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von Sonnenblume10 » Mo 4. Mär 2013, 14:15
Hallo, andthesunshine,
mir fielen zwei Dinge Deiner letzten Mitteilung sofort auf:
1. Du fühltest Dich als die Frau für die Stadt, in der er gerade lebt. Ich habe Dir auch geschrieben, dass ich mich oft merkwürdig austauschbar in seiner Gegenwart fühlte, so als ob es egal ist, ob jetzt ich oder Marie oder Sandra neben ihm hergehen. Dann kennst Du das also auch, dieses Gefühl der Beliebigkeit. Das sagt eigentlich schon alles. Wir haben uns so gefühlt, weil es so war. Unser Unbewusstes spürte es und leitete es sogar auf die bewusste Ebene weiter, aber wir haben es beiseite geschoben, wollten es nicht wahrhaben, dachten, wir denken das Falsche.
Aber es war richtig, denn wir sind ja austauschbar. Stell Dir vor, Du kannst zu keinem Menschen eine festere Bindung aufbauen, alles bleibt seltsam lau und oberflächlich. Der Andere wird zu einer Art Objekt, denn in seiner Einzigartigkeit, Individualität wird er von einem BP ja gar nicht wahrgenommen. Das ist aber genau das, was wir in einer Liebesbeziehung wollen. Wir wollen als einzigartig, wertvoll und besonders empfunden werden, aber das kann ein BP gar nicht leisten.
2. Zu der Sache mit dem Besuch von seinen Freunden, als er auf einmal bemerkenswert zärtlich und voller Hinwendung zu Dir war. Ich glaube, instinktiv war er damals schon auf dem Absprung. Er wusste vermutlich, dass er gehen würde, er wusste vielleicht den Zeitpunkt noch nicht. Wenn sein Inneres ihm nun sagt, Du bringst Dich ohnehin in Sicherheit, ehe es zu eng wird, da kann er leicht lieb und nett und zärtlich sein, denn sein Inneres hatte die Trennung bereits verinnerlicht und so fühlte er sich "sicher". Wenn er sich sicher fühlt, kann er auch gefahrlos ausnahmsweise mal so sein, wie Du ihn Dir wünschst. Das erscheint mir eine logische Erklärung für sein Verhalten zu sein. Dass er zwei Wochen später ganz anders darüber denkt, ist halt so bei ihm, das scheint ihn auch nicht groß zu bekümmern. Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Das interessiert ihn schon lange nicht mehr bzw. er hat es vergessen, denn es war nicht weiter wichtig für ihn. Du aber hast diese Begebenheit ganz anders bewertet, sie erschien Dir bedeutsam, weil ausnahmsweise Deine Gefühle befriedigt wurden und Du dachtest Dir, ab jetzt wird sicher alles besser.
Ich war ja vor drei Jahren auf einem Kongress, wo wir als getrennte Personen auftraten, nicht etwa als Paar. Damals war das Wechselspiel aus Nähe und Distanz sehr krass. Er fuhr einen Tag vorher schon hin und unternahm etwas mit Kolleginnen, die er mit dem Auto mitgenommen hatte. Wie ich auf den Kongress kam, interessierte ihn nicht weiter, ich kam dann auch erst einen Tag später mit der Bahn. Der meiste Kontakt fand über SMS statt.
Am Sonntag abend war er offenbar allein, die anderen hatten sich wohl schon verkrümelt, schreibt er mir eine SMS: Liebste, bin jetzt in L und allein unterwegs. Schade, dass Du nicht da bist!
Ich wurde wütend, weil ich mir dachte: Du verdammter Leugner, kaum bin ich noch einige 100 Kilometer weg, kannst Du freundlich sein und ich bin sogar sicher, er empfand es damals so. Er konnte es auch gefahrlos empfinden, denn ich war ja weg. Das fiel mir oft auf: die liebevollsten SMS kamen, wenn ich weg war.
Ich habe nicht geantwortet, denn was hätte ich schreiben sollen? Ja, ich wäre jetzt auch gerne bei Dir? Hätte vielleicht gestimmt, aber das gönnte ich ihm gar nicht und außerdem, wer weiß, was dann wieder gekommen wäre.
Nächster Tag vormittag: ich sitz im Zug, SMS kommt. Er freue sich auf mich!
Ach was, wer hätte es gedacht! Ich dachte an Montag abend, der einzige nicht verplante Abend, an dem wir uns hätten sehen können und ich schrieb ihm, ob wir uns kurz vor 14 Uhr vor einem Saal treffen könnten.
Seine Antwort: kein klares Ja, nur: könnte klappen!
Schon wieder eine uneindeutige Aussage, die mich auf die Palme brachte.
Ich beziehe gegen 13.30 Uhr Stellung, er kommt nicht. Viertel vor zwei, er kommt nicht. 10 vor zwei, nichts zu sehen. 7 vor zwei, keiner da. 5 vor zwei, ich hatte die Hoffnung aufgegeben, trabt er an und ich sah auf den ersten Blick: er kommt nicht gerne. Ich sah es an seiner Gangart, an seinem Verhalten. Als er herkam, grinst er blöde und fragt: "Was machst Du denn hier?"
Ich dachte mir, was soll der Krampf und erwiderte ziemlich ungehalten: "Vermutlich das selbe wie Du!" Dann dachte ich mir, wenn Du jetzt nichts sagst wegen Abends, wird das nichts mehr und so fragte ich wegen eines Treffens. Er schaut mich an wie ein Mondkalb und sagte, er gehe heute doch mit seiner EDV-Truppe essen, das sei doch immer so vor der dienstlichen Veranstaltung am nächsten Tag.
Ich war so enttäuscht, dass mir die Klappe runter fiel. Er sagt noch: "WEißt Du, da muss ich schon hingehen."
Natürlich hätte er nicht müssen, er wollte bloß und das war ihm wichtiger als ich. Ich sagte nur noch: "Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben", drehte mich um und ging in den Saal. Ich hätte heulen können!
Irgendwie ging es die ganzen vier Tage so. Ich rührte mich nicht mehr, dann wieder eine SMS von ihm, aber kaum ging ich wieder auf ihn zu, ging er auf Distanz.
Nach dem Kongress verbrachten wir noch einen Tag zusammen, sogar mit Hotelübernachtung. Es war ein wunderbarer Tag und wieder glaubte ich, ab jetzt wird es besser, ganz bestimmt.
Rückblickend weiß ich, warum er damals nett sein konnte. Er hatte auf dem Festabend Kontakt zu einer entfernten Kollegin bekommen und ich glaube, er rechnete damals schon damit, dass sie sich melden würde. Vielleicht haben sie ja ein Treffen bereits unverbindlich ins Auge gefasst.
Er fühlte sich sicher, denn die emotionale Distanz zu mir war hergestellt. Und da konnte er endlich auch mal nett und zärtlich sein.
Leider wissen wir die wahren Hintergründe des plötzlichen Sinneswandels nicht und sind dann später wie vor den Kopf gestossen, wenn er wieder auf Distanz geht. Ein Drecksack, an den ich mich gehängt hatte. Aber auch er konnte nichts dafür, dass er so war oder ist. Aber damit kann sich jetzt gerne eine Andere rumschlagen, ich bin froh, dass er weg aus meinem Leben ist.
Dass ich Dinge in ihn reininterpretierte, die schlichtweg nicht da waren, war bei mir genauso. Du sagst ja selbst, Du hast ihn so gesehen, wie er definitiv nicht war. Du hast ihn gesehen, wie Du ihn sehen wolltest und wie Du ihn haben wolltest. Er würde zärtlich und aufmerksam, interessiert an Deiner Person und an der Zeit mit Dir sein, er würde Dir all das geben, wonach Du Dich immer gesehnt hast. Wir waren ein Opfer unserer Illusionen und der Abschied davon ist hart und steinig. Heute weiß ich es und ich werde versuchen, andere künftig realistischer anzusehen. Manchmal denke ich, ob wohl auch die Märchen, die wir als kleine Mädchen hörten und lasen, mit schuld sind. Da ist ja immer vom Prinzen die Rede, der seine Prinzessin findet und sozusagen rettet. Siehe Schneewittchen und Aschenputtel, überall das gleiche. Er wird kommen, meinen einzigartigen Wert erkennen und nie mehr eine Andere wollen. Und wir werden glücklich und zufrieden leben und keine Konflikte haben und uns seiner Liebe sicher sein. Auf der Schiene sind wir irgendwie stehen geblieben, jedoch gehen Märchen leider nicht mit der Realität konform. Und doch ist es irgendwie in uns drin.
LG
Sonnenblume