Vor über 2 Jahren haben wir im Stadion eine Gruppe von Männern kennengelernt, die wir seitdem immer mal wieder bei Spielen getroffen haben. Sie waren uns auf Anhieb sympathisch, und wir haben uns öfters mit ihnen auf ein paar Bierchen verabredet. Diese Leute wohnen ca. 100 km von hier entfernt, also nicht gerade ums Eck, aber auch nicht wirklich weit weg. Nach über einem halben Jahr fing ich an, mich für einen dieser Männer zu interessieren. Er ist im Gegensatz zu seinen Freunden eher ein stiller und zurückhaltender Mensch, der wenig spricht und nicht gerne im Mittelpunkt steht. Andererseits kann man trotzdem herrlich lange Gespräche mit ihm führen, mit ihm lachen (sein Lachen hat mich richtig umgehauen...), und er kann unheimlich lieb sein. Man merkt aber auch, dass er ziemlich schüchtern und unsicher ist. Das hat mich jedoch nicht gestört.
Als sich das Interesse für diesen Mann bei mir entwickelte, spürte ich dass es ihm ebenso ging. Bei den Begegnungen im Stadion schaute er mich immer wieder sehr auffällig an, stellte sich im Fanblock die ganze Zeit neben mich und lächelte mich an, und bei Gesprächen konnte er mir kaum in die Augen sehen ohne rot zu werden und stotterte manchmal vor lauter Verlegenheit. Ich machte mir Hoffnungen, er würde mich nach meiner Nummer bzw. einem Date fragen... aber die ersten Monate tat sich gar nichts, bis auf gewisse Neckereien im öffentlichen Internet-Forum unseres Lieblingsvereins.
Die ersten Warnzeichen gab es schon nach ca. 3 Treffen, aber das habe ich damals noch gar nicht kapiert. Einmal machte er mir ganz offen in diesem Forum den Vorwurf, dass ich beim letzten Spiel mehr Zeit mit ihm als mit meinen Freunden verbracht hatte - dabei hat er an dem Tag kaum meine Nähe gesucht und war ständig irgendwo anders. Als ich im Forum mit einer Gegenfrage konterte, bekam ich keine Antwort... die nächsten beiden Monate waren wir nie gleichzeitig im Stadion, sahen uns also nicht, und auch im Forum kontaktierte mich der Mann überhaupt nicht. Deshalb hab´ ich ihn abgehakt und unter "kein Interesse an meiner Person" verbucht. Tja, hätte ich mich nur daran gehalten... 2 Monate später ging es dann so richtig los.
Wir haben uns dann ca. ein halbes Jahr lang wunderbar verstanden. Bei den zufälligen Treffen im Stadion klebte er an mir wie ein Kaugummi, wich mir nicht von der Seite und demonstrierte nach außen unsere "Zusammengehörigkeit". Außerhalb der Begegnungen im Stadion tat sich auch mehr, er schrieb mir öfters mal E-Mails und fragte mich eines Tages ob ich Lust hätte, mit ihm gemeinsam zu einem Auswärtsspiel in eine Region am anderen Ende Deutschlands zu fahren. Natürlich hatte ich Lust, ich wusste dass wir gemeinsam fahren und übernachten würden...

Abgesehen von diesem einen WE gab es keine weiteren Treffen mehr zu zweit. Er hat letztes Jahr nach vielen Jahren sein Studium (Magister der Geschichte) abgeschlossen und deshalb auch auf viele Heimspiele verzichtet. Ich war verständnisvoll und habe ihn während der Prüfungsphase extra nie auf ein Treffen angesprochen, da ich wusste, dass er in dieser Zeit auch nichts mit seinen Freunden unternommen hat. Als er seine Abschlussarbeit und die Prüfungen hinter sich hatte, hoffte ich wir würden uns öfter sehen und mehr Zeit miteinander verbringen. Die Leute in meinem Freundeskreis waren alle davon überzeugt, dass er über beide Ohren in mich verliebt war... und das haben sie zu mir gesagt, bevor ich das Thema überhaupt in ihrer Gegenwart erwähnt hatte. Ständig lagen sie mir damit in den Ohren, dass ich ihn endlich nach einem Treffen fragen sollte... der sei soooo schüchtern und bräuchte eine gewisse Sicherheit, weil er Angst vor einem Korb hätte. Er hat mehrmals ziemlich eifersüchtig reagiert, obwohl ich ihm keinen Grund dazu gegeben hatte... in seiner Gegenwart durfte ich nie sagen, dass ich bestimmte Fußballer attraktiv fand, da hat er gleich das Gesicht verzogen und manchmal einen gehässigen Kommentar von sich gegeben. An manchen Tagen kam schon ein böser Blick, wenn ich männliche Bekannte zur Begrüßung in den Arm genommen habe. Seine Anhänglichkeit war nicht zu übersehen. Und alle Menschen aus meinem Umfeld waren davon überzeugt, dass dieser Mann sehr glücklich wäre, wenn ich ihm eine Chance geben würde.
Anfang Februar dieses Jahres habe ich ihm eine Mail geschrieben, und daraus entstand ein längerer, wunderschöner Schreibkontakt mit einer Dauer von fast 2 Monaten. In dieser Zeit waren wir beide selten im Stadion... er aus finanziellen Gründen (er hat noch keinen Job gefunden) und ich aus Zeitmangel. Irgendwann habe ich meinen Mut zusammen genommen und ihn gefragt, ob er mit mir auf eine andere Sportveranstaltung in meinem Heimatort gehen möchte. Er klang begeistert und sagte mir noch am selben Tag zu, worüber ich natürlich sehr glücklich war. Eine Woche vor dem Treffen sagte er mir aber plötzlich ab, und er nannte mir keinen Grund... das hat mich sehr traurig gemacht. Ich habe dann 2-3 Tage über sein Verhalten gegrübelt und dann auf Anraten einer Freundin eine etwas nachdenklichere Mail verfasst und ihn gefragt, was ihn auf einmal zu der Absage bewogen hat. Ich habe ihm keine Vorwürfe gemacht und ihm geschrieben, dass wir die Mailerei ein wenig herunterfahren können und ich ihn ein Weilchen in Ruhe lasse, falls ihm das zu viel wird. Daraufhin schrieb er mir eine ganz liebe Antwort, und die Begründung für seine Absage hatte ganz andere Gründe, die wirklich plausibel klangen. Am Schluss meinte er, dass er den Kontakt zu mir auf gar keinen Fall herunterfahren möchte... dafür würde ich ihm viel zu viel bedeuten, und er fühle sich in meiner Nähe sehr wohl und das sei was ganz Besonderes mit uns.
Nach seiner Antwort war ich total erleichtert und atmete erstmal durch. In den nächsten Tagen war er sehr liebevoll, aufmerksam und bemüht zu mir. Sowohl seine Worte als auch die Taten sprachen sehr wohl dafür, dass ich diesem Mann alles andere als egal war. Doch eine Woche nach meiner besagten Mail kam ganz überraschend nichts mehr von ihm zurück. Er war nach wie vor ständig im Fußball-Forum aktiv, beobachtete immer noch meine Profile auf gewissen Seiten, aber antwortete weder auf meine letzte Mail noch kommentierte er irgendwelche öffentlichen Beiträge von mir. Mit dieser kompletten Funkstille hatte ich gerade zu jenem Zeitpunkt überhaupt nicht gerechnet. Das hat mich echt umgehauen. Ich habe ihn aber nicht noch einmal angeschrieben und nachgebohrt, weil ich ihn nicht bedrängen wollte. Ich hoffte, wir würden uns bald mal wieder im Stadion sehen und dass sich das Ganze dann als Missverständnis entpuppt. Nach ca. einem Monat Funkstille sahen meine Freunde und ich ihn wieder beim Fußball, und leider war er total reserviert zu mir. Als ich ihn begrüßte, sagte er zwar auch "Hallo", schaute mir dabei aber nicht einmal in die Augen

Ich habe ihn weiterhin nicht kontaktiert, weil ich ihm die Zeit geben wollte, um über die ganze Situation nachzudenken und selbst wieder den ersten Schritt zu machen... aber bis heute hat sich nichts getan. Nun haben wir schon seit über 3 Monaten keinen direkten Kontakt mehr, und er kommentiert auch nach wie vor keine Beiträge von mir bei Facebook oder im Forum. Neulich hat er mal 2 meiner Bilder bei FB mit "Gefällt mir" angeklickt und ich weiß auch, dass er sich immer noch meine Profile auf diversen Seiten anschaut, aber den Kontakt sucht er nicht mehr. Mir ging es lange sehr schlecht wegen des Kontaktabbruchs, ich habe extrem unter der Situation gelitten und konnte mich wochenlang kaum auf mein eigenes Leben konzentrieren. Ich habe mir auch viele Vorwürfe wegen meiner Mail mit der Frage nach dem Grund für die Absage gemacht und es 1000x bereut, dass ich sie geschrieben habe.
Andererseits bin ich stolz, dass ich seit der letzten Mail vor über 3 Monaten keinen weiteren Schritt zur Kontaktaufnahme unternommen habe und die ganze Zeit so konsequent war

1.) Diese Männer beklagen sich ständig über mangelhafte Aufmerksamkeit seitens der Frauen. Sie sind manchmal eingeschnappt oder verletzt, wenn Frauen, die ihnen gefallen, sich im Stadion mit anderen Männern unterhalten. Wenn man aber als Frau mal auf einen dieser Männer zugeht - egal ob im Stadion oder ob man nach einem Treffen zu zweit fragt - verhalten sie sich total abweisend, flüchten, kommen mit Ausreden daher oder sind ignorant. Sie wünschen sich Nähe und lassen diese nur zu, wenn SIE die Initiative ergreifen... sobald man als Frau seine Bedürfnisse äußert, fühlen sie sich eingeengt und laufen weg.
2.) Diese extreme Eifersucht und das Kontrollverhalten - au weia. Anfangs fühlte ich mich noch geschmeichelt. Ich dachte ich müsse einem Mann wirklich viel bedeuten, wenn er eifersüchtig ist und alles über mich wissen will... heute bin ich schlauer. Er hat 2x meinetwegen in der Öffentlichkeit geweint. Ich habe extra wegen ihm Rücksicht genommen, mich reservierter im Umgang mit anderen Männern verhalten und auch nichts mehr über attraktive Fußballer gesagt. Für ihn war das ganz normal, sich positiv über attraktive Frauen aus den Medien zu äußern... aber wehe ich machte das dasselbe, dann war er beleidigt und redete in einem abwertenden Tonfall mit mir.
3.) Die Vorwürfe und Forderungen nach Rechtfertigungen seinerseits... ich hab´ das Ganze damals unter "Unsicherheit" verbucht. Ein paar Freunde haben mich gefragt, wieso ich mir das gefallen lasse. Ich meinte ich wäre diesbezüglich hart im Nehmen, meine Eltern waren nämlich ganz ähnlich drauf. Außerdem ging ich davon aus, dass ich in seiner Gegenwart auch nicht perfekt sein müsse und mir bei ihm mehr herausnehmen könne als bei anderen Leuten... ja, ich glaubte das unser Umgang lockerer wäre, weil er eben seine Fehler hatte und ich damit umgehen konnte. Und als ich ihn das erste und einzige Mal um eine Erklärung bat, bekam ich diese zwar und wurde danach noch eine Woche lang total liebevoll behandelt, bis er auf einmal plötzlich verschwand. Das hat mich sehr geärgert. Wenn ein Mensch sich gewisse Dinge bei mir herausnimmt, muss er damit rechnen, dass ich dasselbe bei ihm auch mache - gleiches Recht für jeden.
4.) Die Unfähigkeit, mit mir zu kommunizieren... er hat nicht wirklich oft mit mir in diesem gehässigen Tonfall geredet, eigentlich nur 2x in über 1,5 Jahren. Beide Male war er betrunken. Trotzdem fand ich das völlig daneben und habe ihm das beim nächsten Treffen gesagt, als er nüchtern neben mir stand. Seine Reaktion: eisiges Schweigen und abwesendes Starren auf den Boden. Er hat sich nicht bei mir entschuldigt. Das fand ich enttäuschend. Ich fand es auch krass, dass er einmal im Suff zu mir sagte ich hätte mich an einem Abend total lächerlich und peinlich verhalten. Das war ganz am Anfang unserer Kennenlernphase. Wir waren nach einem Spiel noch mit unseren Freunden in einer Kneipe. Ich war von der Kälte sehr müde und bin auf einem Stuhl kurz eingenickt, habe aber nicht wirklich tief und fest geschlafen. An diesem Abend ging er das erste Mal auf Körperkontakt, streichelte meinen Arm und mein Bein, als er glaubte ich hätte geschlafen... Und dann sagte er Monate später zu mir, dass ich stockbesoffen gewesen sei (was definitiv nicht stimmte) und mich total lächerlich benommen hätte!! Ich war geschockt und entschuldigte sein Verhalten damals mit seinem Alkoholkonsum

5.) Diese passiv-aggressive Art. Wenn ich ihn mit seinem schlechten Benehmen konfrontiert habe, schwieg er. Und nachdem ich das erste Mal in einer Mail ein wenig emotionaler gewesen bin, hat er sich wortlos zurückgezogen. Womöglich erwartet er, dass ich ihm jetzt nachlaufe und ihn anflehe, mir zu verzeihen.
Das kann er getrost vergessen. Obwohl ich diesen Mann zwar immer noch auf eine gewisse Art mag, werde ich mich nicht in die Position der abhängigen Bittstellerin begeben. Ich habe seinetwegen schon genug gelitten, meinen Stolz gebe ich aber nicht für ihn auf. Tief in seinem Inneren ist er ein ganz lieber Kerl. Aber irgendwas muss in seiner Vergangenheit geschehen sein, dass es ihm noch nicht möglich macht, Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen. Ich wollte diesem Mann eine liebevolle Partnerin sein, aber keine Therapeutin. Und wenn ich den Kontakt zu ihm nur halten kann, indem ich meine Bedürfnisse komplett ignoriere, mich ständig erniedrigen lasse und es immer nur Nähe gibt, wenn er das möchte, ist es besser ganz auf ihn zu verzichten. Ich weiß nämlich ganz genau, dass ich in so einer Situation nicht glücklich wäre.
Inzwischen habe ich auch herausgefunden, warum ich diesen Mann angezogen habe und meine Ex-Partner mehr oder weniger ähnlich gestrickt waren. Wegen gewisser Vorkommnisse aus meiner Kindheit leide ich an Verlustangst. Das ist bei weitem nicht mehr so schlimm wie früher, da ich seit 1,5 Jahren eine Therapie mache. Verlustängstler und Bindungsängstler ziehen sich bekanntlich an wie die Magnete. Weil dieser Mann nicht in meiner Nähe wohnt, habe ich leider erst spät gemerkt, dass er Angst vor Bindungen hat und sich häufig widersprüchlich verhält. Ich hätte nichts gegen einen Kontakt mit ihm, wenn ich wüsste dass er an sich arbeitet und eine Therapie in Erwägung zieht. Aber er spricht ja gar nicht mehr mit mir... und in der Vergangenheit hat er lieber mit seinen ebenfalls bindungsgestörten Kumpels über mich geredet als direkt mit mir. Es fällt auf, dass diese Männer sich bei allen Frauen mehr oder weniger gleich verhalten... so dass sich wenigstens keine Frau irgendwelche Vorwürfe machen muss, dass sie schuld ist und es mit der nächsten Kandidatin besser läuft. Es ist immer wieder dasselbe Spiel.
Ich möchte mit meiner Geschichte allen Benutzern hier viel Kraft mit auf den Weg geben, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und womöglich an sich selbst zweifeln. Leute, das habt ihr nicht nötig! Ich habe diesen Mann wirklich über alles geliebt. Nach dem Kontaktabbruch ging es mir so schlecht, dass ich wochenlang Magenschmerzen hatte und psychisch ganz schlecht drauf war. Das will ich aber nicht mehr, denn meine Gesundheit steht für mich an allererster Stelle. Und meinen wertvollsten Besitz will ich auf keinen Fall wegen eines Mannes mit solchen Problemen in Gefahr bringen.