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von Sonnenblume10 » Mo 7. Jul 2014, 12:52
Schätzchen, das wird alles! Alles wird gut, ganz sicher. Und eines Tages wirst Du nur noch mit einem kleinen Lächeln über Dich und Deine Wut-und Frustgedanken an das Jetzt zurückdenken. Dein Ex. wird sein leben - weg von Dir und es wird Dich eines Tages nicht mehr interessieren, wie gut oder schlecht es ihm geht.
Als sich meiner vom Acker machte, da hatte ich auch diese wundervollen Gedanken, seltsamerweise aber nur ihm gegenüber. Die Neue konnte eigentlich nichts dafür. Sie war zwar schon interessiert, als er noch mit mir liiert war, aber ich bin mir sicher, dass er ihr damals nicht erzählt hat, dass es eine Freundin gibt - eigentlich. Kaum war unsere Beziehung zu Ende, erhielt ich Mails. Er sei auf einem Tangokonzert gewesen und das sei sehr schön gewesen. Ich dachte mir nur, na Dein Interesse an Tango war doch immer sehr begrenzt und jetzt das. Und dann war da noch so eine seltsame Vernissage ...
Wir standen damals noch in Mailkontakt, rein "freundschaftlich", wovor ich heute abrate. Man verletzt sich nur selbst damit.
Tja, also eine Vernissage, zu der er eingeladen worden sei. Von wem , sagte er nicht und ich fragte nicht, denn mich ging es ja nichts mehr an. Aber seltsam war es doch. Zwei Wochen später erkundigte ich mich nach besagter Vernissage am Telefon. So ganz beiläufig fragte ich danach, wie es dort denn so gewesen sei. Er erzählte ein wenig davon und ich fragte wieder ganz beiläufig: wie bist Du denn darauf gekommen?
Ich kannte sein schlechtes Gedächtnis für derlei Details ja mittlerweile.
"Oochh, hmpf, weiß ich nicht mehr. Habe ich wahrscheinlich in der Zeitung gelesen oder so!"
Ich sagte nichts mehr, aber mir war klar, dass er gelogen hatte. Also hatte ihn tatsächlich Jemand oder eine Jemandin eingeladen. Heute ist es mir klar, damals war es mir noch nicht klar, obwohl sich durchaus ein Verdacht regte, dass es mittlerweile schon eine Andere gibt. Einige Wochen nach der Trennung von mir besucht er ein Tangokonzert und eine saublöde Vernissage, während ich mir die Augen ausheule ....!!!!
Einige Monate später war der Kontakt dann ganz beendet. Er teilte mir verklausuliert mit, dass es eine Andere gab. Da kapierte ich endgültig, wie ich mich wieder mal zum Volldeppen mit Auszeichnung gemacht hatte. Was ich mir von dem Kontakt damals versprach, weiß ich heute nicht mehr. Aber die Vorstellung er würde ganz aus meinem Leben verschwinden, erschien mir unerträglich.
Ich wünschte ihm, dass er mit dem Auto verunglücken würde - auf der Rückfahrt von der Neuen. Im Rollstuhl sitzen müsste oder mit Schädel-Hirn-Trauma im Pflegeheim landen würde. Ich wünschte ihm den Tod. Ich jedenfalls würde nicht auf die Beerdigung gehen, sondern ihn später mal am Grab besuchen und ihm sagen: Siehst Du wohl, Du Arschloch, ich lebe noch und Du nicht mehr.
Schreckliche Gedanken, aber ich denke auch, man braucht sie. Es ist ein Mechanismus der zutiefst verletzten Seele, die nach Vergeltung schreit. Man wurde so arg verletzt, dass man nach Ausgleich strebt. Wenn es mir miserabel geht, soll es Dir noch schlechter gehen.
Aber das Leben ist ein ständiger Wandel. Die Gedanken werden weniger und anders, irgendwie versöhnlicher, denn mit der ständigen Wut und dem Wunsch nach Rache schadet man sich nur selbst. Negative Gedanken vergiften einen selbst, vor allem, wenn sie anhalten.
Eineinhalb Jahre nach der Trennung oder waren es zwei, saß ich beim Frühstück. Und er fiel mir ein. Wie lange hatte ich nicht mehr an ihn gedacht? Und auf einmal dachte ich an eine Mail, die er mir vor Urzeiten geschrieben hatte. Kurz nach der Trennung, als ich mich missbraucht, weggeworfen usw. fühlte. Er habe mich ausgenützt, sagte ich. Und er schrieb zurück, ob ich vielleicht nicht auch ihn ausgenützt habe.
Damals dachte ich mir, der macht es sich bequem, verdreht alles zu seinen Gunsten, denn wer hier die A-Karte gezogen hatte, war ganz klar ich. Und doch vergaß ich seinen Vorwurf nie. Zurecht, denn damals beim Frühstück erkannte ich es. Er hatte auch recht gehabt, aus seiner Sichtweise und auch er fühlte sich ausgenützt. Damals begriff ich es, dass die Schuld nicht nur einseitig bei ihm lag, sondern dass da zwei Menschen ihre Fehler gemacht hatten und jeder von beiden auf seine Weise ein Schwein gewesen war. Lug und Trug, Manipulationen, Unehrlichkeit usw. - auch ich hatte gefehlt, ihn ausspioniert und schließlich verloren. Auch ich hatte meine Rolle in diesem traurigen Schauspiel gespielt und ich war nicht so unschuldig wie ich gedacht hatte.
Das dann glasklar zu erkennen, tat nochmals weh, denn sich selbst auch die Rolle der Schuldigen zuweisen zu müssen, war durchaus bestürzend.
Alles änderte sich. Meine Gedanken an ihn wurden neutral und fast wohlwollend. Er war eben wie er war, genauso wie ich. Und er war nie richtig bösartig, aber auch er war verletzt, nicht zuletzt auch durch mich und dann ging er und vergaß. Die Schuld war ziemlich gleich verteilt und manches tat mir im Rückblick selbst leid. Ich konnte ihn ja nicht lassen, wie er war, ich musste ihn ummodeln, wollte ihn gefügig machen, damit er so war, wie ich ihn haben wollte. Ich ließ ihn nicht laufen, nicht frei, sondern litt unter Eifersucht und Mißtrauen, das er spürte, auch wenn ich es verbergen wollte.
Meine ach so groß Liebe war weniger Liebe als Egoismus. Heute schäme ich mich dafür, immer noch.
Wenn wir uns sehen, grüßen wir uns und wir können uns anlächeln. Wut und Rachegelüste sind lange vergangen, übrig blieb eine Art Versöhnung, die unausgesprochen statt gefunden hatte. Vermutlich beidseitig und so soll es auch bleiben. Ich will mich nicht mehr auffressen lassen von kleinlichen bösen Gedanken, dafür besteht kein Anlass mehr und das Leben ist zu kostbar, es damit zu verschwenden.
Er ist präsent in meiner Erinnerung und mein Gehirn hat viel abgespeichert. Gute Gefühle und schlechte, denn die sind hervorragend im limbischen System abgespeichert und können jederzeit hervorgeholt werden. Kennst Du das? Ein bestimmter Geruch und Du denkst an Deine Kindheit? Mir geht es so mit diesen Schokolinsen, die es immer noch gibt. Von weißer oder rosa Glasur überzogene Schokolinsen und meine Kindheit ist wieder da. Das ist das limbische System.
Er wird in meiner Erinnerung bleiben, als ein einzigartiger Mensch. Er holte mir die Sterne vom Himmel und stürzte mich in Abgründe und das bleibt. Aber ich sehe ihn heute mir anderen Augen. Auch er war ein sehr verletztes Wesen und innerlich oft traurig, aber das lag nicht an mir, sondern er war so. Irgend etwas in seiner Kindheit hatte ihn zu dem gemacht, zu einem Menschen, der zwar eine tiefe Sehnsucht nach Liebe und nach Anerkennung in sich trägt, aber dennoch keine Beziehung halten konnte, denn das Unbewusste stellte ihm immer wieder ein Bein.
Und ich habe viel gelernt, über mich. Dafür war es höchste Zeit, denn ich projizierte alle meine Probleme fleißig auf andere, vorzugsweise den Partner. Es ist wichtig, sich selbst anzuschauen und zu ergründen, welche Probleme man selbst hat.
Ich denke, auch Deine Gedanken werden sich ändern - eines Tages. Jetzt ist die Zeit der Wut, der Enttäuschung, der Trauer, der Rachegelüste, aber in einige Monaten wird sich vieles anders anfühlen. Sei neugierig und gespannt, es wird viel passieren, glaub mir. Geh pfleglich mit Dir um und schau jetzt auf Dich. Dein Egoismus ist jetzt wichtig, denn er hilft Dir beim Überleben. Für alles andere ist später Zeit.
Denk immer daran, das Leben ändert sich, oft unbemerkt, aber es bleibt nie gleich. Menschen kommen in unser Leben und eines Tages gehen sie vielleicht wieder, aber jeder hatte eine Funktion und sei es nur als Wegweiser auf die eigenen Defizite und Probleme.
LG
Sonnenblume