Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Es hat zwischen Euch "gefunkt", doch er meldet sich nicht mehr. Es ging aus Deiner Sicht alles in Richtung Beziehung, aber plötzlich distanziert er sich. Dieses Forum ist der richtige Ort, wenn es noch keine "richtig feste Beziehung" war.
Gwen
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Re: Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Beitrag von Gwen » Mi 8. Mai 2019, 14:38

Ich forsche schon so ca. 20 Jahre, weil klar war, dass es immer die unpassenden Typen waren. Oder eben auch nicht, weil sie sind ja ein Hinweis.

Ich habe ganze Bücherregale verschluckt, Therapie gemacht, Kinesiologie, Familienaufstellungen. Und nein, ich konnte das nicht umsetzen.

Zuletzt habe ich mir meinen Mann angelacht, der perfekt die schlechtesten Eigenschaften von Vater und Mutter verkörperte und recht narzisstische Tendenzen zeigt. Das wurde natürlich nur sehr schleichend klar. Ich bin noch nie so auf dem Boden aufgeschlagen.

Ich komme beruflich viel in Kontakt zu Menschen. Ich spüre die Anziehung bei bestimmten Männern. Das sind immer die, die meinen alten Mustern entsprechen. Inzwischen kann ich das schnell erkennen. Nie wieder fasse ich ein solches Exemplar an.

Liebe hat nichts mit Achterbahn fahren zu tun, sondern mit einem Menschen, dem man ehrlich am Herzen liegt und der da ist.

Sonnenblume hat das Thema über einen lange bekannten Arbeitskollegen lösen können und indem sie sich ihre Interessen oft allein erfüllt. Und damit immer wieder für Abgrenzung sorgt. So habe ich sie zumindest verstanden.

Ob ich das schaffe, weiß ich noch nicht. Aber dann bleibe ich lieber allein als ständig an Abgründen Balance zu halten. Seiltänzer zu sein ist mir mittlerweile zu schwer.
Manchmal muss man einfach springen und sich auf dem Weg nach unten Flügel wachsen lassen.

Bobby41
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Re: Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Beitrag von Bobby41 » Mi 8. Mai 2019, 15:13

Interessant ist übrigens auch, dass Männer, die sich ihrer anziehenden Wirkung auf Frauen bewusst werden, praktisch ungebremst in die narzisstische Richtung entwickeln können, weil der Erfolg Ihnen dabei Recht gibt. Ein selbstbelohnender Mechanismus, der das schlechteste in ihnen zum Vorschein bringt. Manche Frauen vermuten, sie stehen auf den "Bad Boy" gerade wegen seines selbstsicheren Verhaltens, dabei ist diese Selbstsicherheit in den allermeisten Fällen nur eine Nebenwirkung einer sowieso bereits vorhandenen Attraktivität. Ich kenne solche Männer zur Genüge. Die Beziehung für's Leben finden diese Männer falls überhaupt erst spät nachdem sie einige verschlissen haben. Und diese letzten Frauen sind nach meiner Erfahrung ausnahmslos sehr starke Persönlichkeiten, die sich mit ihrem Mann mehr oder weniger schmücken.

Der Mechanismus funktioniert auch umgekehrt : weniger erfolgsverwöhnte Männer verhalten sich unsicher und vorsichtig, büßen dadurch wieder an Attraktivität ein und erfahren, dass Zurückhaltung sie vor Misserfolgen bewahrt.

Und dann gibt es da noch den Faktor gutes Aussehen : wenn ein gutaussehender Mann eine Frau etwas unbeholfen anspricht, dann ist er unglaublich süß. Tut ein nicht gut aussehender Mann haargenau das gleiche, ist er gruselig.
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Gwen
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Re: Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Beitrag von Gwen » Mi 8. Mai 2019, 15:45

Ähm, was ich mit Anziehung meine, hat mit äußerlicher Attraktivität nicht viel zu tun, Bobby. Meine Männer waren optisch alle völlig unterschiedlich. Bad boy ist auch nicht meine Fraktion.

Den Magneten *ich verhalte mich wie Mutter/Vater* erkennt mein Unterbewusstsein binnen Sekunden und dann war da auch sofort mein *haben wollen*.

Sonnenblume hat das mal schön beschrieben, dass die Seele sich so erlösen will. Es funktioniert nur leider überhaupt nicht.
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Bobby41
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Re: Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Beitrag von Bobby41 » Do 9. Mai 2019, 07:37

Ich bezog mich im ersten Teil auch auf Attraktivität allgemein, und hab das ganz bewusst vom Äußerlichen differenziert, siehe letzter Absatz.
Und Bad Boy fand ich beim Schreiben ehrlich gesagt auch schon holprig, aber mir fiel nichts besseres ein. Alpha klingt so nach Dominanz und Playboy so nach reinem Sexinteresse. Ich meinte mit Bad Boy einen Mann, der aufgrund seiner Selbstsicherheit, Entschlossenheit und seines gradlinigen Auftretens attraktiv auf Frauen wirkt.
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Sonnenblume10
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Re: Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Beitrag von Sonnenblume10 » Do 9. Mai 2019, 11:24

Gwen hat geschrieben:
Mi 8. Mai 2019, 15:45
Sonnenblume hat das mal schön beschrieben, dass die Seele sich so erlösen will. Es funktioniert nur leider überhaupt nicht.
Doch, es ist zumindest zum Teil möglich, da bin ich mir sicher. Warum? Erstens es geht mir um Klassen besser als vor 10 Jahren, zweitens kann ich jetzt in einer Beziehung leben, ohne ständig das Gefühl zu haben, dass ich mich "gefangen" und wie in einer Falle fühle und drittens, nichts muss bleiben wie es ist.

Die Prägungen auf etwas wie einen bestimmten Typ Mann wird man tatsächlich nicht los. Quert einer meinen Weg, der meinem Ex. irgendwo entfernt ähnelt, dann schaue ich interessiert hin. Daran merke ich, dass das innere Muster wieder spricht. Das kann ich mittlerweile gut einordnen und dann gehe ich weiter. Interessiert mich nicht mehr, weil ich weiß, dass nur wieder mal meine Prägungen durchschlagen und die haben mich ja bisher oft auf Irrwege geführt. Ich denke, das muss man auch akzeptieren, dass es eben so ist.

In den letzten Jahren konnte ich Nähe zunehmend besser aushalten, weil ich weiß, dass diese Gefühle der Einschränkung auch nur ihre Ursache in früheren Zeiten haben. Seit ich das weiß, dass ich damals wohl einiges abbekommen habe, was meinem Bindungsverhalten nicht zuträglich war, kann ich besser damit umgehen. Und seither geben die inneren Dämonen mehr Ruhe, die mich immer angetrieben haben und gesagt haben, der läuft Dir davon, also renn hinterher oder, der will was von Dir, also nichts wie weg. Ich pendelte über Jahrzehnte in diesen Extremen. Zeigte mir Jemand Zuneigung, verschwand ich, denn auf einmal war der Typ langweilig und reizlos. Fühlte ich Interesse und Zuneigung, dann erwachte der Jagdinstinkt. Und wenn der sich dann als interessanter Typ herausstellte, weil er mich weniger wollte als ich ihn, dann entwickelte ich mich zum Hindernisläufer. Mit den bekannten Folgen.

Dafür bin ich mittlerweile zu abgeklärt und auch zu faul. Bringt doch nichts, macht nur das Leben kaputt. Also lieber mal das schätzen, was man hat und damit ein gutes Leben haben. Und manche Interessen verfolge ich liebend gerne allein. Theaterbesuche und so was, da brauche und will ich keine Begleitung (mehr). Ich bin mir selbst genug.
Einmal im Jahr ungefähr zieht es mich nach Berlin. Da bin ich irgendwie angefixt, weil mein erster Berlinbesuch vor Jahren, als mein Ex. gegangen war, so positiv für mich verlief. Daher fahre ich da immer wieder hin und zwar nur alleine. Drei Nächte dort bleiben, jedes Mal was Anderes anschauen und ansonsten einfach auch mal Zeit haben zum Rumstromern und im Cafe sitzen, das liegt mir. Gott sei Dank will mein Partner gar nicht mit! Er hasst Großstädte. Gut so, dann mache ich das allein.

Ich glaube schon, dass man durch Reflektieren und auch durch bewusste Erkenntnis der eigenen Muster weiter kommen kann. Es kann ja auch nicht sein, dass es im Leben keine Weiterentwicklung geben kann, da wären wir ja chancenlos.

Wenn ich aber merke, dass ich gewisse Dinge wiederhole, mich für Männer interessiere, die kein sonderliches Interesse an den Tag legen, die ich aber dann "erlegen" will, dann bin ich ein Opfer meiner Antriebe meines Unterbewusstseins. Dann liegt was im Argen und zwar bei mir. Und da der Mensch nicht ewig auf der Stelle treten kann, muss ich mich diesen Dingen irgendwann stellen und Zusammenhänge herstellen. Ja, ich bin so, weil ich mir das von meinen Eltern abgeschaut habe, also unbewusst etwas übernommen habe. Oder ich lebe in Beziehungen oft eine Traurigkeit nach, die ich als Kind schon gefühlt habe. Wann, warum? Was waren das für Situationen? Was habe ich damals erlebt, gefühlt, wie kam ich damit zurecht? Meist gar nicht, denn ich schluckte meine Enttäuschung runter und lernte, dass ich mich um meinen Seelenkram allein kümmern muss. Das schafft innere Einsamkeit und genau die lebte ich in Beziehungen nach. Das geht so lange, bis man sich der Dinge und deren Ursachen bewusster wird.
Ansonsten bist Du immer nur das einsame, traurige innere Kind, für das sich keiner richtig interessiert. Stefanie Stahl finde ich auch sehr gut, sie schildert derlei Mechanismen immer sehr anschaulich.
Lernen, das innere Kind zu sehen, anzunehmen und pfleglich damit umgehen, es hegen und pflegen, anstatt sich Gedanken um einen Mann zu machen, der sich nach meinem WE erkundigt. Das ist Greifen nach einem Strohhalm. Wenn da nicht mehr kommt an Engagement, dann lebe ich doch besser allein als mit so einem.

Sonnenblume

Ananassi
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Re: Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Beitrag von Ananassi » Fr 10. Mai 2019, 01:01

Vielen Dank für die offenen Worte, Gwen u Sonnenblume!
Ich habe mir heute das Buch zugelegt u werde mich mal durchfuchsen, vielleicht hilft es ja.
Einen ersten Denkanstoß hat es mir jedenfalls schon gegeben.
Ich bin nur immer etwas in der Zwickmühle zwischen ‚da könnte schon was dahinterstecken‘ und ‚überinterpretier Sachen nicht, der Richtige war einfach noch nicht dabei‘.

Ansonsten gibt es nicht groß was neues 😉
Was, wenn die Dinge die ich suche, weil ich glaube sie zu brauchen, gar nicht das sind, was ich will?

Gwen
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Re: Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Beitrag von Gwen » Fr 10. Mai 2019, 04:15

Sonnenblume, wir sind d'accord.
Ich meinte es eher so, dass die Seele nicht durch die oder in der Beziehung heilt, da ist meiner Erfahrung nach ja eher das Gegenteil der Fall.
Es sind die Aha-Momente nach dem Scheitern, wenn man sie denn hat, die eine neue Richtung weisen können.

Krisen sind immer Möglichkeiten für die eigene Person, sich zu entwickeln. Dafür braucht es wohl schon sowas wie Leidensdruck.

Ananassi, wenn Dein Zeitpunkt für das Thema nicht da ist oder es eben nicht Dein Thema ist, dann ist das sicher nicht so sehr effektiv. Zwingen sollst Du Dich nicht und das bringt auch nichts.

@Bobby, ein bad boy ist in meiner Interpretation eher eine Lachnummer und so gar nicht gradlinig. Ach doch, ja, durch schlechtes und rücksichtloses Benehmen gegenüber seinen Mitmenschen. Also Deine Beschreibung deckt sich bei mir eher mit Alpha. Kannst mal sehen, wie unterschiedlich man interpretiert ;).
Manchmal muss man einfach springen und sich auf dem Weg nach unten Flügel wachsen lassen.

Bobby41
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Re: Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Beitrag von Bobby41 » Fr 10. Mai 2019, 07:41

Nee, ich sagte doch, dass mir einfach kein besseres Wort eingefallen ist. Ein Mann, der durch seine Souveränität, Selbstsicherheit und Präsenz Attraktivität erzeugt.
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Re: Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Beitrag von Sonnenblume10 » Fr 10. Mai 2019, 11:23

Gwen hat geschrieben:
Fr 10. Mai 2019, 04:15
Es sind die Aha-Momente nach dem Scheitern, wenn man sie denn hat, die eine neue Richtung weisen können.
Es gibt sie tatsächlich, diese Aha-Momente. Es war schätzungsweise zwei Jahre nach der Trennung. Ich lebte mittlerweile wieder in einer Beziehung, die ich heute noch habe und es ging mir gut so weit. Der Ex. war lange kein Thema mehr, ich dachte kaum mehr an ihn und er war mir egal. Ich interessierte mich auch nicht mehr für ihn und sein Leben.

Eines Tages saß ich allein beim Frühstück und auf einmal tauchte der Ex. in meinen Gedanken auf. Ich wunderte mich darüber, denn es kam ohne äußeren Anstoß. Merkwürdig. Ich fragte mich, hmm, was der jetzt wohl macht und wie er wohl lebt. Und wunderte mich weiter, warum ich bei den Gedanken an ihn auf einmal so ein leises Bedauern spürte, das mit der Zeit ein wenig stärker wurde.
Und auf einmal passierte es! Ich "sah" es auf einmal, unsere Beziehung, ein Zwei-Personen-Stück auf der Bühne, eine Choreografie, die wir lebten und an der sich beide abarbeiteten. Beide waren Gefangene ihrer Mechanismen und es konnte nie und nimmer gut gehen, denn es gab viel zu viele Verstrickungen, in denen jeder lebte.
Es gab kein schuldig und kein unschuldig mehr, nur dass wir beide in der Gemeinsamkeit zum Scheitern verurteilt gewesen waren und es nicht erkennen wollten, vor allem ich nicht. Lieber leiden als lösen, war meine Devise.
Es war einerseits erhellend, wie ich uns in diesem Theaterstück sah, andererseits auch deprimierend. Beide hatten wir versagt, beide lebten wir nur unsere erlernten Muster, die uns drangsalierten und steuerten, ohne dass wir es merkten und ohne dass sie uns bewusst wurden. Es war irgendwie erbärmlich, gleichzeitig auch fast erlösend.
Dieser "Klick-Moment" war vermutlich der Zeitpunkt, als ich endgültig mit ihm abgeschlossen hatte. Und auf einmal wurde mir klar, dass auch ihn für meine Zwecke missbraucht hatte und dass ich nicht nur das arme, geprügelte Opfer war, sondern auch Täter. Hui, das stieß mir dann sauer auf, aber es war auf einmal sonnenklar, dass auch ich gemein und hinterhältig gewesen war und ihn benutzt hatte.
Aber diese "Erhellungen" kommen seltsamerweise immer nur, wenn das Erlebte vordergründig kein Thema mehr ist und sie kommen wie aus dem Nichts. Das Unbewusste bahnt sich seinen Weg.

Ich finde es sehr beeindruckend, was passieren kann und hochinteressant, wenn man sich im Rückspiegel sieht und erkennt, dass man sich weiter entwickelt hat. Genau das sagte ich damals zu ihm nach der Trennung: ich will davon profitieren, ich will nicht nur warten, bis es nicht mehr weh tut, ich will, dass die gescheiterte Beziehung einen Wert für mich hat.

Wie sehr sich das bewahrheiten würde, ahnte ich damals noch nicht. Dafür tappte ich viel zu sehr im Dunkeln, denn erst Mal musste ich mich neu sortieren und vor allem mit diesen furchtbaren Gefühlen fertig werden, die mich im Wechsel überfielen. Von Angst über Hass, maßloser Trauer bis zu Rachefantasien war alles dabei. In der Zeit passiert nichts, man überlebt nur halbwegs in der Krise.
Später, wenn die Gefühle abflauen, kann man sich allmählich neu aufstellen. Sich überlegen, was will ich eigentlich tun, mit meinem Leben anfangen. Man fängt an, wieder mehr am Leben teilzunehmen und wird zu einer Suchenden, die dies und jenes probiert, wieder sein lässt und wieder probiert. Hauptsache, es sind neue Dinge.
Und dann viel später merkt man auf einmal, dass man es ziemlich geschafft hat. Und dann ist der Weg frei zum Abenteuer Leben. Ich übernahm eine Zusatzfunktion in meinem Beruf, die mir kein Geld einbrachte, aber für meine Weiterentwicklung bestimmend war. Ich lernte, Verantwortung zu übernehmen, die Ängste, die mich früher immer klein gehalten hatten, zu überwinden. Ich lernte mich zu positionieren und merkte auf einmal, ist ja unglaublich, das funktioniert und macht sogar Spaß, auch wenn es Arbeit nebenher bedeutet.
Heute stehe ich anders da. Ich habe auf einmal kaum mehr Probleme, vor anderen zu sprechen. Ich kann meine Position darstellen und stehe dazu. Ich habe viel mehr berufliche Kontakte als früher. Früher, vor vielen Jahren, traute ich mir es nicht zu, allein zu einem dienstlichen Treffen wie einem Kongress zu fahren. Es kostete mich Überwindung und Ängste plagten mich. Ich suchte immer Jemanden, an den ich mich anhängen konnte. Heute fahre ich selbstverständlich und bin auch auf Treffen, wo ich erst Mal niemanden kenne. Früher ein Ding der Unmöglichkeit, weil ich kleinmütig und verzagt war. Hilfe, was soll ich hier sagen, was tun? Was denken die wohl alle über mich?
Und genau diese inneren Blockaden sind weitgehend weg. Ich merkte, dass das alles hausgemacht war und dass die bösen Kobolde gut funktionierten, die mir immer einflüsterten: Du kannst das nicht, Du bist unbedeutend, Du würdest vlt. gerne so sein wie andere, die keine Angst haben, aber das schaffst Du nie und nimmer! Ausgerechnet Du doch nicht, hahaha.

Prima für die Kobolde, schlecht für mich, denn sie hatten eine große Macht über mich.
Ich habe sie verbannt in ihren Schrank, wo sie vor sich hin maulen können. Ich habe beschlossen zu leben und das Leben zu genießen und gut zu mir zu sein. Das ist das ganze Geheimnis. So leicht und doch so ein langer Weg, wenn man viele Altlasten mit sich rumschleppt.

Im Privaten klappt auch vieles besser. Ich habe kaum mehr die innere Wut in mir, die ich früher im Sportstudio abarbeiten musste. Ich lebe in einer Beziehung und die hält sogar! Nicht zu fassen.
Dennoch, es gibt immer eine Schranke. Zu enge Kontakte mag ich nicht. Es ist immer eine Distanz da, die ich in Freundschaften und Bekanntschaften nicht überspringe. Alles gut, solange es locker ist und mir nichts abverlangt. Stellt Jemand Ansprüche an mich, will in mein Leben einbrechen, tauche ich ab. Das halte ich nach wie vor nicht aus. Damit lebe ich. Es ist eben so. Enge Freundschaften habe ich nicht und ich will sie auch nicht. Die berühmte beste Freundin gibt es nicht und ich vermisse sie auch nicht. Trotz Besserungen bin ich zu manchen Dingen nicht in der Lage. Das gestehe ich mir auch zu, denn es gehört zu mir. Und ich bin nach wie vor gerne allein mit mir. Meine Auszeiten, meine Cafebesuche, meine Bücher, in die ich abtauche, meine Sehnsüchte nach Reisen in "meine" Stadt, nach Berlin. Viele mögen es nicht, denn Berlin ist sperrig und auch chaotisch, dann wieder fast liebenswert verträumt und es verändert sich permanent. Schätzungsweise spricht mich auch das an.

Insgesamt denke ich, viele hier haben es gut erwischt und gut geschafft. Bobby konnte seine Ehe retten, auf die keiner mehr einen Pfifferling gab, Gwen konnte sich vor Jahren aus einer traumatischen Beziehung lösen und ist daran gereift, Muffin, die zur Zeit kaum schreibt, hat ihr Leben auch gut aufgestellt, Insane hat sein Leben ganz gut im Griff als alleinerziehender Dad. Es tut gut, das zu sehen. Und ich wünsche es auch anderen hier, dass sie lernen, ihr Leben anzunehmen und das Beste draus zu machen ohne sich von inneren Sehnsüchten dominieren zu lassen.

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Re: Langsames Kennenlernen oder kein Interesse?

Beitrag von Bobby41 » Fr 10. Mai 2019, 11:48

Ein ganz toller Beitrag, Sonnenblume. Jeder hat seine maulenden Kobolde, und je eher man sie in den Schrank sperrt, desto schneller findet man sein Leben auch wieder erfüllend.
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