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von Sonnenblume10 » Mo 24. Mär 2014, 15:53
Liebe Kasia,
ich weiß, wie zerstörerisch solche Beziehungen sind und ich weiß auch , wie zäh und unnachgiebig an ihnen festhält, weil man denkt, ich halte es nicht aus ohne ihn.
Nach einigen Tagen selbst verordneter Disziplin ohne Kontakt giert man wieder auf ein Zeichen seiner Aufmerksamkeit. Und das kommt meist auch. Die BPs haben so ihre Tricks drauf, wie sie einen an der Stange halten. Ein kleines Bild, ein einziger Satz wie "ich denke an Dich" und man ist wieder in der Situation und fühlt sich unglaublich hingezogen, obwohl man weiß, dass es nicht gut ist und dass er nicht gut tut.
Solche Beziehungen sind eine Sucht, nichts Anderes. Und gegen Sucht hilft nur eines: kompletter und stetiger Entzug, also Kontaktabbruch.
Gestatte Dir zu weinen und Sehnsucht zu empfinden, wenn er Dir wieder ein Brösel seiner Aufmerksamkeit hinwirft, um sich in Deinem Leben wieder breit zu machen, aber gib den Gefühlen nicht nach, auch wenn Du glaubst, es geht nicht, Du schaffst es nicht.
Denn irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem Er geht. Gesetzmäßig ist es der aktive BP, der entscheidet, ob die Beziehung weiter geht oder nicht. Und selbst wenn Du die Kraft aufbringst, Schluss zu machen, so wird er alles tun, um Dich doch wieder in die Warteschleife zu bringen und wenn es nur dazu da ist, dass ER Dich dann in die Wüste schickt. Denn das ist sein Weltbild: er allein entscheidet, ob eine Beziehung entsteht, wie sie abläuft (nach einer vermeintlich einstudierten Choreografie nämlich in einem Wechselbad aus Nähe und Distanz) und wann sie endet.
Er ist, wie Ickesperle schreibt, ein sehr verletzter, einsamer kleiner Junge, der mal viel gelitten hat. Mama gab ihm zu wenig Aufmerksamkeit, zu wenig Liebe und zu wenig Geborgenheit. Der kleine Junge lernt, dass er allein auf sich gestellt ist und dass auf keinen Menschen Verlass ist. Wenn nicht mal auf Mama Verlass ist, auf wen sonst?
Irgendwie muss er mit seiner Traurigkeit klar kommen und er muss überleben und dafür entwickelt er im Lauf der Jahre gute Techniken, um sich selbst zu helfen. Er ist autark, er entscheidet alles allein, er kreist um sich, denn er ist das Zentralgestirn und andere Menschen sind nur Trabanten in seiner Umlaufbahn und er funktioniert oft erstaunlich gut auf einer sachlichen Ebene, also im Beruf. Gleichzeitig ist er ja so nett und so verständnisvoll und er wirkt anfangs so gefühlvoll und er findet immer wieder Frauen, die auf seine vermeintlich ach so sanfte und freundliche Art hineinfallen. Ein ganz besonderes Exemplar hat man da an Land gezogen, so meint man und wundert sich dennoch, dass ausgerechnet ER alleinstehend ist (immer noch oder schon wieder).
Wie die Beziehung, die dann entsteht, aussieht, wissen wir. Sie wird einseitig, der eine agiert, der andere fügt sich, passt sich an, fängt an, die Schuld für das Desaster bei sich zu suchen (ich bin zu kleinlich, zu anhänglich, zu kleinmütig, ich bin nicht selbstbewusst genug usw.) und fällt immer wieder auf sein wohl dosiertes Werben herein.
Der kleine Junge in ihm schreit nach Wärme und Geborgenheit und eine Zeitlang glaubt er, er hat das Ziel erreicht. Mit dieser Frau wird es klappen, endlich und ganz sicher.
Aber dann stellt ihm sein Unbewusstes, über das er so viel Müll und Schutt getürmt hat, ein Bein: Es signalisiert, Du wurdest von Mama verlassen, Du kannst Dich auf niemanden verlassen. Das weißt Du, also handle danach, denn nochmals solch eine Verletzung Deiner Seele überlebst Du nicht.
Und dann kommen die ganzen Distanzmanöver: Distanz aufbauen, nicht zur Verfügung stehen, abblocken, schweigen und den Anderen abwerten, abtauchen usw.
Dann kommt bei ihm wieder der Wunsch nach Nähe und er klopft wieder an, weil sein Wunsch übermächtig wird. Aber nur, um Dich dann wieder zurück zu stossen.
Er kann nicht anders und natürlich hält er eine Therapie nicht durch, denn dort müsste er sich seinen uralten Ängsten stellen, einen Zugang dazu finden und würde diese entsetzliche Erfahrung der Einsamkeit und Hilflosigkeit wieder empfinden und das tut weh, so weh, dass er auch hier abblockt, um sich zu schützen. Der Therapeut taugt nichts oder er braucht gar keine Therapie, denn er kommt ja weitgehend schmerzfrei durchs Leben. Und alles bleibt beim Alten.
Und Du bist vermutlich ähnlich gestrickt wie er. Auch Du suchst dringend nach Wärme, Geborgenheit und Liebe, aber warum um alles in der Welt suchst Du dann dort, wo Du all das nicht findest? Auch bei Dir läuft etwas nicht rund, auch Du bist im Grund Deines Herzens bindungsscheu und -ängstlich, denn sonst hättest Du einen anderen Partner.
Ich habe es bei mir beobachtet und das geht seit meinen Jugendjahren so: interessiert sich ein Mann für mich, signalisiert er sein Wohlwollen, will ich ihn gar nicht. Ich dachte immer, es läge einfach an den Männern, aber irgendwann fiel mir auf, dass es Gesetzt ist: Wenn er mich will, will ich ihn nicht.
Und umgekehrt: wer mich nicht will, den will ich.
Ich bin leider auch deformiert und "Schuld" hat mein Elternhaus: Mutter kümmerte sich und sorgte für mich, aber Liebe gab es zu ihren Bedinungen: Sei brav und folgsam, mach dich nicht schmutzig, schrei nicht rum, benimm Dich anständig, sei gut in der Schule usw.
Solche Kinder erfahren, dass sie nicht um ihrer selbst Willen geliebt werden, sondern dass Liebe erkämpft werden muss mit Folgsam, Fügsamkeit, keinem Widerstand.
Die Folge ist ein schwaches Selbstgefühl, denn man wurde ja nie geliebt, sondern nur dann, wenn ...
Vater war unerreichbar, zwar da, aber irgendwie doch fern. Die ganze Liebe des hilflosen kleinen Mädchens verlegt sich auf Papi, denn dort ist die Welt in Ordnung, aber Papi kümmert sich nicht so um das kleine Mädchen. Die Liebe ist zu wenig und Papi ist zu wenig interessiert.
Und so verinnerlicht das traurige kleine Mädchen: ich bin nicht liebenswert, nicht interessant genug, ich bin so, dass man mich nicht genug lieb haben kann.
Das ist das ganze Dilemma. Das ist mein Dilemma und auch Deines. Wie kommt man raus? Nur indem man mühsam am schwachen Selbstwertgefühl arbeitet, sich selbst anerkennt, sich selbst lobt für Dinge, die gut bewältigt wurden. Bei mir ging es so weit, dass ich sogar Lob und Anerkennung von anderen oft nicht annehmen konnte, weil ich dachte, mit ihrem Lob verarschen sie mich womöglich nur.
Es ist ein ständiger Kampf gegen die eigenen inneren Dämonen wie mangelndes Selbstwertgefühl und mangelnde Eigenliebe.
Ich weiß nicht, ob ich den Kampf gewinnen kann, aber ich kann sie einigermaßen in Schach halten.
Und wer Probleme macht, mich verletzt, mir schadet, hat keinen Platz mehr in meinem Leben. Das bin ich mir wert.
Ein Bekannter erzählte mir von Menschen, die ins Leben kommen, weil sie eine Aufgabe in Deinem Leben zu erfüllen haben. Sie machen Probleme, Schwierigkeiten und verursachen Stress und Gefühlsunsicherheit, sie bringen Dich an Deine Grenzen. Aber sie kamen nur, weil sie aufgrund einer höheren Fügung kommen mussten. Als Wegweiser für Dich selbst, für Deine Defizite, Deine Mängel.
Ich denke, die Aufgabe hat Dein Wunschkandidat, Kasia erfüllt und auch Deiner, Ickesperle und meiner schon lange. Und dann brauchen wir sie nicht mehr, denn sie haben uns den Weg zu uns selbst gezeigt. Und dann ist es an der Zeit, innerlich Abschied zu nehmen, sich frei zu machen, Kontakt zu vermeiden (selbst nach drei Jahren könnte er mir immer noch weh tun, daher vermeide ich jeden Kontakt!) und sich mit sich selbst zu befassen. Denn ER ist ein Energieräuber, der uns nur kaputt macht.
LG
Sonnenblume