Ihr Lieben,
ich hoffe es weiß jemand Rat, denn ich bin sehr verzweifelt. Ich versuche mal die Geschichte zusammenzufassen:
Mein Freund (33 Jahre) und ich (34 Jahre) sind seit knapp 22 Monaten ein Paar, er wohnt in Berlin, ich in Hamburg. Ich bin Deutsche, er ist Araber. Seine Eltern kamen vor knapp 40 Jahren aus Palästina nach Deutschland und haben alle ihre 8 Kinder in Deutschland auf die Welt gebracht. Mein Freund ist der älteste Sohn der Familie, was die ganze Sache - aus meiner Sicht - erschwert.
Seinen Vater habe ich letztes Jahr im Juli das erste und einzige Mal getroffen, seine Mutter war damals auf Heimatbesuch bei ihrer Familie im Libanon, bis heute habe ich die Mutter nicht kennengelernt, dazu komme ich gleich. Ende letzten Jahres hat sein Vater angefangen sehr viel Druck auf meinen Freund auszuüben, dass deutsche Frauen nichts taugen, eine arabische Frau wäre besser und er könnte doch seine Cousin heiraten. Es ging so weit, dass sein Vater es sogar mal gebracht hat ihm vor die Füße zu spucken. Ich habe aber immer zu meinem Freund gehalten und versucht so wenig Druck wie möglich auszuüben, ich dachte mir, es reicht, wenn ihm seine Familie Druck macht. Hinzu kam, dass sein Vater seit Jahren an Krebs erkrankt war, Anfang diesen Jahres ging es dann sehr schnell bergab mit seiner Krankheit, Anfang März ist er verstorben. In der Zeit danach habe ich meinem Freund die ganze Zeit den Rücken freigehalten, mich um seine Wohnung kümmert, um den Haushalt, um alles mögliche eben, damit er sich damit nicht auch noch beschäftigen muss. Verständlicherweise ist er in ein sehr tiefes Loch gefallen und steckt dort auch immer noch drin. Ich kann mir nur ansatzweise den Schmerz vorstellen, den der Tod eines Elternteils verursacht.
Nun ist es so, dass seine Mutter den Gedanken des Vaters weiterführt, arabische Frauen wären besser, warum er nicht den Wunsch seines Vaters erfüllen würde und sein Cousine heiratet und all dieses Zeug. Ich muss dazu sagen, dass mein Freund das alles nicht will. Erst gestern hat ihn sein Onkel gefragt, wann er denn endlich heiraten würde, woraufhin mein Freund sagte, er hätte eine Freundin. In den letzten Wochen hat mein Freund auch immer wieder mir gegenüber seine ernsten Absichten geäußert, dass er mich heiraten will und seiner Mutter das sagen wird, sobald sie von ihrem Vater zurück ist. Sie war bis vorgestern die letzten sechs Wochen bei ihrem Vater im Libanon und ist nun wieder zu Hause. Und jetzz kommt´s: mein Freund will sich von ihm trennen, weil er meint, dass es niemals akzeptieren werden würde, wenn er mich heiratet. Es ist unfassbar, unter welchem Druck er steht. Auf der anderen Seite habe ich mit einer seiner Schwestern einen guten Draht und sie meint selbst auch, dass er ein Schisser ist und sich diesen Druck auch größtenteil selbst macht. Was mich einfach ankotzt ist die Tatsache, dass seine Mutter mich bis heute nicht kennt. Ich habe ihr zum Beispiel aus meinem Urlaub letzte Woche ein tolles Olivenöl mitgebracht, über das sie sich sehr gefreut hat. Und immer wenn ich ihn frage, warum wir nicht einfach mal zu ihr fahren, sagt er, dass er mir das nicht antun möchte. Aber was soll denn passieren? Immer höre ich von seiner Schwester, was für eine liebe Frau die Mutter ist und das ist auch bestimmt so, aber ich kann es nicht beurteilen, da wir uns bisher nicht kennengelernt habe. Und es bricht mir das Herz ihn so verzweifelt zu sehen. Er sagte gestern am Telefon "Ich bin nun mal so ein Scheiß Araber, der in der Scheiß arabischen Tradition ist". Außerdem sagt er, dass er gerade in einem Loch ist und nichts fühlt, das macht mir wirklich Sorgen. Ich selbst war auch schon mal in Behandlung wegen einer Depression und es waren ähnliche Äußerungen, die ich damals gemacht habe.
Ach so, und was vielleicht auch nicht ganz unwichtig ist: ich habe ihn gefragt, warum es denn jetzt alles wieder plötzlich kippt, immerhin waren seine Absichten doch ernst. Daraufhin sagte er, dass er kurz vor seinem Urlaub (er war bis Anfang letzter Woche für 1,5 Wochen mit seinen Jungs in Mexiko) etwas über seinen Vater erfahren hätte, was ihn sehr traurig gemacht hat, und zwar: eine seiner Schwestern sagte ihm, dass sein Vater irgendwann mal meinte, dass das Treffen letzten Sommer mit mir ja sehr merkwürdig war und dass eine arabische Frau besser wäre. Unterm Strich ist diese Info ja nichts Neues. Deshalb verstehe ich nicht, weshalb ihn das jetzt wieder so zurückwirft. Ich war bei dem Treffen damals auch mega aufgeregt und war überhaupt nicht ich selbst und sage ihm die ganze Zeit, dass ich einfach eine zweite Chance bei seiner Mutter möchte. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie so sehr dagegen ist. Ich überlege ernsthaft mich nächste Woche in den Zug zu setzen, mir einen Blumenstrauß unter dem Arm zu klemmen und zu ihr zu fahren.
Gibt es hier jemanden, der auch schon mal in einer interkulturellen Beziehung war oder ist? Ich bin wirklich verzweifelt.
Deutsch/Arabische Beziehung - Familie ist gegen uns
Re: Deutsch/Arabische Beziehung - Familie ist gegen uns
Leute, ich brauche wirklich eure Hilfe! Inzwischen ist es so weit, dass er sich immer weiter von mir entfernt, umso mehr ich klammere und nerve, dass ich endlich seine Mutter kennenlernen möchte. Ich mache gerade alles verkehrt und habe Angst, dass ich ihn verliere - wenn das nicht schon längst passiert ist
Ich habe mir eben auch einen Beratungstermin bei einem Verein geholt, der auf interkulturelle Beziehungen spezialisiert ist, weil ich einfach nicht mehr weiter weiß
Bitte helft mir.


Re: Deutsch/Arabische Beziehung - Familie ist gegen uns
Guten Morgen... weiß denn niemand hier Rat? 

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Re: Deutsch/Arabische Beziehung - Familie ist gegen uns
Mein Rat lautet: Lass ihn in Ruhe und lass ihn ziehen!
Es ist schwierig genug, denn die Mentalitätsunterschiede sind so gewaltig, dass sie Eure Beziehung erdrücken würden. Er ist Araber, er hat eine völlig andere, nämlich viel engere Familienbindung als Du erahnen kannst. Da ist der Vater, da die Mutter, da die Brüder, da Onkel und Cousins vierten Grades. Und die Familie wird immer Vorrang haben und er würde es sich niemals verzeihen, wenn er da ausscheren würde und das Band zerreißen würde.
Was willst Du eigentlich dauernd mit seiner Mutter? Willst Du Dich dort einschmeicheln, lieb Kind machen, in der Hoffnung, sie würde ihre Arme für Dich öffnen? Auch sie wird nicht gegen den Willen der Familie handeln (denn es gibt hier wieder Schwager und Schwägerinnen, Brüder und Schwestern) und wenn sie - obwohl sie Dich nicht kennt - bereits eine negative Einstellung zu Dir hat, wird sich das nicht ändern.
Was er Dir erzählt, wird nicht mal die Hälfte dessen sein, was er zu Hause zu hören bekommt.
Und seine Schwester hat sowieso nicht so viel zu sagen, weil Männer die Entscheidungen treffen.
Die Familie ist dagegen und das zählt für ihn. Und das Andenken des toten Vaters tut ein übriges.
Wenn er sich gegen die Wünsche seiner Familie stellt, wird er sich nicht gut fühlen. Im Gegenteil, sein Gewissen wird ihm zu schaffen machen. Die Familienbande sind ungleich stärker als bei Deutschen und Du kannst das offensichtlich nicht nachfühlen und nicht sehen.
Er würde unglücklich werden, wenn er sich aus der Familie löst und das würde er nicht verkraften. Und das wiederum würde Eure Beziehung mehr überschatten, als Du vorhersehen kannst. Da kann all Deine wohlmeinende Fürsorge, Dein Zureden nichts helfen, denn seine Liebe könnte sich sogar in Hass umwandeln, weil er Dir insgeheim Vorwürfe machen würde, dass Du ihn dazu gedrängt hast, mit der Familie zu brechen.
Kannst Du das denn überhaupt nicht verstehen, dass er da ganz anders ist als Du? Nicht besser, nicht schlechter, aber anders.
Interkulturelle Beziehungen sind schwierig, Beziehungen, die gegen den Willen der Familie geführt werden, ungleich schwieriger.
Da hilft auch viel Liebe nichts. Araber sind nun mal anders und eine arabische Frau weiß, was auf sie zu kommt. Du weißt es nicht.
Sonnenblume
Es ist schwierig genug, denn die Mentalitätsunterschiede sind so gewaltig, dass sie Eure Beziehung erdrücken würden. Er ist Araber, er hat eine völlig andere, nämlich viel engere Familienbindung als Du erahnen kannst. Da ist der Vater, da die Mutter, da die Brüder, da Onkel und Cousins vierten Grades. Und die Familie wird immer Vorrang haben und er würde es sich niemals verzeihen, wenn er da ausscheren würde und das Band zerreißen würde.
Was willst Du eigentlich dauernd mit seiner Mutter? Willst Du Dich dort einschmeicheln, lieb Kind machen, in der Hoffnung, sie würde ihre Arme für Dich öffnen? Auch sie wird nicht gegen den Willen der Familie handeln (denn es gibt hier wieder Schwager und Schwägerinnen, Brüder und Schwestern) und wenn sie - obwohl sie Dich nicht kennt - bereits eine negative Einstellung zu Dir hat, wird sich das nicht ändern.
Das ist eine gute Idee, denn dort sind Leute, die sich damit auskennen.Liebe123 hat geschrieben:ch habe mir eben auch einen Beratungstermin bei einem Verein geholt, der auf interkulturelle Beziehungen spezialisiert ist, weil ich einfach nicht mehr weiter weiß
D.h der hatte kein Interesse daran, Dich zu sehen und Dich in die Familie einzubinden.Liebe123 hat geschrieben:Seinen Vater habe ich letztes Jahr im Juli das erste und einzige Mal getroffen,
Die haben sich bereits eine Frau für ihn ausgesucht, die besser ins Familiengefüge passt als eine Deutsche.Liebe123 hat geschrieben:eine arabische Frau wäre besser und er könnte doch seine Cousin heiraten.
Ja klar, was auch sonst! Er sollte ja schließlich zu Dir halten.Liebe123 hat geschrieben:ch habe aber immer zu meinem Freund gehalten und versucht so wenig Druck wie möglich auszuüben, i
Du lässt wirklich nicht aus, um ihn von Deinen haushälterischen Qualitäten als künfitge Ehefrau zu überzeugen. Außerdem wird er als Araber ohnehin von einer künftigen Frau erwarten, dass sie das klaglos stemmt.Liebe123 hat geschrieben:In der Zeit danach habe ich meinem Freund die ganze Zeit den Rücken freigehalten, mich um seine Wohnung kümmert, um den Haushalt, um alles mögliche eben, damit er sich damit nicht auch noch beschäftigen muss.
Die Mutter wird sich nicht gegen den Willen des toten Vaters stellen, sondern sein Andenken fortführen. Und außerdem weißt Du doch gar nicht, wer in diesem Familienbund hier überhaupt das Sagen hat, wer Einfluss nimmt und wer beschließt, wen er heiraten darf und wen nicht? Du bist da echt ziemlich naiv.Liebe123 hat geschrieben:Nun ist es so, dass seine Mutter den Gedanken des Vaters weiterführt, arabische Frauen wären besser, warum er nicht den Wunsch seines Vaters erfüllen würde und sein Cousine heiratet und all dieses Zeug.
Weißt Du denn, was die Mutter zu ihm sagt über deutsche Frauen? Was glaubst Du denn? Sie wird Dich - Olivenöl hin oder her (Du lässt nichts aus, um Dich einzuschmeicheln) - wohl nicht gerade mit offenen Armen aufnehmen, sondern vielleicht abweisend und kalt sein. Er will Dich dort nicht einführen, weil er Angst vor einem Disaster hat und Dir das ersparen will.Liebe123 hat geschrieben:Was mich einfach ankotzt ist die Tatsache, dass seine Mutter mich bis heute nicht kennt. Ich habe ihr zum Beispiel aus meinem Urlaub letzte Woche ein tolles Olivenöl mitgebracht, über das sie sich sehr gefreut hat. Und immer wenn ich ihn frage, warum wir nicht einfach mal zu ihr fahren, sagt er, dass er mir das nicht antun möchte.
Was er Dir erzählt, wird nicht mal die Hälfte dessen sein, was er zu Hause zu hören bekommt.
Und seine Schwester hat sowieso nicht so viel zu sagen, weil Männer die Entscheidungen treffen.
Sie kann der liebste Mensch sein, aber ob sie zu Dir auch so lieb ist, ist fraglich. Denn die Familie hat was Anderes mit ihm vor.Liebe123 hat geschrieben: was für eine liebe Frau die Mutter ist und das ist auch bestimmt so, aber ich kann es nicht beurteilen, da wir uns bisher nicht kennengelernt habe.
Genauso ist es und das wird er auch nie abstreifen können und letztendlich auch nicht wollen.Liebe123 hat geschrieben:"Ich bin nun mal so ein Scheiß Araber, der in der Scheiß arabischen Tradition ist".
Die wollten Dich nicht und sie tun alles, um ihn auf ihre Seite zu ziehen. Vielleicht passt Du dort aber auch wirklich nicht hinein, auch wenn Du anderer Meinung bist.Liebe123 hat geschrieben:eine seiner Schwestern sagte ihm, dass sein Vater irgendwann mal meinte, dass das Treffen letzten Sommer mit mir ja sehr merkwürdig war und dass eine arabische Frau besser wäre.
Das würde ich an Deiner Stelle mal schön bleiben lassen. Glaubst Du, Du rauschst hier an und bringst ihr einen Blumenstrauß mit und wie wird sagen: sei meine Schwiegertochter!Liebe123 hat geschrieben: Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie so sehr dagegen ist. Ich überlege ernsthaft mich nächste Woche in den Zug zu setzen, mir einen Blumenstrauß unter dem Arm zu klemmen und zu ihr zu fahren.
Die Familie ist dagegen und das zählt für ihn. Und das Andenken des toten Vaters tut ein übriges.
Wenn er sich gegen die Wünsche seiner Familie stellt, wird er sich nicht gut fühlen. Im Gegenteil, sein Gewissen wird ihm zu schaffen machen. Die Familienbande sind ungleich stärker als bei Deutschen und Du kannst das offensichtlich nicht nachfühlen und nicht sehen.
Er würde unglücklich werden, wenn er sich aus der Familie löst und das würde er nicht verkraften. Und das wiederum würde Eure Beziehung mehr überschatten, als Du vorhersehen kannst. Da kann all Deine wohlmeinende Fürsorge, Dein Zureden nichts helfen, denn seine Liebe könnte sich sogar in Hass umwandeln, weil er Dir insgeheim Vorwürfe machen würde, dass Du ihn dazu gedrängt hast, mit der Familie zu brechen.
Kannst Du das denn überhaupt nicht verstehen, dass er da ganz anders ist als Du? Nicht besser, nicht schlechter, aber anders.
Interkulturelle Beziehungen sind schwierig, Beziehungen, die gegen den Willen der Familie geführt werden, ungleich schwieriger.
Da hilft auch viel Liebe nichts. Araber sind nun mal anders und eine arabische Frau weiß, was auf sie zu kommt. Du weißt es nicht.
Sonnenblume
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