Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Die Trennung verarbeiten und nach vorne schauen
Sonnenblume10
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Re: Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Beitrag von Sonnenblume10 » Mi 4. Jul 2012, 17:07

Hallo, Rike,

was Du über das Kontaktverhalten des Fussballmannes schreibst,ist typisch. Er rannte Dir hinterher, so lange er Dich nicht hatte. Da bist Du interessant, da nicht erobert. Später, wenn er Dich sozusagen an der Angel hat, wirst Du zunehmend uninteressant. Wahrscheinlich war die SMS, die er in der Anfangsphase von Dir erhalten und nicht beantwortet hat, als Du in seiner Heimatstadt warst, schon ein Warnsignal.
Wenn die Beute Interesse signalisiert, will er sie nicht mehr oder macht gar einen Rückzug, weil er Angst vor der eigenen Courage hat.
Auch dass er sich oft wochenlang zu Hause vergräbt, passt gut zum BP. Die Angst vor anderen Menschen ist im Grunde tief verankert und so flüchten sie sich in die Isolation, in der sie auf Dauer auch nicht glücklich werden, da in jedem Menschen der Wunsch nach Kontakt und Austausch verankert ist.

Historiker haben es schwer und sie sind auch oft seltsam verschroben. Ich kenne einige dieser Sorte. Manche etablieren sich beruflich sehr gut, vor allem wenn sie an das Studium noch eine einschlägige Berufsausbildung hängen, z.B. im Archiv-, Bibliotheks- oder Museumsbereich. Manche finden ganz wo anders z.B. in Unternehmen eine Beschäftigung obwohl sie keinen einschlägigen Studienabschluss haben. Andere bleiben auf der Strecke und fretten sich mit Gelegenheitsjobs so durch, indem sie z.B. Aufsätze über historische Themen schreiben u.ä. Derjenige scheint mir eher zur letzten Sorte zu gehören. Extreme Schüchternheit ist auch im Berufsleben nicht von Vorteil, weil sich solche Leute oft schlecht selbst verkaufen können.
Er wird es schwer haben, sich auf eigene Beine zu stellen und sich von zu Hause zu lösen. Und das wird sein Selbstwertgefühl auch nicht gerade stärken, weil er seinen Bestätigungshunger nicht auf andere Art und Weise kompensieren kann.

Du kannst nichts anderes machen, als ihn in Ruhe zu lassen. Sein Verhalten ist widersprüchlich und Du weißt nie, wie er sich verhalten wird bzw. ob morgen noch gilt, was gestern galt. Geh freundlich neutral mit ihm um, aber gehe nicht auf ihn zu. Vermutlich würde er sich dann in die Enge getrieben fühlen. Das ist schade und bedauerlich, aber vermutlich der einzig richtige Weg.

Tja, normale Männer interessieren sich nicht für Dich und womöglich auch umgekehrt. Wir, die wir an Bindungsphobiker geraten, haben selbst unsere Probleme und Prägungen, sonst würden wir uns nicht für solche Menschen interessieren bzw. solche anziehen. Es scheint auf unbewusster Ebene Signale zu geben, die wir aussenden und empfangen. Bei mir war es bisher meist so, dass mich Männer, die ich nicht haben konnte, immer am meisten interessiert haben. Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Andere, die mir hinterher stiefelten, interessierten mich nicht, ich wollte sie meist schnellstmöglich wieder los werden. Sie erschienen mir reizlos und langweilig. Das war schon in meiner Jugend so. Ich hoffe jedoch, dass ich mit mir selbst weiter komme, weil ich diese Mechanismen früher nicht durchschaut habe. Gleichzeitig ist auch in mir eine starke Sehnsucht nach einer stabilen und intensiven Bindung, Ob ich die jemals leben werde können, weiß ich selbst nicht.

Dass wir in manchen Dingen unseren Ex-Partnern hinterher trauern, ist normal. Es gab ja oft auch schöne Momente, in denen man sich sehr wohl fühlte und glücklich war. Und natürlich hat der Ex auch positive Seiten, die das Zusammensein mit ihm schön machten. Diesen Aspekten seiner Person trauere ich durchaus noch immer hinterher. Wir konnten uns oft sehr gut unterhalten und austauschen über ganz verschiedene Themen, wir haben auch schöne Dinge zusammen unternommen, das Zusammensein mit ihm war Gewinn bringend, weswegen ich mich aus der Beziehung nicht lösen konnte, auch als ich erkannt hatte, dass die Zukunftschancen gleich Null sind. Er fehlt mir in mancherlei Hinsicht und ich hätte gerne die Zeit zurück, in der wir uns über unterschiedliche Themen austauschten und täglich telefonierten. Er war ein guter Zuhörer und erzählte selbst interessante Begebenheiten und dieser Austausch fehlt mir und zwar seit Monaten. Aber er wird nicht wieder kommen, weil er ziemlich sicher dazu nicht in der Lage ist. Wäre er auch nur halbwegs normal, würde das vielleicht funktionieren, aber er hat nun mal diesen psychischen Defekt. Daher werde ich mich nicht bei ihm melden, da ich vermute, dass er abblocken würde und mir nur Eiseskälte entgegen schlagen würde.

Wir können nur eines tun, uns künftig von Männern dieser Art fern halten bzw. die Konsequenzen ziehen, wenn wir seltsame Verhaltensweisen bemerken. Aber es scheint ziemlich viel seltsame Männer da draußen zu geben, die auf den ersten Blick zutraulich, kontaktfreudig, ja gerade zu anhänglich wirken und dann ins Gegenteil umschlagen.

Rike007
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Re: Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Beitrag von Rike007 » Mi 4. Jul 2012, 17:42

Hallo Sonnenblume,

es ist ja nicht so, dass der Fußball-Mann sich ständig zu Hause vergräbt. Das ist nur phasenweise der Fall. Manchmal geht er 3x im Monat weg und dann wieder 4 Wochen am Stück überhaupt nicht, je nach Lust und Laune. Was unser gemeinsames WE bei diesem Auswärtsspiel angeht, hat er mich sehr wohl in die Planungen einbezogen und überhaupt nicht reserviert auf meine Vorschläge bezüglich der Gestaltung reagiert, ganz im Gegenteil...

Ich frage mich inzwischen, ob ich eventuell die richtige Projektionsfläche für solche Männer biete, die gleichzeitig lieben und hassen. Einerseits bin ich offen, kontaktfreudig und nicht gerade schüchtern. Auf der anderen Seite spüren die Menschen meine Traurigkeit bei einem Rückzug und wissen, dass ich gerne unter Leuten bin. Außerdem meinten schon mehrere Personen zu mir, dass ich mir wohl etwas zu viel gefallen lasse. In jüngeren Jahren war das um einiges extremer, heute setze ich durchaus meine Grenzen. Ich frage mich ob dieser Mann mich mehr respektieren würde, wenn ich ihn nach seinen Vorwürfen und Eifersuchtsdramen in die Schranken gewiesen hätte. Glaubst du auch, dass du dir von deinem Ex viel zu viel gefallen lasst hast und es anders gelaufen wäre, wenn du dich konsequenter verhalten hättest?

Ich kenne mehrere Historiker und kann behaupten, dass nicht alle sich so widersprüchlich verhalten. Sie haben es beruflich schwer und viele arbeiten nur auf 400 € als Hilfskräfte an Universitäten, aber menschlich sind die meisten dieser Männer sehr in Ordnung. Der Fußball-Mann hat übrigens 2 jüngere Geschwister, die beide nicht mehr zu Hause leben. Sein Bruder und seine Schwester studieren in anderen Städten, während er an der Uni seines Heimatortes geblieben ist. Ende 2012 meinte er, dass er spätestens 2012 ausziehen wolle... beim vorletzten Treffen hieß es auf einmal, dass er es nicht mehr so eilig damit hätte.

In einem Punkt schätzt du mich aber ein wenig falsch ein: Ich hatte sehr wohl schon Interesse an normalen Männern. Diese beiden Männer haben meine Gefühle jedoch nicht erwidert. Trotzdem haben sie mich niemals schlecht behandelt, und ich bin mit beiden Männern bis heute sehr gut befreundet. Und die Männer, die mir nachgelaufen sind und die ich nicht wollte, wären auch nicht die passenden Partner gewesen. Ich habe ihnen meine Freundschaft angeboten und das später bitter bereut, weil sie ebenfalls im abfälligen Ton mit mir gesprochen haben. Mir ist eingefallen, dass auch meine Eltern - vor allem meine Mutter - das früher mit mir gemacht haben. Warum kann ich nicht einmal geliebt werden, ohne dass mich die Person gleichzeitig mit Hass überschüttet? Auf den Hass-Faktor kann ich sehr gut verzichten.

Im Umgang mit Männern, an denen ich nur platonisch interessiert war, bin ich die letzten Jahre sehr konsequent gewesen. Folglich verloren sie auch nicht den Respekt vor mir. Trotzdem finde ich es sehr traurig, dass es Menschen gibt, die testen wie weit sie bei mir gehen können.

LG
Rike

Sonnenblume10
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Re: Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Beitrag von Sonnenblume10 » Do 5. Jul 2012, 10:47

Hallo, Rike,

genau um die Projektionsfläche, die Du angesprochen hast, geht es. Wir scheinen problembeladene Männer anzuziehen während normal bindungsfähige von uns nichts wissen wollen oder wir sie nicht wollen oder sie uns nicht wollen.
Ich frage mich immer noch, was hat mich seinerzeit so an ihm fasziniert und leider musste ich feststellen, dass ich trotz der schlimmen Erfahrungen und langer Kontaktsperre immer noch Gefallen an ihm finden könnte. Das wurde mir bewusst, weil wir uns nach Monaten letzthin zweimal begegneten. Da kam vieles wieder in mir hoch.

Also stimmt etwas mit uns auch nicht, sonst würden wir nicht an solche Männer geraten. Ich nehme an, der Bindungsphobiker nimmt instinktiv bei uns wahr, dass wir liebesbedürftig sind, anhänglich und viel für eine funktionierende Beziehung tun würden. Das scheint ihn anzuziehen, weil er ja in sich auch eine starke Sehnsucht nach emotionaler Geborgenheit in sich trägt. Die Sehnsucht ist da, bloß hat er sie aufgrund seiner frühen Erfahrungen eine andere Schiene gewählt, nämlich Rückzug und Isolation und den anderen um Gottes willen nicht zu nahe an sich ran zu lassen. Denn er hat verinnerlicht, wenn mir ein anderer Mensch nahe kommt, wird er gefährlich für mich. Der BP kennt nur ein Credo tief in seinem Inneren, das heißt: Ich werde todsicher von Menschen, die mir am wichtigsten und nächsten sind, verlassen. Und aufgrund dieses Wissens verhält er sich so und stößt den anderen weg und kann keine Bindung halten. Der BP weiß das alles nicht, aber er handelt nach seinen Kräften und Motiven, die im Unbewussten in ihm schlummern.

Der Therapeut sagte mir mal: wir leben das nach was wir kennen. Denk mal über Dein familiäres Umfeld nach, über Deinen Vater, Deine Mutter oder sonstige Bezugspersonen. Du lebst unbewusst das Programm nach, das vorgelebt wurde. Du hast es ja selbst schon angesprochen.
Ich habe das bei mir auch entdeckt. Mein Vater war für mich zwar da, aber irgendwie auch unerreichbar. Er war ja in der Arbeit, meine Mutter Hausfrau. Aber schon immer idealisierte ich meinen Vater als etwas Besonderes und er verhielt sich in der Ehe auch so, dass er Anklänge an einen BP hatte. Er stürzte sich z.B. in seine Arbeit, liebte seinen Beruf über alles und nahm sogar noch einen Nebenjob an, einfach weil es ihm Spaß machte, junge Menschen zu unterrichten, mit denen er auch immer sehr gut zu Recht kam. Geld war ein Motiv, Selbstbestätigung ein anderes, aber ich nehme an, es war auch ein legales Mittel für ihn, weniger zu Hause zu sein. Meine Mutter hingegen war diejenige, die mehr Zuneigung, mehr Zuspruch von seiner Seite gebraucht hätte, die aber außen vor blieb und in seinem Leben nicht die Rolle spielte, die sie gerne gehabt hätte.
Dann fand ich letzthin noch Briefe meiner Mutter an meinen Vater zufällig in einem Schrank im Keller. Da wir Wasser im Keller hatte, waren sie durchweicht und ich habe sie zum Trocknen auseinander genommen und meinem Vater gegeben. Einige habe ich gelesen und es machte mich tief betroffen, wie die Beziehung in den ersten Jahren schon aussah. Sie klammerte, sie sorgte dafür, dass er sie nicht vergaß, lief ihm hinterher und versuchte ihn zu erziehen. Da dachte ich mir dann, na klar, ich verhalte mich in Beziehungen wie sie. Denn mir wurde Verlustangst beigebracht. Und was tut derjenige, der Angst um den Partner hat? Er versucht ihn an sich zu binden. Mein Vater war für mich irgendwie schwer erreichbar. Und offenbar interessiere ich mich genau für solche Männer, die schwer oder kaum erreichbar sind.
Mein Vater war etwas Besonderes für mich, aber auch zu wenig da. Ich erinnere mich an einige Situationen, wo ich ihn gebraucht hätte, um ein Bollwerk gegen meine Mutter zu sein, wo er sich aber entzog bzw. einfach nicht da war oder weg ging. Ich fühlte mich damals ziemlich einsam und verlassen und ich befürchte, diese Verlustängste trage ich mein ganzes Leben mit mir.
Gleichzeitig kann ich in Beziehungen aber auch den überlegenen Part einnehmen und meinen Partner auf Abstand halten, nicht da sein, dauernd weg sein und meinen Partner das Gefühl geben, dass er nicht so wichtig ist. Auch das habe ich schon erlebt.
Je nach Partner wechsle ich die Rollen, aber meistens befinde ich mich in der Position des anhänglichen Partners mit Verlustangst. Und gerade so jemand zieht einen BP an.
Ich denke da kommen zwei Menschen wie Puzzleteile zusammen. Der eine hat Ausbuchtungen bzw. Zäpfchen und der andere liefert die passenden Gegenteile. Es kommt zunächst zu einer Symbiose, solange die Verbindung in der Verliebtheit sehr eng ist. Im Lauf der Zeit ändert es sich und die Nähe wird zu groß und muss von einem von beiden reduziert werden. Es kann nicht funktionieren, weil im Grunde beide leiden. Derjenige, der permanent Liebe und Nähe sucht und der andere, der sie verweigert, weil er die Erwartungen spürt, die er nicht erfüllen kann.

Tja, es ist zwar schön, wenn wir erkennen, was mit uns los ist. Bloß was wir dagegen tun können, weiß ich nicht. Vermutlich nicht viel, denn auch wir wurden programmiert. Aber vielleicht hilft das Wissen schon, um sich künftig besser zu schützen und vor allem Mechanismen in Beziehungen besser zu durchschauen. Die Beziehung mit meinem Ex war mit Abstand die schlimmste, die ich durchgemacht habe, aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, weil frühere Erfahrungen mit zunehmendem zeitlichen Abstand ja an Wichtigkeit verlieren.

Ich meinte übrigens nicht, dass sich Historiker widersprüchlich verhalten. Sie sind oft auf ihre Art etwas Besonderes, aber haben es oft schwer, sich beruflich zu etablieren. Ist ja klar, da selten ausdrücklich ein Historiker gesucht wird. Ich meinte das in rein beruflicher Hinsicht.

Rike007
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Re: Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Beitrag von Rike007 » Do 5. Jul 2012, 11:49

Hallo Sonnenblume,

du hast Recht: In meiner Familie spielte der Wechsel zwischen Idealisierung und Entwertung ebenfalls eine Rolle. Meine Eltern bezeichnen ihre Ehe als glücklich, aber als ich noch zu Hause gewohnt habe, gab es eine Menge Streit. Verletzende Worte waren häufig an der Tagesordnung. Meine Mutter hat meinem Vater mehrmals gesagt, dass er genauso dumm wie seine alkoholkranken Eltern sei, während er ähnliche Sprüche mit Hinweis auf ihre Mutter, die Analphabetin war, von sich gegeben hat. Andererseits war immer eine tiefe Liebe zwischen ihnen. Im Umgang mit mir waren sie genauso. Wie oft musste ich mir anhören dass ich eine Versagerin sei, die nichts in ihrem Leben auf die Reihe bekommt. Meine Eltern waren zwar immer für mich da, aber ich hatte auch Angst vor ihren Stimmungsschwankungen. Seit ich ausgezogen bin, läuft es sehr gut. Trotzdem ändert sich nichts in Bezug auf mein Liebesleben.

Auch mit alten Freunden und Bekannten habe ich schon die Erfahrung gemacht, dass ich wie aus dem heiteren Himmel böse, abfällige Bemerkungen zu hören bekam. Früher habe ich mir das leider zu oft gefallen lassen, und irgendwann kündigten mir die Leute die Freundschaft, weil sie keinen Respekt mehr vor mir hatten. Seit einigen Jahren bin ich dazu in der Lage, Kontakte abzubrechen und grenze mich bewusst vor solchen Verhaltensweisen ab. Meine jetzigen Freunde haben mich noch nie mit abfälligen Sprüchen niedergemacht, sonst hätte ich sie aus meinem Leben verbannt.

Mich würde interessieren was ich machen muss, damit erst keiner mehr auf die Idee kommt, mich in irgendeiner Form zu entwerten. Das tut so weh, vor allem wenn man in diesen Menschen verliebt ist. Jeder Mann, mit dem ich bisher zusammen war oder für den ich mich interessierte, fing eines Tages an, mich psychisch runterzuputzen. In so einem Fall kann ich Schluss machen und den Kontakt abbrechen, aber wenn der nächste Partner das auch macht und der übernächste ebenfalls, dann setzt sich das immer wieder fort und keine Beziehung hält auf die Dauer. Mir geht es darum, dass so etwas erst gar nicht passiert. Ich wünsche mir einen Partner, der mir Achtung und Wertschätzung entgegenbringt, und zwar in sämtlichen Lebenslagen und nicht nur, wenn er gute Laune hat.

Traurige Grüße
Rike

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Re: Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Beitrag von Sonnenblume10 » Fr 6. Jul 2012, 15:20

Hallo, Rike,

ich denke, ein erster Schritt ist bereits getan. Wir hinterfragen unsere Verhaltensweisen und unsere Beziehungsmuster. Wir wissen, welche Bereiche problematisch sind.
Was wir nicht wissen ist, was wir dagegen tun können.

Ich habe darüber nachgedacht und mir fiel wieder eine kleine Geschichte ein.
Ich habe eine Schwester, die einige Jahre jünger ist als ich und mit der ich während der Kindheit und Schulzeit viel zusammen war. Wir kennen einander sehr gut, wissen genau, welche Stimmung die andere hat und registrieren kleine Veränderungen beim anderen. Wir wissen wo wir vorsichtig sein müssen und wobei wir aufpassen wissen.
Vor etlichen Jahren hatte sie eine Krisenzeit. Sie hatte den Pfad verloren, hatte keine Perspektive, sie hatte sich verrannt. Sie gab Geld aus, das sie nicht hatte, bezahlte ihre Miete unzuverlässig, verbummelte ihr Studium. Mein Vater richtete was möglich war, meine Mutter war schon einige Jahre tot. Ich selbst lebte damals in einer anderen Stadt, beobachtete das aus der Ferne und war im Grunde genommen wütend auf sie, weil ich der Meinung war, dass sie sich das Leben zu leicht macht. Das stimmte auch. Aber ich wurde hochmütig. Ich hatte mein Leben im Griff, meinen Job, meinen Partner, sie war der Versager. Unser Kontakt beschränkte sich auf wenige Gelegenheiten und auch da war eine große Spannung spürbar und oft genug endeten Begegnungen aggressiv.
Ich übersah damals, dass ihr Scheitern auch nur Ausdruck von tiefer liegenden Problemen war und zog mich rechthaberisch auf meine Position zurück und wertete mich gegenüber ihr auf. Kein Wunder, dass der Kontakt nicht gut war.
Ich hatte oftmals regelrecht hasserfüllte Gedanken ihr gegenüber, obwohl sie ja weg war. Irgendwann wurde mir bewusst, dass ich mir damit selbst schade, weil mich die schlechten Gedanken negativ beeinflussten.
Im Lauf der Zeit, als ich das erkannt hatte, wusste ich, dass ich bei mir selbst ansetzen muss. Und im weiteren Lauf der Zeit gewann ich eine gelassenere, friedlichere Einstellung ihr gegenüber. Die negativen Gedanken verflüchtigten sich. Was dann geschah, war noch bemerkenswerter. Ohne dass wir jemals darüber gesprochen haben, trug sich meine Einstellung ihr gegenüber nach außen, sie spürte sozusagen, da ist kein Kriegsschauplatz mehr. Heute haben wir einen entspannten Kontakt, unternehmen öfters etwas und kommen gut miteinander aus. Wir akzeptieren einander so wie wir sind. Sie hat ihren Weg gefunden, einen Beruf, der eher Berufung als Job ist und einen prima Ehepartner.
Nur wenn wir unsere Einstellung ändern, unsere Gedanken in eine andere Richtung lenken, können wir etwas bewirken. Wir senden andere Signale an unsere Umwelt und andere Menschen werden das bemerken. Das alles läuft ganz unbewusst und daher von uns unbemerkt ab. Aber wenn sich unsere Einstellung zu uns selbst und zur Umwelt ändert, werden uns andere Menschen bemerken und auf uns zugehen, während die, die früher auf uns ansprangen, weg bleiben, weil sie keine Angriffsfläche mehr finden.

Ich glaube, das ist der einzige Weg um eine Veränderung zu bewirken. Wir müssen bei uns selbst ansetzen, an uns arbeiten, uns hinterfragen und genau auf unser Inneres hören. Was beschäftigt uns am meisten, wo haben wir negative Gedanken? Das sind die Wegweiser, auf die wir achten müssen.

Wenn Du bisher Partner hattest, die Dich nach einiger Zeit demontierten, Dir weh taten, dann deshalb, weil Du es zugelassen hast. Der Partner spürt, dass er das mit Dir machen kann, er findet eine Spielwiese für seine Launen, seinen Frust, seine Defizite und lebt sie an Dir aus. Mir ging es genauso, ich ließ es zu, XXX spürte es und spannte den Bogen immer mehr, bis von mir mehr oder weniger ein Häufchen Elend übrig blieb, das nur eine Perspektive sah: Du musst mich doch lieben, also liebe mich doch endlich!
Ich muss meine Einstellung zu mir selbst ändern, mich mehr annehmen als früher und ich fühle, dass ich auf einem guten Weg bin. Veränderungen in unserem Inneren tragen sich automatisch nach außen, teilen sich anderen mit.

Ich bin von Grund auf ein schüchterner und unsicherer Mensch. Ich hatte Angst fremde Leute kennen zu lernen, weil ich immer befürchtete, auf Ablehnung zu stoßen. Ich verreiste nicht allein, weil ich Angst davor hatte und Minderwertigkeitskomplexe. Alle sind zu zweit oder in der Gruppe, nur Du bist allein. Eine Veranstaltung wie ein Konzert, eine Theatervorstellung alleine zu besuchen, erschien mir unmöglich und eine Party zu besuchen, auf der ich keinen kenne, war eine Horrorvorstellung. Da habe ich heute noch Vorbehalte. Ich stand mir selbst im Weg und gab meiner Schüchternheit und Unsicherheit viel Platz.
Mit der Zeit bemerkte ich, dass mir die Schüchternheit nicht hilft. Ich stehe mir selbst im Weg, ich habe Blockaden, weil ich Angst habe. Andere Menschen mögen Dich oder auch nicht, aber das ist eigentlich nicht wichtig. Sie nehmen Dich an oder denken sich, die ist blöd oder langweilig. Das macht nichts, denn es gibt auch andere, die Dich gerne haben. Ich lernte mit meiner Schüchternheit umzugehen. Sie ist nicht etwa weg, weil sie eine Grundeigenschaft von mir ist, aber ich leide nicht mehr darunter. Ich kann mit anderen Menschen sprechen, ich habe gelernt, auf andere zuzugehen und keiner käme mehr auf die Idee, dass ich im Grund genommen ein unsicherer Angsthase bin. Ich bin nach der Trennung ganz allein auf einen Kongress gefahren, in eine große Stadt, vor der ich als Provinzpflanze mächtig Respekt hatte. Ich hatte Angst, ich wäre der Großstadt nicht gewachsen und würde mich einsam fühlen. Aber es kam ganz anders. Alles klappte ganz hervorragend, ich fühlte mich prima. Ich hatte Kontakt zu anderen Menschen und auch wenn ich alleine war, fühlte ich mich wohl. Und weil es so schön war, machte ich das kürzlich gleich nochmals. Und dieses Mal war es noch besser, obwohl ich XXX wieder getroffen habe, was mich aber nicht so sehr beeinträchtigte.
Ich habe mich unabhängiger gemacht und das freut mich.
Meine veränderte Grundeinstellung trägt sich nach außen, sie teilt sich mit. Und genauso ist es mit den Partnern, die wir anziehen. Wenn sie spüren, dass Du Dir Demontage nicht mehr gefallen lässt, werden sie es sein lassen bzw. diese problembeladenen Männer, die mit sich selbst nicht klar kommen, werden sich nicht mehr für Dich interessieren.

Daher brauchst Du nicht traurig zu sein. Das alles geht nicht von heute auf morgen, das alles ist ein Prozess, den wir durchleben müssen und dafür brauchen wir Geduld, Einsicht und wir müssen genau bei uns hinschauen. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir in unserem Inneren und in dem was sich anderen mitteilt, etwas ändern können.

XXX fährt wohl weiter auf seinem Karussell, denn es ist ihm gut bekannt und das gibt ihm Sicherheit. Es besteht aus Phasen des Alleinseins, wo er zunächst die Allmacht fühlt, die die selbst gewählte Einsamkeit mit sich bringt, wenn er wieder mal eine Partnerin verabschiedet hat. Uff, nochmals davon gekommen, Gott sei Dank! Was machen wir morgen, was ist geboten? Die alte Freundin interessiert nicht mehr.
Nach einigen Wochen dann verliert das Alleinsein an Glanz. Er fühlt die grenzenlose Einsamkeit und Isolation, die er selbst gewollt hat und auf einmal ist das nicht mehr so attraktiv. Hallo, keiner da, der mich lieb hat, der mich toll findet, der mir hilft?
Ja klar, fahr nach YY und lerne zufällig Sonnenblume kennen. Die hat zur Zeit selbst gewaltige Defizite und Mangelerscheinungen. Auch sie braucht mal wieder Zuspruch und Zuneigung. Da kommt XXX doch gerade recht und wird erobert. Und es beginnt die Zeit der Geigenklänge und der rosaroten Farben, bis uns die Realität wieder einholt. Über den Rest brauche ich keine Worte zu verlieren ...
Ich denke, ich spürte seinen Mangel und seine Einsamkeit, die er zwar einerseits gewollt hatte, mit der er andererseits nicht zu Rande kam. Und er spürte meinen Mangel. Zwei Lahme können zusammen noch lange nicht gehen.
Dann machte er Schluss, fühlte wieder die Erleichterung des Alleinseins, um es ein paar Monate später mit der nächsten "weißen Fee" zu versuchen.

Ich habe das Karussell aus gescheiterten Affären und verletzten Gefühlen verlassen, denn ich glaube das Leben ist zu schade, um in einer Endlosschleife von immer gleichen Verhaltensweisen zu leben.

Ich glaube, wenn Du in Deinem Inneren etwas änderst, werden die Männer die Dir schaden, automatisch weg bleiben. Aber diese Veränderung braucht Zeit, es geht nicht von heute auf morgen, es dauert Monate, vielleicht länger. Aber es ist möglich.

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Re: Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Beitrag von Rike007 » Sa 7. Jul 2012, 08:12

Du hast Recht, meine Einstellung zu mir selbst spielt mit Sicherheit eine Rolle. Ich hatte in den vergangenen Jahren berufliche Probleme, die bis zum heutigen Tag anhalten. Nach längerer Phase als Zeitarbeiterin fand ich im Frühjahr 2007 endlich eine Festanstellung. Leider kam ich vom Regen in die Traufe. Die Arbeit war okay, aber das Klima war der Horror. Ich war damals ein psychisches Wrack und habe nach nur 11 Monaten wieder die Arbeitsstelle gewechselt. In der nächsten Firma hatte ich einen 1-Jahresvertrag, der dann nicht verlängert wurde. Die Leute waren nie zufrieden, ich konnte ihnen nichts Recht machen. Ich habe auf einem völlig neuen Arbeitsgebiet angefangen und fand meine Leistung nicht schlecht, wenn man bedenkt dass ich keine richtige Einweisung hatte. Die Leute aber verlangten, dass ich schon nach wenigen Wochen so perfekt funktionierte wie meine Vorgängerin, die 22 Jahre in der Firma war. Als mein Vertrag auslief, war ich erstmal ein halbes Jahr lang arbeitslos.

Obwohl ich zahlreiche Bewerbungen geschrieben habe, wurde ich nirgends fest eingestellt und musste wieder zurück zur Zeitarbeit, wo ich jetzt seit fast 2 Jahren wieder bin. Ich möchte unbedingt in einem Großkonzern arbeiten und habe auch fast immer Einsätze in einer großen Firma. Die Übernahmechancen sind aber schlecht, weil im Herbst meistens ausgelernte Azubis eingestellt werden und ich dann gehen muss. Da gehört sehr viel Glück dazu. In kleinen Firmen fühle ich mich unwohl, weil der Druck dort größer ist und ich Angst vor einer Kündigung habe. Außerdem wird man schlecht behandelt und muss mit heftigen Konsequenzen rechnen, wenn man sich wehrt. Und ich lasse mir nicht alles gefallen, denn das halte ich nicht aus. Weil man bei der Zeitarbeit sehr schlecht verdient, bin ich auf einen Nebenjob angewiesen. Da ich nebenbei noch studiere, habe ich wenig Freizeit. Manchmal leidet mein Haushalt darunter, und ich komme mit der Postbearbeitung nicht immer pünktlich hinterher. Aber ich arbeite daran und gebe mir Mühe, endlich einen guten Job zu finden, damit ich wenigstens keine finanziellen Sorgen mehr habe.

Um ehrlich zu sein, war mir die Partnersuche in den vergangenen Jahren wichtiger... Ich war noch nie der Typ Karrierefrau, bei mir standen Familie und Freunde immer weiter oben in meiner Prioritätenliste. Ich hatte gehofft einen Mann zu finden, der einerseits gebildet ist und dem ich andererseits auch wichtiger bin als Job und andere Sachen. Leider ist mir das nicht gelungen.

Momentan bin ich wieder am Überlegen, ob ich diesem Mann nicht doch eine Mail schreiben und ihn fragen soll, warum er damals den Kontakt abgebrochen hat. Ich würde allgemein gerne wissen, warum viele Leute bei zufälligen Treffen ständig meine Nähe suchen, aber sich im Alltag nicht um mich bemühen bzw. was ich machen sollte, damit es besser klappt. Es ist nicht so, dass ich sofort springe wenn jemand mich mal treffen möchte... aber es kommen ja so gut wie keine Fragen nach Treffen, ich krieg´ nicht mal die Gelegenheit um das unter Beweis zu stellen.

Rike007
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Re: Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Beitrag von Rike007 » Sa 7. Jul 2012, 12:52

Es fällt mir immer noch schwer zu begreifen, wie man einen Menschen von einem Tag auf den anderen aus seinem Leben streichen kann. Außer natürlich, wenn etwas Krasses vorgefallen ist, was bei uns nicht der Fall war. In 2 Wochen sehe ich ihn wieder. Ich weiß nicht ob ich es bis dahin aushalte und ihn nicht schon vorher anschreibe... Mir ist das nämlich schon mit mehreren Personen passiert, dass sie sich wortlos zurückgezogen haben. Und egal wie ich mich verhalten habe - ob ich nachgebohrt oder nicht reagiert habe - sie kamen nicht mehr auf mich zu. Ich kann damit nicht umgehen. Es zerreißt mich innerlich, wenn ich nicht weiß was passiert ist.

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Re: Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Beitrag von Sonnenblume10 » Mo 9. Jul 2012, 09:13

Hallo, Rike,

Mein Meinung ist, schreib ihn nicht an. Glaub mir, es würde Dir nicht helfen. Gehst Du auf ihn zu, bietest Du ihm wieder eine Angriffsfläche, auf die er todsicher "einschlagen" würde. Eine ehrliche Antwort bekämst Du eh nicht und zwar deswegen, weil er sie selbst nicht kennt. Geh davon aus, dass er von seinem Unbewussten gesteuert wird und dass er keine Ahnung von seinen Verhaltensweisen hat und eine andere Sicht auf die Mitmenschen und Umwelt als Du. Ich glaube nicht, dass man solche Menschen sozusagen erreichen kann.

Entweder er fühlt sich bestätigt, weil es ihm schmeichelt und er sich sagen kann, wusste ich doch, dass sie sich bei mir melden wird. Oder er fühlt eine Kontaktaufnahme als Bedrohung und wird aggressiv. Oder aber er interessiert sich einfach nicht mehr für Dich, er hat Dich aus seinem Leben gelöscht und Du bist nicht wichtig und bedeutsam für ihn.
Ich bin mir sicher, dass eine Kontaktaufnahme deinerseits nicht den gewünschten Erfolg, nämlich eine ehrliche Aussprache nach sich ziehen wird. Und dann wirst Du womöglich noch mehr leiden.

Wir können in diese Menschen nicht hineinschauen und sie noch weniger begreifen. Ich bin heute noch ratlos darüber, dass er damals für mich doch überraschend, nämlich als unsere Beziehung wieder besser geworden war und ich mich wieder wohler darin fühlte, alles beendet hat. Die Einsicht, dass die Beziehung, die Dinge, die wir teilten, für ihn weitaus bedeutungsloser waren als für mich, schmerzt mich manchmal noch heute. Ich dachte mir, wir haben unsere Wochenendbeziehung gut eingerichtet, es läuft jetzt alles besser, wenn auch nicht in allem zufriedenstellend, aber ich sah wieder Hoffnung auf eine längerfristige Beziehung. Und dann genügte eine einfache Frage nach einer kleinen Reise über ein Wochenende (ein Vorschlag, den er Monate vorher selbst gemacht hatte), um ihn in die Flucht zu schlagen. Es wurde ihm bewusst, dass er eigentlich in unserer Beziehung nicht glücklich war, schon länger. Und dass sein Festhalten an der Beziehung trotz seines Gefühls der Unzufriedenheit und des Unglücks keine Basis für uns sein könne. Mir rutschte der Boden unter den Füßen weg, als ich das las und das Kartenhaus, das ich über Monate mühsam in der Balance gehalten hatte, stürzte innerhalb von Sekunden in sich zusammen. Es war das eingetreten, was ich instinktiv und tief in meinem Inneren geahnt und vorausgesehen, aber auch verdrängt hatte.

Die Beziehung war damals ausgeglichener geworden, ich hatte die Rolle der Unterlegenen verlassen, spürte, auch ich konnte in der Beziehung etwas bewirken und dann geht er, innerhalb eines Wochenendes, während dessen er sich vergraben hat und nicht erreichbar war.
Heute ist mir klar, dass BPs dann gehen, wenn die Beziehung besser geworden ist. Sie gehen, weil sie die Bedrohung einer festen Bindung spüren und nicht aushalten. Eine Beendigung ist die logische Konsequenz. Für sie, nicht für uns.

Ich habe ihn hinterher gefragt, was eigentlich ihn an mir gestört hat, dass er mich so schnell los werden musste und habe keine befriedigende Antwort erhalten. Eigentlich nichts Konkretes, nein, ich hätte keine Eigenschaften, die ihn massiv gestört hätten. Manchmal bin ich auf der Negativschiene unterwegs, das sei eigentlich das einzige, aber das sei auch nicht so gewesen, dass es ihn beeinträchtigt hat.
Heute ist mir klar, ich als Person war für ihn vermutlich nicht störend war, aber die Beziehung als solche war zur Last und Bedrohung geworden.
Er schrieb mir damals: "Ich weiß nicht, was das ist? Ich verstehe es nicht, denn ich muss doch wollen! Aber alles in mir schreit, ich will nicht, nein, ich will nicht!"
Das waren die Worte eines völlig panischen Menschen, der nur noch eine Möglichkeit sieht, die Flucht. Und dann ist alles andere, die schönen Momente der Beziehung, die gemeinsame Freizeit usw. für ihn vollkommen unwichtig, weil seine Angst alles dominiert.

Lass den Mann sein, ich glaube, es würde Dir nicht gut bekommen, nochmals Kontakt zu suchen. Versuche Dich von ihm zu lösen, lass ihn seinen eigenen Weg gehen, der kein Weg ist, da er kein Ziel hat, sondern ein Karussell auf dem er fährt und das er nicht verlassen kann. Mach Dir klar, dass Du für ihn nicht weiter bedeutsam bist. Du hast vielleicht eine Chance, wenn er sich gerade wieder einsam fühlt und Zuspruch und Zuwendung braucht. Dann lässt er Dich vielleicht näher an Dich ran, aber im Grunde ist es sein eigener Egoismus, der ihn dazu bewegt und nicht etwa Du als Person. Du witterst dann wieder eine Chance, aber irgendwann stehst Du wieder vor einem Scherbenhaufen. Meinst Du nicht, dass Du Dir zu schade dafür sein solltest?

Du bist traurig, Du verstehst den BP nicht, Du weißt nur, wie er funktioniert, nämlich im zwischenmenschlichen Bereich gar nicht. Und das Gefühl des Mangels flüstert Dir ein, versuche doch nochmals, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Auch er muss doch daran interessiert sein, dass wir zu einem unverkrampften Umgang miteinander kommen können. Das meine ich, das meinst Du, aber ob er es auch meint, daran habe ich meine Zweifel. Geh davon aus, dass er Dich damals aus seinem Leben entfernt hat und zwar endgültig.
Das ist nicht schön für Dich, denn es nagt an Deinem Selbstwertgefühl, aber das solltest Du lieber in anderen Lebensbereichen aufpolieren. Z. B. im Beruf, denn der Beruf bleibt Dir immer, bei einem Mann ist das längst nicht sicher.

Ich weiß nicht, ob Dich meine Meinung dazu beeinflusst, aber es interessiert mich auf alle Fälle zu lesen, wie Du Dich entscheidest.

Es ist leider so, dass wir im Leben mit Menschen zu tun haben, die uns Leid zufügen. Sie wollen das vielleicht nicht, aber sie tun es, weil sie nicht anders können. Er vermisst Dich vermutlich nicht, nur Du ihn.

Rike007
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Re: Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Beitrag von Rike007 » Di 10. Jul 2012, 04:42

Ja, du hast Recht... es ist besser, wenn ich es lasse. Am WE ging es mir nach längerer Zeit wieder sehr schlecht. Mir ist klar, dass eine Partnerschaft mit diesem Mann viele Probleme mit sich bringen würde. Nur hat es lange gedauert, bis das gemerkt habe... da steckte ich schon viel zu tief drin. In meinem Inneren ist so viel kaputt gegangen. Es wird lange dauern, bis die Wunden in meiner Seele verheilt sind. Aber die Narben werden wohl bleiben. Ich glaube nicht, dass ich mich jemals wieder verlieben kann. Diese Geschichte hat aus mir eine seelisch kaputte Frau gemacht :( .

Sonnenblume10
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Re: Loslassen eines Menschen mit Bindungsangst

Beitrag von Sonnenblume10 » Di 10. Jul 2012, 10:52

Nein, Rike,

es bleibt nichts wie es war! Wir werden aufgrund der desaströsen Beziehungen nicht beziehungsunfähig werden. Wir werden vorsichtiger und achtsamer werden, da bin ich mir sicher. Aber wir können an solchen Erfahrungen auch wachsen und reifen und vielleicht sind sie, obwohl sie schwer zu bewältigen sind, auch wichtig für uns.

Mir wurde durch die Geschichte mit XXX erst klar, dass ich das alles schon mal erlebt habe und zwar vor 15 Jahren. Das selbe Beziehungsmuster und das selbe traurige Ende von heute auf morgen! Damals habe ich nicht verstanden, was eigentlich ablief, was mit ihm los war und mit mir.
Und jetzt alles nochmal! Ich denke, es musste so sein, denn alles was wir an Problemen nicht bewältigen, kommt todsicher zu uns zurück. Also sieh es von der positiven Seite.

Du wirst noch öfter Phasen haben, in denen Du traurig an ihn zurückdenkst. Die habe ich heute noch und auch ich denke mir manchmal, es sollte noch eine Aussprache mit ihm möglich sein. Ich würde es mir wünschen, obwohl mir klar ist, dass ich keine Beziehung mehr mit ihm eingehen würde. Aber ich würde mir eine Beziehung wünschen, die ein wenig freundschaftlicher geprägt ist. Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen wir uns begegnen, sollte meiner Ansicht nach ein unverkrampfter Umgang möglich sein. Dann müssten beide nicht so tun, als sähen sie den anderen nicht und sich so verhalten, als hätten sie sich nie näher gekannt. Dass das mit ihm nicht möglich ist, macht mich immer noch traurig. Aber ich muss davon ausgehen, dass er anders darüber denkt. Und das wird bei Deinem Ex genau so sein. Diese Menschen streichen und entfernen andere Menschen konsequent aus ihrem Leben, trauern ihnen nicht nach, wollen sie am liebsten nicht mehr sehen, aber glücklich werden sie dadurch auch nicht. Denn auch sie vertagen ihre Probleme nur, die sie dann beim nächsten Mal wieder einholen.

Erst heute morgen hatte ich wieder einen kleinen Durchhänger. Du siehst, mich trifft es heute noch und das nach zwei Jahren! Ich träumte davon, dass ich mit ihm unter vier Augen reden könnte und weiß doch, dass es nicht möglich ist. Vielleicht in zwei Jahren oder so, aber ich gehe davon aus, dass er bis dahin endgültig nicht mehr wichtig für mich ist. So war es mit dem Freund vor 15 Jahren. Ab und zu sehe ich ihn irgendwo gehen und denke mir: Oh Mann, was hast Du damals nur an dem gefunden! Was hast Du um den geweint und getrauert!
Wenn wir uns begegnen, grüßen wir einander zumindest, aber ein persönliches Wort reden wir nicht. Ich interessiere mich nicht mehr für seine Angelegenheiten, er tangiert mich nicht mehr. Und das wird mit XXX und Deinem Fußball-Historiker genauso sein. Wir tun uns nur mit dem endgültigen Abschied viel schwerer als sie.

Heute morgen machte ich mir wieder mal Gedanken über das Leben. Menschen sind irgendwo alle gleich, sie brauchen einander, sie brauchen Bindungen und ein Zugehörigkeitsgefühl. Die aus kaputten Familien, wie es sie oft gibt, suchen sich ein anderes Netzwerk aus Freunden. Penner am Bahnhof, Rocker mit ihren Motorrädern, Punks, die gruppenweise irgendwo lagern, Gemeindemitglieder in einem Bibelkreis, sie haben alle etwas gemeinsam. Sie brauchen andere Menschen, sie brauchen Menschen, mit denen sie etwas verbindet. Ähnlicher Lebenshintergrund, ähnliche soziale Lage, ähnliche Lebensanschauungen. Wer kein Zugehörigkeitsgefühl in der Familie, mit Freunden, in der Jugendgruppe oder sonstwo hat, sucht sich wo anders Menschen, mit denen ihn etwas verbindet. Das ist eine Grundtendenz des Menschen, die seit Urzeiten bei uns allen eingepflanzt ist. Bereits in der Steinzeit lebten Menschen in Gruppen und Verbänden zusammen, weil sie alleine meist nicht überlebensfähig waren. Sie brauchen ausnahmslos ein soziales Netzwerk und Facebook z.B. ist dafür zu wenig. Auch Menschen mit ähnlichen Interessen sind hilfreich, auch wenn sie enge Beziehungen nicht ersetzen können. Wer das ablehnt oder glaubt, er braucht andere nicht, stellt sich im Endeffekt selbst ein Bein.
Auch unsere BPs streben nach Wärme, Geborgenheit, Liebe und Beziehung, weswegen sie phasenweise auch immer wieder eine eingehen. Sie haben aber das Pech, dass sie keine engere Beziehung ertragen und aushalten können. Daher sind sie ewig auf der Suche und pendeln zwischen Zeiten des sozialen Rückzugs und Zeiten mit engen persönlichen Bindungen hin und her. Eigentlich ein trauriges Leben ohne Entwicklungspotential und traurig sind sie oft auch. Mein XXX ist kein fröhlicher, unbeschwerter und unkomplizierter Mensch. Er wirkt ernsthaft und manchmal, wenn man ihn allein sieht, wirkt er verloren. Das ist mir oft aufgefallen und das zog mich wohl auch zu ihm hin. Ich vermute, ich spürte bei ihm den Mangel an Geborgenheit und Zugehörigkeit und genau das zog mich magisch an. Eine Art Helferinstinkt war wohl erwacht und ich (ausgerechnet ich mit meiner Verlustangst!) wollte ihn vermutlich sozusagen retten. Warnungen seinerseits schlug ich, blind vor Verliebtheit, in den Wind und bildete mir ein, mit mir wird es anders sein. Als ich ihn dann auch so weit hatte, bildete auch er sich ein, dieses Mal wird es halten, dieses Mal wird es nicht auseinander gehen! War wieder mal nix!
Ich hoffe, dass ich mich von solchen Instinkten künftig weniger leiten lasse.
Was hat ihn denn für Dich interessant gemacht? Mach Dir darüber mal Gedanken.

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