ich hab einige eurer Geschichten gelesen und möchte euch gern um Rat fragen. Mein Freund und ich waren etwa 2 1/2 jahre zusammen. Wir studieren beide (noch) und haben uns beim Uniradio getroffen. Er war mein erster Freund, er dagegen hatte schon mehrere Bezeihungen vor mir, die alle er beeendet hat. Unsere Beziehung war sehr harmonisch, wir haben praktisch nie gestritten, und passen von Werte- und Zukunftsvostellungen sehr gut zusammen. Er war mein engster Vertrauter, der dessen Rat mir am wichtigsten war. Umgekehrt sicher auch.
Vor einem Monat hat er plötzlich Schluss gemacht - 5 Tage nachdem ich in eine Wohnung im Haus gegenüber von seinem gezogen war. Er hatte zu dieser Zeit viel Stress mit seiner Bachelorarbeit, der Arbeit und Bewerbungen. Am Abend vor dem Gesrpäch hat er mir geschrieben, ob wir morgen ins Kino gehen wollen, was ich begeistert bejaht habe. Dafür würde er sich aber heute ausruhen wollen und sich noch ein bisschen um mein Geburtstagsgeschenk kümmern. Wie ich einen Tag später wusste, hat er stattdessen beschlossen, Schluss zu machen. Am nächsten Tag hat er mir von morgens bis abends ganz normal geschrieben. Als er dann nach der Arbeit kam, war es eigentlich schon zu spät für Kino, darum war ich ein bisschen gereizt. Wir haben zusammen noch schnell meine Musikanlage angeschlossen und dann hat er sich auf die Couch gesetzt und Schluss gemacht.
Er meinte, "dieses Liebesgefühl" wäre nicht mehr da. Es hätte angefangen als er im Mai für ein Praktikum in einer anderen Stadt war. Und es wäre alles seine Schuld, weil er nichts gesagt und alles verdrängt hat. Das Verdrängen ist tatsächlich ein Problem von ihm, auch mit anderen Dingen, die ihm unangenehm sind. Er hat einfach nichts gezeigt, sondern sich ganz normal verhalten. Zu meinen Eltern hat er nach dem Umzug noch "Bis nächstes Mal" gesagt und vorgeschlagen, welchen Biergarten wir ihnen dann zeigen. Es hätte sich in den letzten zwei Wochen herauskristallisiert, sagte er. Da war ich krank, dann starb meine Oma, ich musste meine Küche aufbauen, zur Beerdigung und umziehen. Ich war also kaum in der Stadt und wenn, war ich auch ein bischen gestresst.
Er hat gesagt, er hätte eben die Arbeit und nicht mich an erste Stelle gestellt und das stimmt. Er hat ihn gestört, dass wir, wenn wir uns dann abends gesehen haben, meist nur auf der Couch irgendwas geguckt haben. Gleichzeitig aber, dass das seine Schuld ist und er eben irgendwie gerade nicht klar kommt. Mich hat das auch gestört, aber er kam eben oft so spät und müde rüber, dass man gar nichts mehr groß machen konnte. Vor allem, weil er am nächsten Tag wieder früh rausmusste.
Ich habe gesagt, dass ich finde, dass wir eigentlich wirklich gut zusammen passen. Und er sagte, wir hätten gar keine Gemeinsamkeiten. Nach seinen kläglichen Beispielen "Sport" und "Musik" ist er da dann zurückgerudert. Ich glaube, das war nur, um mir irgendeinen Grund zu nennen.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass er in einen Alltagstrott geraten ist, den er unbedingt wieder loswerden will. Es stört ihn, dass er weniger mit seinen Freunden feiern gehen kann und immer als erstes gehen muss, weil er ja morgens wieder früh raus muss. Und weil wir abends dann auch nichts Aufregendes gemacht haben, hab ich diese negativen Gefühle wohl alle abbekommen. Im Moment findet er mich wohl langweilig und wahrscheinlich unanttraktiv, ohne dass er da was machen konnte. Glaube ich. Hinzu kommt, dass er bei der Arbeit eine getroffen hat, die an ihm rumgebaggert hat. Er meinte, er hätte der schon am Anfang erzählen können, dass es mich gibt, aber er hätte es eben weiter zugelassen, weil es ihm gefallen hat. Insgesamt wäre sie aber kein Faktor, was ich ihm inzwischen auch glaube. Wir haben an dem Abend beide geweint, ich natürlich sehr viel mehr. Er sagte, dass ich nicht nur seine längste, sondern auch seine schönste Beziehung war. Aber so wie es jetzt ist, ginge es nicht mehr.
Seit dem Schlussmachen hatten wir nur einmal 3 Tage später kurz Kontakt, weil er mir zum Geburtstag geschrieben hat und ich nach einigen Stunden knapp "Danke!" geantwortet hab. Seitdem nichts. Ich weiß, dass er seine Bachelorarbeit jetzt abgegeben hat. Jetzt geht er glaube ich viel feiern und betrinkt sich. Dass wir Urlaub gebucht hatten, in dem wir jetzt wären, hatte er beim Schlussmachen total vergessen. Für mich wirkt es einfach wie eine Kurzschlussreaktion, deshalb kann ich nicht damit abschließen. Außerdem will ich leider auch nicht, weil wir eigentlich keine Differenzen hatten, sondern wirklich gut passen. Ich glaube, dass er im Moment eine kleine Krise hat, weil das Studium vorbei ist und das Erwachsenenleben beginnt etc.
Ich treffe im Moment viele Freunde und habe mir Projekte und andere Beschäftigungen gesucht, aber in Gedanken und dann auch Gesrpächen bleibt er trotzdem das vorherschende Thema. Ich hoffe, dass er es bereut und zurückwill. Aber ich bin sicher, dass er immer noch verdrängt. Er hat so gut wie niemandem erzählt, dass wir nicht mehr zusammen sind und redet wohl nur hin und wieder mit seinem Mitbewohner (und Freund) darüber. Der Bekannten, von der ich das weiß, hat er auf Nachfrage nur erzählt, dass es ihm "nicht so pralle" geht.
Meine Freunde sagen alle, dass ich mir keine Hoffnungen mehr machen soll, weil er erstmal lernen muss, dass man über Probleme sprechen muss. Und mich nach der Aktion sowieso nicht mehr verdient hätte. Aber ich war noch nie so glücklich wie mit ihm. Auch wenn es naiv klingt, vielleicht lernt er ja daraus?
Als erschwerender Faktor kommt jetzt dazu, dass ich wahrscheinlich Anfang des nächsten Jahres für ein halbes Jahr ins (europäische) Ausland gehe. Wenn seine Bewerbungen erfolgreich sind (wovon ich ausgehe), wird er zum April in eine andere Stadt ziehen. Ich hab Angst, dass das alle Chancen zunichte macht.
Habt ihr einen Rat dazu? Liebe Grüße,
Lisa8
