Ich bin neu hier im Forum bzw. habe immer mal wieder in schlaflosen Nächten (stecke selbst mitten in einer Trennung) Eure Beiträge gelesen und mich verstanden und getröstet gefühlt, auch wenn ich niemanden von Euch kenne...
Der Grund, heute selbst zu schreiben, ist nicht meine aktuelle Trennung (viel zu schmerzhaft, um das in Worte zu fassen), sondern die Tatsache, dass ich hier immer wieder lese (und aus eigener Erfahrung weiß), wie sehr um das Thema "Kontaktsperre" gerungen wird und mit wie vielen Zweifeln und Ängsten das immer wieder verbunden ist...
Ich habe meinen Ex-Mann (durch das "Ex-" bitte nicht abschrecken lassen

Das war natürlich keine Kontaktsperre im Sinne des Beraterteams, aber es war das einzig Richtige: Nach kurzer Zeit hatte er eine neue Beziehung, nach ein paar Wochen die nächste. Es ging ihm gut, mir ging es schlecht, ich habe sehr gelitten. In der ganzen Zeit haben wir uns nicht gesehen, kein einziges Mal telefoniert. Nach drei Monaten haben wir uns zufällig getroffen, es fing gerade an, mir etwas besser zu gehen. Wir haben uns auf einen Kaffee verabredet, nach ein paar Wochen waren wir wieder fest zusammen.
Ich kann ganz klar sagen (und zwar nach vielen Gesprächen mit ihm), dass, wenn wir uns trotz Trennung weiterhin gesehen hätten und er mich als "eine Freundin" "behalten" hätte, er nicht hätte merken können, dass er das, was "uns" ausmachte, vermisst und dass er das nirgendwo anders findet. Und wenn ich vor Augen gehabt hätte, wie er einfach in eine neue Beziehung geht und wie leicht er im Gegensatz zu mir mit der Trennung umgeht, es mir immer schlechter gegangen wäre.
Nach zweieinhalb Jahren waren wir wieder getrennt, wir haben zu der Zeit viel gestritten und gekämpft, wir konnten und wollten beide nicht mehr. Wer es dann ausgesprochen hat, weiß ich nicht mehr. Aber ich kann mich sehr wohl erinnern, wie schlecht es mir ging. Und wie schnell er wieder in einer neuen Beziehung war, wie erleichtert er war und wie gut es ihm ging. Und wieder habe ich "losgelassen", ich habe nicht angerufen, nicht geschrieben, bin nicht "zufällig" irgendwo aufgetaucht. Und dann hat er sich verliebt, so richtig. Ich habe das über unseren Freundeskreis mitbekommen. Mir hat es den Boden unter den Füßen weggerissen, obwohl ich auch gesehen habe, dass unsere Trennung unvermeidlich war und ich die Streitereien nicht mehr ertragen habe.
Ich habe später viel mit ihm darüber geredet und er hat es im Nachhinein nie beschönigt, er war sehr verliebt in diese andere Frau. Sie waren ständig zusammen, sie haben sich eine Wohnung gesucht. Und dann, als sie eine gefunden hatten, als es darum ging, den Mietvertrag zu unterschreiben, konnte er es nicht. Zu diesem Zeitpunkt waren wir fast ein Jahr getrennt. Er hat mir einen Brief geschrieben und wir haben uns auf einen Kaffee getroffen und geredet.
Nach ein paar Wochen waren wir wieder zusammen. Ein Jahr später haben wir geheiratet, ein halbes Jahr später kam unsere Tochter zur Welt, die gerade 17 Jahre geworden ist

Wir sind heute nicht mehr zusammen, wir haben uns scheiden lassen, als sie sechs Jahre alt war, haben sie aber zusammen groß gezogen (das heißt, sie hat uns beide meistens jeden Tag gesehen). Und heute sind wir Freunde (mal mehr, mal weniger).
Das ist jetzt vielleicht nicht das absolute Happy End (und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage). Aber wir haben dann endgültig losgelassen, als es für uns beide erträglich war, und ich denke, darum geht es hier im Forum ja: Dass viele gezwungen sind, loszulassen, obwohl sie noch nicht bereit dafür sind.
Ich denke, dass jeder selbst diese Entscheidung, den Menschen, den man liebt, um den man kämpft, zu dem einem alles hinzieht und um den (fast) alle Gedanken kreisen, zu sehen oder eben nicht zu sehen, treffen muss. Jede Geschichte ist anders und deshalb sind eben auch die Gründe, die zu einer Trennung geführt haben, immer anders, auch wenn sie sich "unterm Strich" für jeden gleich schrecklich anfühlen. Es gibt bestimmt Situationen, in denen es besser ist, jemandem auch mal hinterherzulaufen, um Verzeihung zu bitten oder jemanden nicht einfach abhauen zu lassen, sondern ihn aufzuhalten.
Aber ich denke, in diesen Momenten weiß man bzw. fühlt man es ganz genau, wenn es besser ist, zu reden und auf jemanden aktiv zuzugehen.
Hier geht es ganz oft um Situationen, in denen man zurückgelassen, verlassen, vertröstet, auf Abstand gehalten wird und das Gefühl, sich nicht fernhalten zu können, aus einer Panik, den anderen zu verlieren, heraus entsteht. Das sind Situationen, in denen alles erst einmal geklärt, in denen alles gesagt ist. In denen es nicht darum geht, Missverständnisse durch ein Miteinander-Reden aus der Welt schaffen zu können. Sondern, und das sind die schlimmsten Situationen, in denen man nichts mehr tun kann (und ich weiß ganz genau, wie elend und verzweifelt man sich in diesen Situationen fühlt) und in denen man völlig hilflos ist.
Das Gefühl, dass dieses EINE Treffen, dieses EINE Telefonat oder der EINE Brief vielleicht alles ändern oder beim anderen diesen letzten, alles entscheidenden Zweifel ausräumen könnte, kann einen völlig verrückt machen...
Ich denke, dass man dem anderen klar sagen und zeigen muss, dass man ihn liebt und dass man die Beziehung nicht aufgeben möchte und bereit ist, darum zu kämpfen. Es ist wichtig zu zeigen, wo man steht und dass man sich dieser Gefühle trotz aller Schwierigkeiten sicher ist. Aber dann muss man stehen bleiben. Man muss ja nicht weggehen, man muss den anderen nicht aufgeben (kann man ja auch gar nicht....). Aber genau dann ist der Moment gekommen, stehen zu bleiben (vielleicht hört sich das weniger drastisch an als "Kontaktsperre")...
Ich weiß nicht, ob jemand so lange durchgehalten hat, um diesen Text bis zum Ende zu lesen, aber ich würde mich freuen, wenn er vielleicht dem einen oder anderen bei der Entscheidung helfen kann, ob es gerade besser ist, sich zu melden oder lieber nicht...
Ich wünsche Euch allen viel Glück (und Mut!) für die nächste Zeit!