Sole13 hat geschrieben:Wir haben auch nicht gestritten und trotzdem... die angst ist da.
Ich verstehe es. Es hat sich gerade wieder halbwegs eingependelt, normalisiert, es gab erfreuliche und manchmal weniger erfreuliche Begebenheiten, aber ... die Angst regiert mit.
Die Angst, Du könntest etwas falsch machen, die Angst, Du könntest ihm wieder zur Last fallen und er würde ... wieder.
Sole, Du steckst im hausgemachten Zugzwang. Du möchtest alles richtig machen, Du möchtest nicht mehr die alte Sole sein und bleibst es doch, Du möchtest, dass er sich wohl mit Dir fühlt und womöglich nicht wieder zu denken anfängt ...
Kurz, Du musst Übermenschliches vollbringen, damit er nicht ...
Und die ganzen letzten Wochen musstest Du damit leben, dass Ihr getrennt seid und Euch trotzdem gesehen habt. Du wusstest nicht, wie Du Dich ihm gegenüber verhalten solltest. Du hast hinterfragt, analysisert, gehofft und aufgegeben im Minutentakt. Das alles ist Stress pur und kostet unglaublich viel Energie und Nerven.
Und da wunderst Du Dich dass Du derzeit sehr dünnhäutig bist, überempfindlich reagierst, Dich aufregst über Dinge, die Dich nichts angehen und Dir wurscht sein könnten. Mich wundert das nicht, aber es ist alles Ausdruck dessen, was die letzten Wochen und Monate war.
Aber am schlimmsten ist die Angst. Ich habe ihn belastet, ihn kritisiert, zurecht gewiesen (wenn auch nicht aggressiv), ich habe das Band zwischen uns gefährdet, indem ich war wie ich mich fühle.
D.h. für Dich: er hat die Hosen an und die Angst ist für Dich!
Es werden noch mehr solche Situationen kommen und man muss sie aushalten, beide müssen das. Denn ohne das existiert keine Beziehung.
Soo schlimm finde ich das jetzt auch nicht.
1) Ihr könnt darüber reden. Du wirkst auf ihn übermpfindlich und genervt, über die er sich keinesfalls aufregen würde und er will Dir behilflich sein, eben damit Du Deine Nerven sparst für Dinge, die es wirklich wert sind.
Er ist der Mann und Männer definieren sich darüber, dass sie sich um "ihr Reich" kümmern. Da ist die Frau, das Haus, da sind die Kinder. Und wenn er ein guter Mann ist, fühlt er sich dafür zuständig und verantwortlich und sorgt dafür, dass alles rund läuft.
Und das ist in vielen Männern immer noch so drin. Sie sind eher Macher als Analysierer und im Machen fühlen sie sich wohl.
Wie viel weißt Du von Männern? Zu wenig.
Wieviel weißt Du, was Männer an Frauen verstehen und umbekehrt? Da ist oft sehr wenig gegenseitiges Verständnis, denn Du bist eben die typische Frau. Leicht nervös zu machen und wenn was nicht rund läuft, dann regiert oftmals die Angst. Dann kommen die Tränen, die man lieber nicht zeigen will, weil man als nerviges Weib angesehen werden könnte. Und dabei musst Du doch jetzt alles richten!
Nein, nein und nochmals nein! Du musst gar nichts. Du darfst auch mal genervt, nervtötend, unerträglich sein, denn Du musst nicht jede Last tragen. Auch nicht seine. Aber Du darfst es nicht ständig sein, denn das nervt dann wirklich.
2) Er will Dich schützen. Das ist als Mann seine Aufgabe. Nicht nur vor dem Säbelzahntiger und dem feindlichen Clan da draußen, sondern auch vor unbegründeter Aufregung über dies und jenes, jenes und dies. Den Säbelzahntiger gibt es nicht mehr, den feindlichen Stamm auch nicht, aber sonst hat sich nicht viel geändert.
Und er hat die besseren Nerven als Du.
Menschenskinder, Sole, lob ihn doch mal. Sag ihm doch einfach mal, dass Du zur Zeit sehr dünnhäutig bist und froh bist, dass er dafür sorgen will, dass Du nicht noch dünnhäutiger wirst. Sorg dafür, dass er sich in seiner Rolle als eine Art männlicher Beschützer wohl fühlt und bestätigt. Und was tust Du stattdessen? Du hast Angst, er könnte jetzt schon wieder entnervt von Dir sein und sich wieder in seine Höhle zurückziehen.
Und dann ärgerst Du Dich über Dich, weil Du nicht nur stressig warst, sondern Dich auch bevormundet gefühlt hast und darüber, dass Du ängstlich bist.
Ich kann es Dir nur sagen, aber ich weiß auch nicht genau wie es geht. Aber Angst macht letztendlich alles kaputt. Angst macht unfrei und blockiert. Und Angst kann man nicht bekämpfen, indem man sagt: geh weg!
Hinter der Angst lauern die Dämonen, die Dir jetzt wieder einflüstern: Pass bloß auf, mach nichts Falsches, denn wenn Du das tust, dann ... Dann haben wir wieder Recht gehabt.
Er ist stärker, Du hast ihn nicht halten können, er ist gegangen, er sorgt für Verunsicherung, weil Du nicht gut genug bist.Hähä, wir wussten es doch immer und wir bringen Dich schon wieder dahin, denn wir sind für die sich selbst erfüllende Prophezeihung zuständig! Er ist schon mal gegangen, er wird es wieder tun, du wirst schon sehen. Und dann hatten wir Recht, wieder mal! Was mit Dir ist, interessiert uns nicht, ist uns wurscht, aber wir haben die Macht und das Wissen!
Sole, das sind die Dinge, die aus dem Unterbewusstsein aufsteigen, die Dich dirigieren, die Dich oft genug quälen und hier muss man ansetzen. Begrüße Deine Dämonen, denn sie zeigen Dir glasklar, wo es bei Dir im Argen liegt. Wo kommen sie denn her, denn sind schon alt, ungefähr so alt wie Du denken kannst. Sie wurden eingepflanzt, weil Du erzogen wurdest und einigen Dingen ausgesetzt warst, mit der Deine Seele überfordert war. Da gab es Verletzungen, die nicht richtig verheilten, die nie verarbeitet wurden. Und die Dich im Erwachsenenleben immer noch quälen, weil sie da sind.
Ich war zweimal bei einem Therapeuten, der mir einiges erklärt hat.
1. wir leben immer das nach, was wir kennen, womit wir aufgewachsen sind und wir leben in der Beziehung das nach, was wir im Elternhaus kennengelernt haben.
2. Unsere Seele trägt Verletzungen in sich, beim einem mehr, beim anderen weniger. Die Seele aber strebt nach Heilung. Sie will keine Angst und keinen Druck spüren und keine Dämonen im Nacken sitzen haben. Sie will frei sein und fröhlich. Und daher schickt sie uns auf die Reise, denn sie kennt nur ein Ziel: was früher nicht geheilt wurde, das wird jetzt geheilt, in der jetzigen Beziehung und dann, ja dann ist endlich alles gut.
Alles ganz einfach oder doch nicht? Nein, doch nicht, denn die Seele heilt sich nicht, indem sie die alten Muster nachlebt und die alten Verletzungen wieder durchlebt. Stattdessen wieder Frust auf der bewussten Ebene. Ich bin nicht gut genug, ich habe versagt, wie schon oft und wieder und wieder.
Wieder bist Du dort, wo Du schon warst. Unten , ganz unten. Warum nur? Warum immer wieder die alten Ängste, die alten Befüchtungen, die alte Kleinmütigkeit! Stattdessen könntest Du singen und tanzen vor Freude, aber Du hast ja Angst. Und die nur er Dir nehmen kann, wenn er denn will.
Das meinte ich damit als ich sagte: er hat die Macht und für Dich bleibt die Angst.
Ich will Dich jetzt nicht überfrachten, aber es ist Arbeit nötig. An Dir selbst. Du musst sie nicht bis nächsten Monat erledigt haben, denn diese Dinge brauchen Zeit, viel Zeit. Zeit und Ruhe, sich mal mit sich zu befassen. Was ist denn da los, dass ich so ängstlich und verunsichert bin. Was trage ich denn da mit mir herum? Manchmal kommt man auf erstaunliche Dinge, denn man hat Gefühle, die einem altbekannt vorkommen. Angst vor Unverstandensein z.B. Angst vor Einsamkeit. Angst gesagt zu bekommen, stell Dich nicht so an, Du bist doch schon ein großes Mädchen! Warum heulst Du denn schon wieder, wenn es doch gar keinen Grund gibt!
Das sind so Sätze, die manche Kinder hören. Und dann merkt das Kind: ich bin nicht richtig wie ich bin. Ich müsste ganz anders sein, dann ... würden sie mich verstehen und lieb haben.
Und das Kind lernt: ich muss stark sein, ich darf nicht weinen, ich darf meine kleinmütigen Gefühle nicht zeigen. Ich muss mich anders zeigen als ich empfinde. Denn mit der Fassade komme ich an. Dass ich mich dafür verbiegen muss, ist der Preis dafür.
Die Seele will sich nicht verbiegen, sie will ganz einfach sein.
Vielleicht magst Du ja ab und zu darüber nachdenken. Das alles hat seine Gründe und dass Du derzeit so verletztlich bist, ist ein Zeichen für etwas, was darunter liegt. Hol es raus, es will ans Licht geholt werden. Stell Dich dem und lauf nicht davon, denn es wird Dich immer quälen.
Warum also ans Licht holen, wenn es doch bequemer so ist? Ganz einfach, weil es einfacher ist, wenn man sich selbst besser kennt. Wenn man sich dessen bewusst ist, warum man oft so überreagiert, immer wieder Angst hat und Tränen aufsteigen, dann kann man besser damit umgehen. Man lässt die Dinge nicht aus dem Unterbewusstsein ihre Wirkung tun (denn die Wirkung ist stärker als Dir lieb ist!), sondern man wird sich dessen bewusst, was einen eigentlich quält. Doch nicht eine Doku über saublöde Menschen, die ihr neues Leben XXL nicht in den Griff kriegen und doch auch nicht irgendwelche Vereinsquerelen!
Das sind die Hinweise für Dich, das irgendwas in Dir ist, was ans Licht will. Hol es raus und lass es zu.
Du brauchst dazu auch Deine Beziehung nicht zu gefährden oder in Frage zu stellen. Du kannst es für Dich tun, ganz allein und Dich dem stellen.
Und die Dämonen gehen irgendwann, denn sie sind ja nicht mehr nötig. Sie verkrümeln sich und haben erkannt: wir haben unseren Dienst getan, wir haben Dich so lange klein gehalten und Dir doch gezeigt, dass mit uns nicht gut Kirschen essen ist.
Aber jetzt sind wir eigentlich ganz zufrieden, denn unser Job ist ja auch stressig und wir haben Ruhe nötig.
Durch Bewusstwerdung (ich weiß, das hört sich jetzt echt bescheiden und übertrieben an, aber darum geht es letztendlich) können wir anders mit Dingen umgehen. Wir können uns anders um uns sorgen im Sinne von pflegen, weil wir wissen, wie wir sind und warum. Und wir haben die Chance, uns besser mit uns zu fühlen und das ist der Schlüssel zum Erfolg.
Die Angst vergeht, weil man sich seiner selbst sicher ist, weil man auf sich zählen kann und das auch weiß. Der Partner ist nicht mehr der Nabel der Welt, dem man alles recht machen muss. Er ist da und das ist gut so. Er kann sein wie er will. Manchmal gleichgültig, manchmal nervtötend, manchmal unverständig, manchmal blöd. Er darf sein, wie er will. Wichtig ist nur, dass Du seine Sorgen, seine Kümmernisse nicht zu den Deinen machst, denn jeder muss seine Lasten selbst tragen.
Wenn man es gemeinsam tun kann, um so besser.
So, Ende der Psychologiestunde. Mein Therapeut sagte am Ende des Gesprächs: vielleicht gehen Sie jetzt nach Hause und haben das Gefühl es ist gar nichts passiert.
Ich hatte das Gefühl, ein seltsames Gefühl, das Gefühl. dass da doch einiges dahinter war von dem was er sagte. Ich trinke selten Bier, aber danach brauchte ich eines.
Es war was dahinter, aber es dauerte Monate, ehe ich es einigermaßen begriffen habe, was ich alles mit mir rumtrage und schnurrstracks in Beziehungen trug, die dann nichts wurden.
Er, dieser wunderbare und glorifizierte Mann, hätte mich nie retten können. Das blieb mir selbst überlassen und das ist gut so. Kein anderer Mensch kann das in einem heilen, das können nur wir selbst.
Du musst jetzt wahrlich nicht in Klausur gehen. Nein, Du sollst Dich Deines Lebens freuen, mit Deinem Herzchen wieder ein Eis essen oder ein Eisbein, wenn ihm das lieber ist. Aber ab und an man über sich nachdenken, in sich hinein fühlen, sich erinnern wie es denn damals so war, das solltest Du tun. Manches kommt ans Licht, manches tut weh, aber nicht für ewig. Im Gegenteil, die Selbstakzeptanz steigt und wenn die stimmt, dann fühlt man sich auch nicht mehr so leicht übergangen, bevormundet und gegängelt. Weil man weiß, wer man ist und was man kann und was man nicht kann.
Immer schön bei sich bleiben, sich nicht gängeln lassen von Ängsten. Er ist da und das ist gut so und er darf auch bleiben. Aber er ist nur ein Add-on, denn der Nabel der Welt bist Du selbst. Sorge für Dich und andere sorgen zusätzlich für Dich. Achte Dich und andere werden Dich achten. Liebe Dich selbst und Du wirst geliebt und geschätzt.
Das meiste, was uns passiert, ist hausgemacht.
Und wenn er die Sole jetzt nicht mehr mag, weil sie quengelig und weinerlich und kuschelig war? Ach Gott, ich schätze ihn eigentlich so ein, dass er ganz gut damit umgehen kann. Und wenn doch nicht? Dann hat er Dich schlichtweg nicht verdient!
So ist das und nicht anders! Glaub mal mehr an Dich, dann kannst Du auch an ihn glauben.
Sonnenblume