Hallo in die Runde,
ich komme bei meinem Problem nicht weiter:
Anfang des Jahres lernte ich einen Mann kennen und es entwickelte sich eine tiefe, intensive Freundschaft zwischen uns. Wir kommunizierten täglich, sahen einander und vergaßen miteinander die Zeit. Wir hatten beide selbst mit Depressionen zu kämpfen. Seine kam organisch und ohne Therapiemöglichkeit durch Medikamente. Ihm hilft nur Sport. Sie setzte ein, nachdem er, der eigentlich so erfolgreich im Job war, durch eine Operation bei Kehlkopfkrebs kurzzeitig im Koma war. Es ist ein paar Jahre her, er kann nicht arbeiten, aber kämpft sich die schönen Dinge im Leben zurück.
Nach ein paar tiefen, hochphilosophischen Wochen ließ er immer mal wieder durchblicken, dass er Angst vor Frauen hat und beziehungsunfähig sei. Dass er sich an Menschen hänge und Verlustängste habe. Und dass die letzte Beziehung vor 2 Jahren ihn so sehr gequält hätte, dass er umziehen und sich vom Suizid abhalten musste. Die Hintergründe kenne ich nicht.
Eines Abends kam es trotzdem so, dass er mich mit seinen ängstlichen Augen nah an sich zogte und wir uns küssten, weil in den Wochen zwischen uns eine starke Anziehung gewachsen war, der wir zuerst widerstanden doch dann nachgaben. Es war klar, dass "nur" eine Freundschaft Plus zwischen uns nicht möglich war, da wir zu tief miteinander verbunden waren und uns nicht gegenseitig zur "N..." machen wollten. Aber Beziehung, wir erwähnten vorher beide, dass wir Angst vor so etwas haben.
Nach diesem Abend mit dem Kuss war ein paar Tage Funkstille. In der Zeit spürte ich, dass ich mich sehr zu ihm hingezogen fühle und mich öffnete, konnte meine Gefühle aber nicht sortieren. Nur insoweit, dass er mir als Freund bereits so viel bedeutete, dass ich die Verbindung halten wolle, selbst wenn aus uns nichts würde.
Er jedoch schickte mir nach ein paar Tagen mehrere Voicemails und erklärte, dass er das mit uns wolle, aber nicht könne. Die Intensität zwischen uns hätte ihn körperlich getriggert und alte Wunden aufgerissen. Er könne nichts anderes geben als Freundschaft, aber die Intensität zwischen uns mache ihm Angst, dass daraus mehr werden und in einer Katastrophe enden könne.
Anschließend führten wir noch ein letztes Gespräch und waren beide den Tränen nah. Er sagte, er wolle so gern, aber könne nicht. Die Intensität zwischen uns käme immer wieder und deswegen dürfen wir uns nie wieder sprechen. Ich war so perplex, dass ich es nicht direkt verstand.
Wir wohnen nur 2km auseinander, haben sogar dieselbe Buslinie.
Wir blieben ins Social Media befreundet, er wollte mich nicht löschen. Wie schon zu Beginn: Er hängt sich an Menschen und hat sogar die Damen nicht gelöscht, mit denen er einst zusammen war oder Affären hatte und die ihn danach permanent heulend beknieten, so dass er genervt war.
Ich tat nichts, außer dass ich mich weiter aus meiner Depression kämpfte, vorsichtigen Kontakt zu wichtigen Personen wieder aufnahm, anfing, ein Blog zu schreiben und positivere Dinge auf meinem FB-Profil zu teilen. Er beobachtete mich auf den Kanälen genauso wie ich ihn, so sind wir beide einfach. Ich machte mir Sorgen, denn als Corona losging und er nicht mehr seinen gewohnten Sport treiben konnte, wusste ich, dass er als Risikopatient an seine Wohnung gefesselt ist, während ich draußen noch die Natur wahrnehmen kann.
Nach ein paar Wochen teilte ich den Link zu meinem Blog für ausgewählte Leute auf meinem Profil. Nach all den Jahren, in denen ich selbst so ein distanter Mensch war, formulierte ich darin aus, wie ich in die Depression geriet, wie ich damit umgehe und kleine Geschichten des Alltags, während ich dort herauskomme. Mittlerweile fühle ich mich wesentlich besser als zuvor. Mich begleitete durch die Zeit einiges, was er mir an "Weisheiten" mitgab und ich spüre mittlerweile eine sanfte Liebe für ihn, ohne ihn bedrängen zu wollen. Ich bin so dankbar, dass es ihn gibt und für die Freundschaft, die wir teilten. Ich bleibe im Blog sehr anonym, gebe Menschen keinen Namen und schreibe bei biografischen Sachen nicht, was genau vorgefallen ist. Die Texte sind im Gegensatz zum Anfang mittlerweile lebensfroh und geschichtenlastig.
Ich bemerkte, dass er diesen Blog auch täglich liest, sogar mehrfach aktualisiert.
Nach kurzer Zeit - wir hatten seit 5 Wochen keinen Kontakt, änderte er bei WA sein starres Profilbild durch ein Foto von einer Sache, über die wir beide individuell zuletzt sprachen. Ich schrieb ihm daraufhin zum ersten Mal ein Lob für das Bild. Keine Antwort. Er wusste, dass ich meine Freundschaft nicht von ihm nehme. Immer mal wieder postete er dann subtile Dinge, die sich auf meinen Blog bezogen, ohne jedoch deutlich zugeben zu wollen, dass er ihn liest.
Irgendwann postete ich bei FB ein aktuelles Bild von mir. Daraufhin klickte er wie wild meinen Blog an, postete auf seinem Profil einige Lovesongs, darunter auch "Jealous Guy" von John Lennon. Ich folgerte, dass er Verlustangst hatte, weil Kerle anfingen, mein Bild zu liken. Er blieb auch immer so lange online, bis ich unter einem seiner Posts ein Like gab. So als ob es die Kontrolle war, dass es auch wirklich bei mir ankommt, was er damit aussagen wolle.
Um ihm Sicherheit zu geben, fing ich an, in meinem Blog subtil, aber authentisch zu schreiben, dass es einen Menschen gibt, für den ich Liebe und tiefe Freundschaft empfinde und dass wir zwar nicht miteinander reden, aber er genau wisse, dass ich da sein würde, wenn er es irgendwann doch wieder könne. Das las er und danach ebbten die Versuche ab, mir indirekt deutlich zu machen, dass er meinen Blog liest.
Er empfahl auf seinem Profil indirekt ein Buch, das ich kaufte und las. Es geht darum, dass der Protagonist eine tiefe äußere Krise überwinden müsse in einer der schlimmsten aller Zeiten, von der er nicht weiß, wie lange sie andauert. Aber dass die Aussicht darauf, an ihrem Ende draußen jemanden warten zu haben, der einen liebt, dazu anhält, diese Zeit zu überleben. Ich fasste es in meinem Blog zusammen und schrieb darunter, ob wohl der mir so besondere Mensch wisse, dass ich am Ende dieser jetzigen schlimmen Zeit draußen auf ihn warte, egal wie lang sie dauern möge.
Ein paar Tage später änderte er sein Bild bei WA erneut. Das Cover von Voltaires "Candide". Der wichtige Satz des Buches lautet, dass man seinen Garten bestellen müsse. Im übertragenen Sinne bedeutet dies wohl, man müsse aktiv werden, sich um sich selbst kümmern. Ich kommentierte im WA, dass ich hoffe, es gehe ihm gut und dass ich das Buch früher auch las. Natürlich kam keine Antwort, aber er schaute immer wieder bei WA rein, bis ich meinen Satz geschrieben hatte.
Offiziell wusste er zu diesem Zeitpunkt nur aus meinem Blog, wie ich für ihn empfinde. Er hatte von mir selbst nichts derartiges geschrieben oder kommuniziert bekommen.
Es kam die Nacht zum ersten Mai. In unserer Region stellt man traditionell den Liebsten einen Maibaum vor die Tür. Ich schrieb einen Blogbeitrg darüber, wie schön und liebevoll ich diese Tradition finde. Er klickte an diesem Tag sehr häufig darauf und kontrollierte FB, bis ich abends wohl wieder länger online war. Ich stellte keinen Baum. Am nächsten Tag postete er bei FB: "Nur wer ein Fass aufmacht, der kriegt auch zu trinken". Wieder wartete er ab, bis ich es likete. Ich verstand es so, dass er von mir die Offenheit erwartet, zu meinen Gefühlen zu ihm zu stehen (also nicht nur im Blog). Ich bastelte ein Maiherz und eine Notiz ("Damit du es jeden Tag weißt) und warf sie in seinen Briefkasten. Er wusste durch meinen Blog mittlerweile, dass er meinen Verlust nicht zu befürchten hat und dass ich an seiner Seite bleibe, auch stillschweigend und ihm alle Freiheit gebend, die er für sich selbst braucht.
Er hat es wohl bekommen. Denn gestern blockierte er mich bei FB. Nachdem er bei WA noch ein paar mal kontrollierte, ob ich zeitgleich online bin, hat er mich nun auch dort blockiert. Ich stellte zuvor keine Nachfrage, was das denn solle. Ich ließ ihn einfach gewähren.
Ich liebe diesen Mann und ich möchte ihn zu nichts drängen. Vielleicht habe ich seine Zeichen auch missverstanden, aber es zählen ja nur die Taten. Ich frage mich, ob er mich geblockt hat, um mich nicht dauernd zu kontrollieren und an sich selbst zu arbeiten, damit er irgendwann, wenn er nach Corona wieder normal leben kann, wieder auf mich zugehen kann, oder weil er daran festhält, mich nie wieder sprechen zu wollen und ich es endlich kapieren solle. Aber wozu dann die ganzen subtilen Dinge, er hätte mich ja auch innerhalb der letzten 3 Monate jederzeit blockieren können.
Nun aktualsiert er weiterhin ständig meinen Blog und ich frage mich, was er darin lesen will. Soll ich offen zu meinen Fragen und der Trauer stehen? Soll ich ab und an weiterhin signalisieren, dass mir dieses Verhalten gar nichts kann und nichts an meinen Gefühlen zu ihm ändert, oder soll ich es komplett ignorieren und nur noch irgendwelche anderen Stories schreiben? Er hält durch den Blog noch an mir fest, aber ich bin mir sehr sicher, dass ihm der Schritt nicht leicht gefallen ist, mich über die sozialen Kanäle zu blockieren und nicht mehr zu beobachten.
Danke für jede Hilfe.
Ist seine Kontaktsperre aus Selbstschutz?
Re: Ist seine Kontaktsperre aus Selbstschutz?
Depression ist eine psychische Krankheit, und niemand von uns Laien ist auch nur ansatzweise qualifiziert, dich zu beraten. Du bist besser bei einem Therapeuten aufgehoben.
Ich wünsch dir alles Gute.
Ich wünsch dir alles Gute.
"Zwei Dinge sollten Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel." – Johann Wolfgang Goethe, Erfinder von Chicken Wings mit Pommes
Re: Ist seine Kontaktsperre aus Selbstschutz?
Hallo Kolibriti,
ich kann Dir nur dringend raten Dich da nicht weiter zu versteigen. Höre mit der persönlichen Posterei auf und widme Dich wieder anderen Dingen.
Es mag gut sein, dass ihr Euch gegenseitig Spiegel seid. Das macht dann auch dieses intensive Gefühl. Es würde sich herausstellen, dass da ziemlich leere Gefäße ihre Wünsche projizieren. Nach Deiner Aussage seid ihr beide krank.
Er hat bereits erlebt, was das Ergebnis so einer Geschichte ist und ist klug genug, es nicht mehr zu probieren. Belass es dabei. Du möchtest nicht erleben, dass Du am Abgrund landest.
Solltest Du noch nicht in Behandlung sein, möchte ich Dir empfehlen, dass Du sobald das wieder möglich ist, damit startest.
ich kann Dir nur dringend raten Dich da nicht weiter zu versteigen. Höre mit der persönlichen Posterei auf und widme Dich wieder anderen Dingen.
Es mag gut sein, dass ihr Euch gegenseitig Spiegel seid. Das macht dann auch dieses intensive Gefühl. Es würde sich herausstellen, dass da ziemlich leere Gefäße ihre Wünsche projizieren. Nach Deiner Aussage seid ihr beide krank.
Er hat bereits erlebt, was das Ergebnis so einer Geschichte ist und ist klug genug, es nicht mehr zu probieren. Belass es dabei. Du möchtest nicht erleben, dass Du am Abgrund landest.
Solltest Du noch nicht in Behandlung sein, möchte ich Dir empfehlen, dass Du sobald das wieder möglich ist, damit startest.
Manchmal muss man einfach springen und sich auf dem Weg nach unten Flügel wachsen lassen.
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