hat seltsamerweise immer einen großen Stellenwert, sogar bei der jungen Generation und da kommen halt auch die Erinnerungen auf. Die eine Seite suggeriert Dir, dass es doch auch so schön war und dass er so tolle Begabungen hatte, von denen Du jetzt nichts mehr abkriegst. Und die anderer Seite betrachtet die Beziehung im Rückspiegel und stellt fest, dass es sich irgendwann in eine ungute Richtung entwickelt hat und dass Du - typisch Frau - viel zu viel in die Beziehung investiert hast.
Marsi hat geschrieben: Ich kann mich im Moment selbst nicht leiden. Und ich hasse ihn dafür, dass er mich mit solchen Gefühlen und Kämpfen zurücklässt und ich hasse mich dafür, dass ich das zugelassen habe.
Das wird schon wieder, das lässt nach! Ist doch normal, dass man sich selbst nicht leiden kann, wenn das ganze Leben auf den Kopf gestellt wurde. Du hast etwas für Dich sehr Wichtiges verloren und da kannst Du nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Das Leben ohne Vollkoffer will auch erst gelernt werden.
Und Du stellst jetzt wieder sehr hohe Ansprüche an Dich, die Du nicht erfüllen kannst. Und dann ärgerst Du Dich über Dich selbst, weil Du nicht dauerhaft stabil bist und dann kommt die Wut auf ihn, denn er war ja der Auslöser für die Misere. Und obendrein nervt die ganze Welt, völlig normal, wenn das Selbstbild angeknackst ist.
Marsi hat geschrieben: Nach ein paar Minuten weiteren Nachdenkens waren die letzten zwei Jahre alles andere als perfekt.
Haha, Du hast vorher die Einsicht noch nicht zulassen können. Jetzt fallen Dir die Sachen ein, die alles andere als gut waren. Du fängst an, die Beziehung ungeschminkt anzuschauen und stehst vor einem ziemlichen Scherbenhaufen, den Du großzügig übersehen hattest, schon während der Beziehung.
Marsi hat geschrieben: Er hat mich komplett eingenommen aus Angst ich könnte jemand anders etwas geben, was er haben wollte.
Das hätte er nicht tun können, wenn Du gegengesteuert hättest. Auch Du hattest etwas von dieser symbiotischen Beziehung, vergiss das nicht. Einer kann nichts tun, wenn es der Andere nicht zulässt. Und auch zum Prügeln gehören immer zwei: einer, der es tut und einer, der es zulässt und sich nicht wehrt. Du hast Dich vereinnahmen lassen, weil auch Du etwas davon hattest.
Marsi hat geschrieben:Sagte ich nein, wurde wirklich so lange gegängelt und genervt, bis ich schließlich nachgab.
Wahrscheinlich eine Art Sport, denn beide zogen in den Wettkampf. Wer hat gewonnen? Meist er, weil er die größere Beharrlichkeit hatte und Du zur Nachgiebigkeit geneigt hast. Dir fehlte seine Sturheit. Er hat Gewinn daraus gezogen, Dich rumzukriegen und Du hast klein beigegeben, weil es Dir irgendwann zu blöd wurde.
Marsi hat geschrieben: Er stand immer im Vordergrund. Und ich habe bereitwillig immer wieder die Heilige gespielt.
Auch hier, eine Seite, zu der es beide braucht. Der eine, der seine Interessen berücksichtigt und durchsetzt und für Dich blieb die Rolle der Klügeren, die das mitmacht, ihn unterstützt, aber letztendlich auch Gewinn daraus zieht für sich selbst. Du hattest auch was davon, wenn Du Dir sagen konntest, dass Du Dich um ihn kümmerst, auf ihn eingehst. ihn "betreust" und als die kluge Frau letztendlich nachgibt, weil sie eben die klügere ist und weil Du auch Deinen Frieden haben wolltest.

Das habe ich genauso empfunden.Wichtig waren ihm immer seine Interessen, sein Wollen und ich habe das so hingenommen, mich eingefügt, weil ich es nicht besser gelernt hatte. Ja, ich bewunderte ihn ja sogar für seine vielseitigen Interessen und auch für seine Talente. Er stand auf dem Podest und ich saß zu seinen Füßen und blickte bewundernd, teilweise aber auch verstört, zu ihm auf und sah ihm beim Leben zu. Was mit mir war, interessierte mich selbst ja nicht mehr, denn ich war emotional völlig gefangen und hatte mich verstrickt, regelrecht. Gerade die letzte Monate dieser unheilvollen Beziehung wurde mir zwar bewusst, wie ich mich oft fühlte: wie ein Insekt, das sich in seinem Spinnennetz verheddert hatte, aber außer einiger hilfloser Zappeleien nichts mehr zusammen brachte. Die Spinne sah mir mit kalten Augen zu, wie ich mich abmühte, aber ich wurde auch gleich wieder eingewoben bis ich gar nichts mehr schaffte. Ich war wie absorbiert und das beschäftigt mich heute noch, denn ich frage mich, welche seelischen Grundstrukturen da in mir sein müssen, dass ich so tief gesunken bin.
Marsi hat geschrieben: Seine "Hobbys". Es waren immer seine Sachen am Wichtigsten oder Besten. Sei es das Game, das er programmierte, seine Kunst, sein Studium, seine Serien, seine Musik. Ich dusslige Kuh habe das alles mitgemacht und es toll befunden und mich gleichzeitig minderwertig.
Weißt Du, was ich gerade tue. Ich lache, ganz echt. Ich lache, weil ich genau das für mich auch unterschreiben kann. Er, der gottgleiche Held, der ja so tolle Interessen und Hobbies hat! Ja, was bleibt dann für Dich? Logischerweise nicht viel, denn Du bist minderwertig und lebst davon, dass dieser Held sich mit Dir abgibt. Du profitierst davon, dass Du ihn glorifiziert hast, denn das strahlte auch auf Dich zurück. Dieser einzigartige Mensch ist mit mir zusammen, da muss doch auch ich toll sein, oder nicht? Blöd nur, dass zwischendurch doch mal der Verdacht aufkeimte, dass das Kräfteverhältnis doch sehr ungleich verteilt ist.

Und ich bin sicher, dass er sich für Dich, Dein Leben, Deine Vorlieben allenfalls am Rande interessierte.
Mir fiel es eigentlich gleich ziemlich am Anfang der Beziehung auf. Ich war ja schon in dem ganzen Wust gefangen und fühlte mich irgendwie klein neben ihm. Wir gingen spazieren und er kam durch Gefilde, die er seit seiner späten Kindheit und Jugend kannte. Er erzählte, was er früher da gemacht hatte, von seiner Zeit beim Bund Naturschutz, von Menschen, die ihn damals prägten usw. Ich hing an seinen Lippen, denn mich interessierte ja alles an ihm. Er redete und redete und dann meinte er, dass er wohl zu viel geredet hat. Ich wiegelte ab, denn ich fand das ja alles sehr spannend. Irgendwann aber dachte ich mir, dass ich doch auch eine Jugend gehabt hatte und fing an, von mir zu sprechen. Nach zwei hilflosen Versuchen, ihn für mich zu interessieren, ließ ich es sein, denn ich konnte nicht zu ihm durchdringen. Ich interessierte ihn einfach nicht. Das tat mir weh und ich fühlte mich noch kleiner. Mir fiel auf, dass er nur um sich kreiste, dass er das Zentralgestirn seines Universums war. Und ich war nur eine Art Trabant, der um ihn kreiste und versuchte, ihm näher zu kommen, der aber dennoch seine Umlaufbahn am Rand nicht verlassen konnte.
Marsi hat geschrieben: Er hatte vom nervösen Magen und Darm, über Heuschnupfen, Knieschmerzen, Muskelreißen, Untergewicht, Dauererkältung einfach alles
Ganz ehrlich, Marsi, mein Bauch wackelt vor Lachen. Mann, das kenne ich ja auch. Immer wieder hatte er was und jeden Tag überlegte diese Pfeife, wo es heute wohl zwickt und zwackt!!! Und Du wurdest sofort zur Krankenschwester, Psychotherapeutin und Mutter, die ihn in Windeln legte, ihn fütterte und bemutterte.
Auch hier: auch Du hattest was davon, denn die beruhigende Gewissheit von einigen Dingen: er braucht mich, denn ohne mich wird er nicht gesund. Ich bin wichtig, denn ich unterstütze und helfe und mache mich kundig. Also bin ich gut und fürsorglich und vorbildlich und vor allem, ich bin stark, denn ich bin gesund. Also helfe ich meinem armen kranken Buben
Du darfst das nichts unterschätzten, denn der Profit, den Du daraus gezogen hast, hat vieles aufgewogen. Aber die Grundtendenz ist klar: er lebt seine Leiden aus und Du bist die zuverlässige und fürsorgliche Heilerin, die ihn ja eben durch ihre Fürsorge noch bestärkt in seinen Leiden.
Hättest Du auf den Tisch gehauen und gesagt: Lass Dich nicht so hängen und an einem Muskelkrampf stirbt man nicht, sondern kriege Deinen Hintern in die Höhe, hätte er nicht die geeignete Resonanzfläche für seine zahlreichen Leiden gefunden.
So aber hatten beide was davon.
Jonkoffee hat geschrieben:Dem Thema Fernbeziehung hat er sich wann immer es ging entzogen. Ihm hat gereicht was wir hatten, jedenfalls sagte er das immer.
Klar, ihm war es recht so. Er wollte daran auch nichts ändern und Du hast auch das geschluckt und so hingenommen. Was blieb Dir auch anderes übrig?
Marsi hat geschrieben:. Er konnte es nicht und ich bezweifle, dass er es je lernen wird.
Ach ja, dieses leidige Thema. Was habe ich geredet? Gemeint, mit Offenheit usw. käme ich zum Ziel. Und er? Versteckte sich hinter verschleierten Äußerungen, Verdrehungen, bis ich nicht mehr wusste, ob ich nun komplett daneben lag oder er. Im Zweifelsfall war ich die Schuldige, denn wenn ich so und so wäre, dann ...
Wenn ich selbstständiger wäre, dann ... Wenn ich nicht so weinerlich und traurig wäre, dann ...
Er schaffte es perfekt, mich in die Rolle derjenigen zu drängen, die letztendlich die Dinge nicht klar sah und die die Blöde war.
Dass ich das so empfand, war die Folge meines miserablen Selbstwertgefühls, das er systematisch kaputt machte. Und da es vorher schon zu klein war, wurde es in der Beziehung immer noch kleiner. Ich war ein Nichts, ich war nicht gut genug, die gleichberechtigte Partnerin dieses gottgleichen Mannes zu sein.
Wer nicht an sich und seinen Wert glaubt, an den glaubt ein Anderer auch nicht.

Leider ist auch das hausgemacht. Wenn man den Partner glorifiziert, dann deswegen weil man selbst weniger wert ist. Wer sich als minderwertig sieht und empfindet, braucht doch Jemanden auf dem Podest. Und der auf dem Podest strahlt natürlich, zumindest in Deinen Augen,denn Du bist es wert, seine Partnerin zu sein, weil Du selbst nicht viel bist.
Mann, was habe ich diese Gedankengänge satt, dieses ewige Anhimmeln, Bewundern, für das ich mir nicht zu blöd war. Was war ich auch so klein? Wenn er mich mal lobte für was, dann glaubte ich nicht, denn das war ja alles nichts Besonderes, was ich vollbrachte.
Heute lobe ich mich selbst und wenn ich was nicht kann, so what? Davon geht die Welt nicht unter. Ich bin gut genug, basta und muss es auch keinem beweisen,
Tja, die inneren Dämonen leisten ganze Arbeit, wenn man sie lässt und auf sie hört. Wenn Du ihr Spiel mal durchschaut hast, dann kannst Du mit ihnen umgehen. Sie sind zäh, hinterhältig und bösartig, diese kleinen Kobolde und hämisch obendrein. Heute schaue ich sie mit einem lächelnden Auge an, damals ließ ich mich von ihnen drangsalieren.

Tja,liebe Marsi. Das Meiste was Dir widerfahren ist, war hausgemacht. Ist so, da gibt es nichts zu beschönigen. Und mit dieser Kröte musst Du jetzt erst mal leben. Die werden Dir noch einige Zeit schwer zu schaffen machen, denn die Kröten sind schwer verdaulich.

Aber: nicht nur Du warst "schuld", denn eines bedingt das Andere. Es gibt da kein schuldig und unschuldig, denn jeder sorgt auch beim Anderen dafür, dass er sein Innenleben, sein inneres Programm ausleben kann. Im Grund genommen ist das meiste gleich verteilt.
Schau ruhig drauf und ärgere Dich über Deine eigene Dummheit und Blindheit. Macht nichts, denn es ist heilsam, die Beziehung mal in einem anderen Licht zu betrachten. Und irgendwann schaust Du dann drauf wie ein Zuschauer, der sich ein Zwei-Personen-Stück ansieht und sich wundert, wie sich da zwei abgemüht haben, sich im Weg standen, sich beschädigten und doch nicht vom Karussell absteigen konnten.
Wenn Dir das nicht mehr weh tut, hast Du es geschafft. Wird aber noch einige Zeit dauern.

So, für heute habe ich eine kleine Aufgabe für Dich: Schaue Dich mal in einem positiven und versöhnlichen Licht an. Versuche es, denn Du bist prima! Ist einfach so. Ich weiß es!

Sonnenblume

Cabonga
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Re: Trennung im "Guten" aber der Schmerz bringt mich um

Beitrag von Cabonga » Do 1. Dez 2016, 13:46

Marsi hat geschrieben:Heute ist wohl Tag des Nachdenkens, mir schwirren dauerhaft Gedanken durch den Kopf. Ich werde die jetzt hier einfach mal aufschreiben um sie loszuwerden.

Ich habe gerade überlegt, dass ich in den acht Wochen seit ich hier im Forum bin und mit der Trennung kämpfe schon ganz schön viel geändert habe. Gedanklich bin ich das mal eben durchgegangen und möchte das hier aufschreiben.

...........

Also das ist schon ganz schön viel für die "kurze" Zeit und ich hoffe, dass ich gerade den Sport noch mit einbinden kann. Und vor allen Dingen hoffe ich, dass mir all diese Dinge etwas schneller helfen mit allem klarzukommen.
Hi Marsi,

jetzt reicht´smir :lol: und ich klinke mich hier mal ein. Unabhängig von dem gefühlten Hin und Her. Das was du in dem von mir hier gekürztem Post vom 30. Nov geschrieben hast ist so toll, dass du jetzt echt mal die Brust rausstrecken, den Kopf hochnehmen kannst. Das ist richtig richtig gut. Bleib dabei. Seh das Positive. Der Weg stimmt, die Richtung stimmt und du stimmst ;). Rückschläge sind normal, die hat hier jeder von uns in unterschiedlicher Intensität. Aber es wird nicht mehr dauerhaft rückwärts, sondern vorwärts gehen. Bei Dir war jetzt lediglich eine Weiche falsch gestellt. Du bist ruck zuck wieder auf der richtigen Trasse

Alles Liebe

Cabonga
Am Ende wird alles Gut. Und ist nicht alles gut, ist es nicht das Ende.

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Re: Trennung im "Guten" aber der Schmerz bringt mich um

Beitrag von Marsi » Do 1. Dez 2016, 14:34

Cabonga hat geschrieben: ... jetzt reicht´smir :lol: und ich klinke mich hier mal ein.
Da ist mir erst mal das Herz in die Hose gerutscht als ich es gelesen habe :D :D :D Ich danke Dir ganz herzlich liebe Cabonga fürs "Kopf waschen" und aufzeigen. Mir hilft das Feedback immer wahnsinnig wieder alles zu sortieren. Manchmal verliert man sich einfach auf diesem langen Weg selbst aus den Augen und sieht nicht mehr, wie weit man ist. Deswegen bin ich sehr froh, dass Du hier reingehüpft bist wie das Teufelchen aus der Kiste :D :D


Liebe Grüße
Marsi

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Re: Trennung im "Guten" aber der Schmerz bringt mich um

Beitrag von Marsi » Do 1. Dez 2016, 14:43

Meine liebe Sonnenblume,

uuuffff, das ist eine Mammutaufgabe :) Ich finds so unfassbar lieb von Dir, was Du Dir immer für eine Mühe machst, da geht mir echt das Herz auf. Ich habe alles gelesen und auch ich konnte dann stellenweise sehr lachen; einmal über die Ähnlichkeiten in unseren Geschichten und Verhaltensweisen und über den "Vollkoffer" :D :D

Ich muss es jetzt noch ein paar Mal lesen, ein bissle nachdenken und sacken lassen. Morgen werd ich auf jeden Fall etwas dazu schreiben. Heut bin ich auch ehrlich gesagt ein bissle erschöpfter als noch die Tage. Habe etwas schlechter geschlafen und dieser Gefühlswalzer gefolgt vom Gedanken-Techno schlaucht auf Dauer auch körperlich :) Ich werde mir ein sehr sehr ausgiebiges warmes Schaumbad gönnen, in der warmen Wanne ein bisschen lesen und dann werd ich früh zu Bett gehen.

Ich danke Dir aber schon einmal von Herzen
Liebe Grüße
Marsi

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Re: Trennung im "Guten" aber der Schmerz bringt mich um

Beitrag von Cabonga » Do 1. Dez 2016, 14:45

Bitte,

ich hab´s auch ganz bewusst so als Weckruf geschrieben. Schließlich hat mich das Forum hier auch vor dem ein oder andere Totalabsturz gerettet.
Und schön das du gleich gemerkt hast wie ich das mein. Nämlich POSITIV ;)

LG

Cabonga
Am Ende wird alles Gut. Und ist nicht alles gut, ist es nicht das Ende.

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Re: Trennung im "Guten" aber der Schmerz bringt mich um

Beitrag von Marsi » Do 1. Dez 2016, 15:06

Cabonga hat geschrieben:Bitte,

ich hab´s auch ganz bewusst so als Weckruf geschrieben. Schließlich hat mich das Forum hier auch vor dem ein oder andere Totalabsturz gerettet.
Und schön das du gleich gemerkt hast wie ich das mein. Nämlich POSITIV ;)

LG

Cabonga
Öööhm und grade hab ich festgestellt, dass Du keine "Liebe" bist, sonder ein "Lieber" :D

Klar hab ich das Positive gesehen. Mir ist lieber die Leute sagen graderaus was Phase ist und nicht um den heißen Brei herumreden. Das bringt mich dann nicht wirklich weiter :)

Liebe Grüße
Marsi

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Re: Trennung im "Guten" aber der Schmerz bringt mich um

Beitrag von Marsi » Fr 2. Dez 2016, 09:46

So nach einer Nacht mit einer Mütze voll Schlaf und dem Verinnerlichen dessen, was Du geschrieben hast liebe Sonnenblume versuche ich mal eine Antwort :)
Sonnenblume10 hat geschrieben:...ich denke, Du bist wieder einen Schritt weiter gekommen und siehst es nicht.
Ja, das kann gut sein. Ich kann das selbst gar nicht bewerten und ehrlich gesagt sehe ich im Moment den Wald vor lauter Bäumen nicht. Jetzt wo ich es von Dir lese seh ich es ein wenig klarer.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Den Dreh hast Du jetzt raus. Du tust Dinge, die Dir zusagen und gut tun. Und jetzt kommt wieder mal so eine Zeit im Jahr, die einfach zu Sentimentalitäten verleitet. Weihnachten hat seltsamerweise immer einen großen Stellenwert, sogar bei der jungen Generation und da kommen halt auch die Erinnerungen auf. Die eine Seite suggeriert Dir, dass es doch auch so schön war und dass er so tolle Begabungen hatte, von denen Du jetzt nichts mehr abkriegst. Und die anderer Seite betrachtet die Beziehung im Rückspiegel und stellt fest, dass es sich irgendwann in eine ungute Richtung entwickelt hat und dass Du - typisch Frau - viel zu viel in die Beziehung investiert hast.
Und das nervt mich im Moment gerade tierisch. Dieser Gedankenwechsel zwischen "Och wie schade, es war doch alles so toll, ER war doch so toll" und das Bewerten und Analysieren der Beziehung in den letzten zwei Jahren. Klar gehört das zum Verarbeiten dazu, aber mich kostet es im Moment extrem viel an gedanklicher und körperlicher Kraft. Weil ich natürlich auch immer wieder versuche, da rauszukommen und diese Gedanken nicht den ganzen Tag zuzulassen. Ätzen und anstrengend :)
Sonnenblume10 hat geschrieben: Das wird schon wieder, das lässt nach! Ist doch normal, dass man sich selbst nicht leiden kann, wenn das ganze Leben auf den Kopf gestellt wurde. Du hast etwas für Dich sehr Wichtiges verloren und da kannst Du nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Das Leben ohne Vollkoffer will auch erst gelernt werden. Und Du stellst jetzt wieder sehr hohe Ansprüche an Dich, die Du nicht erfüllen kannst. Und dann ärgerst Du Dich über Dich selbst, weil Du nicht dauerhaft stabil bist und dann kommt die Wut auf ihn, denn er war ja der Auslöser für die Misere. Und obendrein nervt die ganze Welt, völlig normal, wenn das Selbstbild angeknackst ist.
Okay, auch das tut gut zu lesen. Das ist nämlich auch eines der Dinge die mich kollosal nervt. Das permanente an sich selbst rumnölen. Ich kann an manchen Tagen wenig Positives an mir sehen und damit kämpfe ich dann auch den ganzen Tag und sage mir immer wieder, dass das Quatsch ist. Und dann noch der Ärger darüber, dass ich dieses blöde Gefühl nicht in Wut und sportlicher Aktivität umsetzen kann. Mir fehlt gerade sehr der Antrieb und die nötige Härte mit mir selbst.
Marsi hat geschrieben: Er hat mich komplett eingenommen aus Angst ich könnte jemand anders etwas geben, was er haben wollte.
Sonnenblume10 hat geschrieben: Das hätte er nicht tun können, wenn Du gegengesteuert hättest. Auch Du hattest etwas von dieser symbiotischen Beziehung, vergiss das nicht. Einer kann nichts tun, wenn es der Andere nicht zulässt. Und auch zum Prügeln gehören immer zwei: einer, der es tut und einer, der es zulässt und sich nicht wehrt. Du hast Dich vereinnahmen lassen, weil auch Du etwas davon hattest.
Auch das stimmt. Aber da kannst Du mal sehen was ich meine. Selbst wenn ich mir jetzt Negativbeispiele aussuche, von denen ich denke, Du Depp, das war scheiße von Dir, bleibt es im Endeffekt immer so, dass ich letztendlich der ausschlaggebende Punkt und die Schwachstelle war/bin. Hätte ich es nicht zugelassen, wäre dies und jenes nicht passiert. Er hat quasi genommen, aber ich bin der Idiot der ihm gegeben hat. Natürlich hatte ich davon etwas, klar. Alles war harmonisch und er hat mich dafür ja auch geliebt und mir immer wieder mein Ego aufpoliert. Nichts desto trotz bin ich der Krötenfresser und muss mit den Magenschmerzen klarkommen. :)
Marsi hat geschrieben: Er stand immer im Vordergrund. Und ich habe bereitwillig immer wieder die Heilige gespielt.
Sonnenblume10 hat geschrieben:...Was mit mir war, interessierte mich selbst ja nicht mehr, denn ich war emotional völlig gefangen und hatte mich verstrickt, regelrecht. Gerade die letzte Monate dieser unheilvollen Beziehung wurde mir zwar bewusst, wie ich mich oft fühlte: wie ein Insekt, das sich in seinem Spinnennetz verheddert hatte, aber außer einiger hilfloser Zappeleien nichts mehr zusammen brachte. Die Spinne sah mir mit kalten Augen zu, wie ich mich abmühte, aber ich wurde auch gleich wieder eingewoben bis ich gar nichts mehr schaffte. Ich war wie absorbiert und das beschäftigt mich heute noch, denn ich frage mich, welche seelischen Grundstrukturen da in mir sein müssen, dass ich so tief gesunken bin.
Das mit der Spinne ist ein grandioses Beispiel und ich kann mich da zu 100% drin sehen. Und auch die Frage die man sich stellt, was in einem wohl so kaputt ist, dass man das so zulässt. Das treibt mich auch immer wieder um und ich erhoffe mir da wirklich Klarheit durch meine PT.
Marsi hat geschrieben: Seine "Hobbys". Es waren immer seine Sachen am Wichtigsten oder Besten. Sei es das Game, das er programmierte, seine Kunst, sein Studium, seine Serien, seine Musik. Ich dusslige Kuh habe das alles mitgemacht und es toll befunden und mich gleichzeitig minderwertig.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Weißt Du, was ich gerade tue. Ich lache, ganz echt. Ich lache, weil ich genau das für mich auch unterschreiben kann. Er, der gottgleiche Held, der ja so tolle Interessen und Hobbies hat! Ja, was bleibt dann für Dich? Logischerweise nicht viel, denn Du bist minderwertig und lebst davon, dass dieser Held sich mit Dir abgibt. Du profitierst davon, dass Du ihn glorifiziert hast, denn das strahlte auch auf Dich zurück. Dieser einzigartige Mensch ist mit mir zusammen, da muss doch auch ich toll sein, oder nicht? Blöd nur, dass zwischendurch doch mal der Verdacht aufkeimte, dass das Kräfteverhältnis doch sehr ungleich verteilt ist.
Aber auch hier frage ich mich: Wie kann man sich denn selbst so in die "Minderwertigkeit" begeben. Ich bzw. Wir sind doch selbst auch tolle Persönlichkeiten. Wir sind schlau, lustig, haben einen tollen Beruf, sind erfolgreich, haben einen tollen Freundeskreis. Ich kann zwar nur Schals stricken und toll schreiben, aber hey, das ist doch grandios :D Wieso um alles in der Welt gibt man einem Mann diesen Hebel in die Hand, den er denn immer umlegen kann wie er gerne möchte?
Sonnenblume10 hat geschrieben:... Irgendwann aber dachte ich mir, dass ich doch auch eine Jugend gehabt hatte und fing an, von mir zu sprechen. Nach zwei hilflosen Versuchen, ihn für mich zu interessieren, ließ ich es sein, denn ich konnte nicht zu ihm durchdringen. Ich interessierte ihn einfach nicht. Das tat mir weh und ich fühlte mich noch kleiner. Mir fiel auf, dass er nur um sich kreiste, dass er das Zentralgestirn seines Universums war. Und ich war nur eine Art Trabant, der um ihn kreiste und versuchte, ihm näher zu kommen, der aber dennoch seine Umlaufbahn am Rand nicht verlassen konnte.
Das hat mir weh getan mir das bildlich vorzustellen :( Wie Du versuchst Dich mitzuteilen und er es komplett ignoriert. Man möge bitte über solche Männer einen großen Kübel Gülle gießen. Das ist doch wirklich zum K.......
Marsi hat geschrieben: Er hatte vom nervösen Magen und Darm, über Heuschnupfen, Knieschmerzen, Muskelreißen, Untergewicht, Dauererkältung einfach alles
Sonnenblume10 hat geschrieben:Ganz ehrlich, Marsi, mein Bauch wackelt vor Lachen. Mann, das kenne ich ja auch. Immer wieder hatte er was und jeden Tag überlegte diese Pfeife, wo es heute wohl zwickt und zwackt!!! Und Du wurdest sofort zur Krankenschwester, Psychotherapeutin und Mutter, die ihn in Windeln legte, ihn fütterte und bemutterte. Auch hier: auch Du hattest was davon, denn die beruhigende Gewissheit von einigen Dingen: er braucht mich, denn ohne mich wird er nicht gesund. Ich bin wichtig, denn ich unterstütze und helfe und mache mich kundig. Also bin ich gut und fürsorglich und vorbildlich und vor allem, ich bin stark, denn ich bin gesund. Also helfe ich meinem armen kranken Buben Du darfst das nichts unterschätzten, denn der Profit, den Du daraus gezogen hast, hat vieles aufgewogen. Aber die Grundtendenz ist klar: er lebt seine Leiden aus und Du bist die zuverlässige und fürsorgliche Heilerin, die ihn ja eben durch ihre Fürsorge noch bestärkt in seinen Leiden. Hättest Du auf den Tisch gehauen und gesagt: Lass Dich nicht so hängen und an einem Muskelkrampf stirbt man nicht, sondern kriege Deinen Hintern in die Höhe, hätte er nicht die geeignete Resonanzfläche für seine zahlreichen Leiden gefunden.
Da habe ich gestern tatsächlich auch gelacht :) Aber jetzt wo ich es nochmal lese möchte ich mir mit viel Kraft in den Hinterschinken treten. Klar, die Erkenntnis kommt beim Lesen und wenn es einem jemand unter die Nasenflügel reibt: Ich habe tatsächlich aus meiner gefühlten Minderwertigkeit heraus den Kerl zu nem Waschlappen gemacht, nur um mich wertig ihm gegenüber zu fühlen. Er der Schlaue und Tolle hat ein Aua und ich stürze mich mit Begeisterung drauf, womöglich im Hinterstübchen noch mit einer gewissen Genugtuung von wegen, na so toll bist Du auch wieder nicht. Ganz ehrlich: Ich schäme mich grade in Grund und Boden :oops:
Marsi hat geschrieben:. Er konnte es nicht und ich bezweifle, dass er es je lernen wird.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Ach ja, dieses leidige Thema. Was habe ich geredet? Gemeint, mit Offenheit usw. käme ich zum Ziel. Und er? Versteckte sich hinter verschleierten Äußerungen, Verdrehungen, bis ich nicht mehr wusste, ob ich nun komplett daneben lag oder er. Im Zweifelsfall war ich die Schuldige, denn wenn ich so und so wäre, dann ... Wenn ich selbstständiger wäre, dann ... Wenn ich nicht so weinerlich und traurig wäre, dann ... Er schaffte es perfekt, mich in die Rolle derjenigen zu drängen, die letztendlich die Dinge nicht klar sah und die die Blöde war. Dass ich das so empfand, war die Folge meines miserablen Selbstwertgefühls, das er systematisch kaputt machte. Und da es vorher schon zu klein war, wurde es in der Beziehung immer noch kleiner. Ich war ein Nichts, ich war nicht gut genug, die gleichberechtigte Partnerin dieses gottgleichen Mannes zu sein.
Auch hier habe ich das Gefühl in einen Spiegel zu schauen. 1:1 dieselben Gefühle.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Wer nicht an sich und seinen Wert glaubt, an den glaubt ein Anderer auch nicht.
Und diesen Satz werde ich mir zu Hause und im Büro aufhängen. Besser kann man es gar nicht auf den Punkt bringen.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Leider ist auch das hausgemacht. Wenn man den Partner glorifiziert, dann deswegen weil man selbst weniger wert ist. Wer sich als minderwertig sieht und empfindet, braucht doch Jemanden auf dem Podest. Und der auf dem Podest strahlt natürlich, zumindest in Deinen Augen,denn Du bist es wert, seine Partnerin zu sein, weil Du selbst nicht viel bist.
Auch hier stimme ich selbstredend zu. Aber bei vielen Sachen hab ich es - so doof das klingt - auch gut gemeint. Er selbst war nicht unbedingt der selbstwussteste Typ, hat oft an seinen "Künsten" gezweifelt. Nur wenn er von allen Seiten gelobt wurde, dann konnte er das akzeptieren. So habe ich ihn in vielen Sachen unterstützt in dem ich ihn für jeden noch so kleinen Pups gelobt oder wie Du sagst "angehimmelt" habe.
Sonnenblume10 hat geschrieben:... Wenn er mich mal lobte für was, dann glaubte ich nicht, denn das war ja alles nichts Besonderes, was ich vollbrachte.
Also die Ähnlichkeiten die ich sehe beängstigen mich langsam :) Exakt genauso war es bei mir. Wie kann man sich nur selbst so aufgeben, das ist wirklich gruselig.
Sonnenblume10 hat geschrieben:Aber: nicht nur Du warst "schuld", denn eines bedingt das Andere. Es gibt da kein schuldig und unschuldig, denn jeder sorgt auch beim Anderen dafür, dass er sein Innenleben, sein inneres Programm ausleben kann. Im Grund genommen ist das meiste gleich verteilt. Schau ruhig drauf und ärgere Dich über Deine eigene Dummheit und Blindheit. Macht nichts, denn es ist heilsam, die Beziehung mal in einem anderen Licht zu betrachten. Und irgendwann schaust Du dann drauf wie ein Zuschauer, der sich ein Zwei-Personen-Stück ansieht und sich wundert, wie sich da zwei abgemüht haben, sich im Weg standen, sich beschädigten und doch nicht vom Karussell absteigen konnten.
Das tröstet und ich werde dran arbeiten. Und ich werde mal versuchen, ob ich mich mit mir selbst versöhnen kann :)

Ganz lieben Dank Blümchen, Du hast mir damit wieder einmal sehr geholfen. Und jetzt geh ich weiter Kröten fressen :D

Ach ja und heute sag ich es mal ohne Wehmut, ganz stark und voller Stolz: 8 Wochen Kontaktsperre und niemals in Versuchung gewesen zu stalken, anzurufen oder ihm zu schreiben. Ich bin eine Heldin :D

Liebe Grüße
Marsi

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