Liebe Marsi,
zeurst wollte ich nichts schreiben, jetzt hab ich mich doch umentschieden
Marsi hat geschrieben:Nur mit der Ausnahme, dass ich es bereits weiß, dass es an mir und meinem Selbstbildnis liegt. In mir sind Dinge verschüttet, die heraus wollen, tief drinnen. Und ich werde das auch nicht alleine schaffen. Das hat auch nichts mehr mit der "Beziehung" zu tun, die wir hatten. Du hast Recht, das weiß ich. Das liegt jetzt einzig und allein an mir und meinen "Dämonen".
Hut ab, so eine schnelle Erkenntnis haben nur die Wenigsten.
Dass sie dann auch noch den nächsten Schritt gehen und sich wirklich Hilfe suchen: WOW. Ganz großes Lob an dieser Stelle an dich. Ich finde es klasse, dass du dich demgegenüber nicht negativ verstellst und es wirklich anpacken willst.
Kleiner Tipp: Vielleicht gibt es mehrere Psychologen bei dir in der Nähe? Dann mach lieber auch dort noch einen Termin aus. das Wichtigste bei der Therapie ist das Verhältnis zwischen Therapeut und Patient. Wenn das nicht stimmt, bringt auch die beste Therapie nichts. Einige Studien sagen, dass zwischen 40-80% des Therapieerfolges von der Beziehung abhängt. Wenn du also mit dem am 20.10 nicht ganz so glücklich bist, dann schau dich lieber noch einmal weiter um. Rechne ggf. auch mit längeren Wartezeiten, je nach Wohnort.
Und noch etwas: Hast du eine Berufsunfähigkeitsversicherung? Falls nicht, schau mal ob du die abschließen kannst / möchtest. Nach dem Beginn einer PT ist es fast unmöglich noch in eine Versicherung hineinzukommen.
Marsi hat geschrieben:Mittlerweile weiß ich auch, dass diese Beziehung eine Flucht vor mir selbst war. Du hast Recht Sonnenblume, vor mir und meinem armseligen Leben und meinem völlig gestörten Selbstbildnis. Jetzt wo ich mich damit auseinandersetze, steht das auch völlig klar vor mir. Aber ich habe deswegen auch enorm große Angst. Angst vor mir selbst, Angst vor dem was aus mir rausbrechen wird. Auch wenn ich weiß, dass ich hinterher gefestigt und mit mir im Reinen sein werde.
Ein guter Therapeut kann diese Angst und die Gefühle, die dann in dir herausbrechen, gut auffangen. Und der Vorteil an einer Therapie im Gegensatz z.B. zu einer Darm-Op: Du hast viel mehr Einfluss deine Heilung selbst zu bestimmen. Und danach gehst du - wie du schon sagst- gestärkt daraus hervor. Ich bin mir sicher, dass du das schaffen wirst. Ich schicke dir gleich mal einen Artikel per PN über Angst und Neuanfänge. Den fand ich ganz spannend und hat mir irgendwie Mut gegeben und gezeigt, dass ich allein das alles in der Hand habe

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Marsi hat geschrieben:Was mir gerade schrecklich leid tut und mich auch zum Weinen bringt ist, dass ich ihn benutzt habe. Diese Erkenntnis tut mir gerade furchtbar weh, schrecklich weh und ich muss weinen. Ich kann nur hoffen, dass ich ihm außer dass ich gefordert habe, auch genug gegeben habe und ihn nicht verletzt habe. Das tut mir gerade schrecklich leid

Ich schäme mich.
Du hast ja nun meine Geschichte gelesen und weißt, dass ich genau die gleichen Gefühle / Gedanken hatte/habe. Deshalb kann ich dich da total verstehen. Ich wollte mich mit meinem Ex auch deshalb treffen, weil ich mich entschuldigen wollte und weil es mir unendlich peinlich ist, was ich da manchmal abgezogen habe...
Aber vergiss bitte nicht: Du wusstest es vorher nicht besser. Du hast nicht aus Boßhaftigkeit gehandelt und mit dem Ziel ihm Schaden zuzufügen. Du hattest gute Absichten und hast (da bin ich mir ziemlich sicher) aus tiefem Herzen gehandelt und wolltest ihm wirklich nur Gutes.
Ich habe mich wochenlang fertig gemacht, dass ich meinen Ex so behandelt habe und ihn deshalb von mir weggetrieben habe. Zwischen Selbsthass, Schuldgefühlen, Scham und Traurigkeit konnte ich gar nicht mehr richtig leben.
Zwei Dinge dazu:
Meine Schwester ( ich glaube sie verdient insgesamt einen Orden so sehr war sie für mich da im letzten Jahr) sagte mir immer: Du wusstest es nicht besser. Du hast so gehandelt, wie es dir in diesem Moment möglich war. Schlimm - und nur das dürfte ich mir vorwerfen- wäre es, wenn ich jetzt , mit dieser Erkenntnis, weiterhin so handle und bewusst Leute "ausnehmen" würde. Dann gäbe es einen guten Grund sich zu schämen und böse zu sein.
Ein Beispiel, weg von dem Liebeskummer. Ich hatte - warum auch immer- extreme Probleme mit dem Bruchrechnen, ich hab einfach keinen Zugang dazu gefunden. Alles andere war kein Problem, aber Bruchrechnen...
Sie sagte, wenn ich dir jetzt noch einmal Bruchrechnen erklären würde und dir würde dabei auffallen, was dein Problem all die Jahre damit war, würdst du dich dann dafür hassen und selbstgeißeln, nur weil du es früher einfach nicht besser wusstest?
Wenn du dich jetzt weiter so doof beim Rechnen anstellst und die gleichen Fehler machst, dann kannst du böse auf dich sein.
Aber du verurteilst doch nicht dein 12-18 Jähriges ich dafür, dass es den Denkfehler nicht erkannt hat. Stattdessen sollte man doch eher liebevoll und mit einem zwinkernden Auge auf sich schauen und es von nun an besser machen.
Und so solltest du es auch mit der Beziehung sehen.
Erinnerst du dich vielleicht noch daran, als du einen Freund unfair behandelt hast und es erst gemerkt hast, als er es dir gesagt hat?
Hast du dich da auch jahrelang für geschämt?
Und Zweitens:
Dein Ex hat dich so gebraucht, wie du ihn gebraucht hast. Es war ein Geben und ein Nehmen, sonst hätte es nicht so lang gehalten. Wenn du es extrem sehen möchtest, kannst du dich auch fragen, warum er dich so gnadenlos ausgebeutet hat und dir nicht voher die Grenzen aufgezeigt hat. Aber das wäre Unsinnig, denn auch er war sich dessen ja nicht bewusst.
Aber zu diesem "Spiel" gehören auch immer zwei.
Mein Ex hat mich angeflehnt ich solle einen Plan machen, um uns aus der Situation herauszubringen. Er hat also genau an die Eigenschaften in mir appelliert, an denen es (unter anderem) letztendlich gescheitert ist. Das hat er bestimmt nicht bewusst gemacht, denn auch er wird nicht wissen, was er bei sich befriedigen wollte und in mir ausgelöst / bedient hat.
Kann ich ihm deswegen böse sein? Ein kleinesbisschen schon, aber auch nur in genau der gleichen Weise, wie ich mir böse sein sollte.
Kleiner Denkanstoss: Bist du dir, oder deinem Ex "böser" und ist die "Wut" gerecht verteilt, oder bestrafst du dich gerade stärker als du es bei anderen Menschen tun würdest?
Ein positiv Beispiel (ich weiß, ganz verrückt bei mir

)
Bei meinem jetzigen Partner würde ich mit meiner bisherigen "Strategie" überhaupt nicht weit kommen und er lässt mich da auch eiskalt gegen die Wand fahren. Er möchte nicht, dass ich seine Aufgaben übernehme oder seine Probleme löse. Er redet mit mir offen darüber und sucht je nach Bedarf auch meine Nähe, aber den Hauptakt auf der Bühne in seinem Leben, spielt er. Das heißt er löst seine Konflikte und überlässt sie mir nicht, damit ich sie löse. Ganz schönes Neuland für mich, das kannst du mir glauben. Denn auf einmal spiele ich auch die Hauptrolle in meinem Leben, dazu drängt er mich nämlich mit seinem Verhalten. Ich stehe echt blöd und verlassen gerade da.
Am Anfang habe ich das als mangelnde Empathie und Kälte interpretiert und ich stand schon 1-2 Mal davor, mich deswegen ganz von ihm zu distanzieren. Mittlerweile weiß ich , dass er einfach ziemlich genau über sich selbst und seinen Stärken und Schwächen bewusst ist und daher auch angemessen reagieren kann. Das heißt nicht, dass er keine Schwächen hat oder auch noch genug in ihm schlummert um gelöst zu werden...
Mein Problem: Es fällt mir schwer zu unterscheiden was "normale" Hile und was aufgezwungen ist und aus meinen Problemen her resultiert. Er hat es ja Jahre lang angenommen und ich würde auch sagen, dass ich ihn nicht immer überbemuttert habe. Da arbeite ich noch dran zu erkennen, was "gesunde" und was ungesunde Bedürfnisse sind..
Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles Gute und bin mir wirklich sicher, dass du das schaffen wirst! Dass, was du in 3 Wochen erkannt hast, dafür habe ich 9 Monate gebraucht... Also hier hast du schon ordentlich abgekürzt
