Trennung als Chance begreifen

Die Trennung verarbeiten und nach vorne schauen
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neuss1970
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Trennung als Chance begreifen

Beitrag von neuss1970 » So 27. Mai 2012, 11:21

Hallo Theresa,

ich kann nur bestätigen, was Du schreibst. Nach fast 11 jähriger Beziehung haben wir (ich 42 und sie 37) uns im April 2011 getrennt. Unsere Beziehung war in eine Sackgasse geraten und ich hatte nicht den Abstand zu erkennen, warum. Ich bin in ein sehr tiefes Loch gefallen und habe lange gebraucht, um wieder Boden unter den Füßen zu spüren. Verdrängt habe ich nichts, sondern mich auch mit externer Hilfe sehr intensiv damit auseinandergesetzt, was geschehen ist und warum unsere Beziehung so enden musste. Ich kenne heute meine Schwächen, die es ihr an der einen oder anderen Stelle nicht leicht gemacht haben und am Ende dazu geführt haben, dass Sie sich schwer enttäuscht von mir getrennt hat. Ängste, mangelndes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, fehlende Grenzziehung und fehlender Mut, zu meinen Bedürfnissen zu stehen und diese zu artikulieren waren ursächlich dafür, dass wir keine gleichberechtigte, respektvolle Beziehung geführt haben. Heute weiß ich, dass niemand anders dafür verantwortlich ist als ich. Ich habe mich durch diese Grenzerfahrung definitiv persönlich weiterentwickelt und betrachte dies als Geschenk.

Es gibt solche und solche Tage, aber unterm Strich bin ich heute mehr in Verbindung mit mir und versuche wann immer möglich bei mir zu bleiben. Ich bin innerlich viel ruhiger und ausgeglichener, obwohl ich mir die Haare nicht gefärbt habe, immer noch in der selben Wohnung lebe und auch sonst mein Leben nicht radikal verändert habe. Ich habe mich viel besser kennen gelernt. Hiervon wird sicher auch eine potentielle neue Partnerin profitieren, weil ich klarer und weniger außenorientiert bin.

Meine Ex-Freundin hatte den Kontakt zu mir abgebrochen, auf keine meiner zahlreichen Briefe reagiert und nach drei Monaten eine anderen Typ im Urlaub kennen gelernt. Ich hatte immer den Wunsch, mich auszusprechen und mit ihr über meine Gedanken zu sprechen, aber für sie gab es nichts mehr über uns zu reden. Vor zwei Wochen haben wir uns nach 13 Monaten für 2 h auf einen Kaffee getroffen. Auf meine Initiative. Und es war schön. Ich habe mich zusammen gerissen und mit ihr über dies und das, aber nicht über uns und über Gefühle geredet. Mein Herz hat sehr gepocht und ich habe gespürt, dass ich sie sehr vermisse in meinem Leben. Ist es noch Liebe? Ich glaube ja. Auf jeden Fall brauchte ich dieses Treffen und wollte sie nochmal sehen. Dummerweise arbeitet sie im selben Unternehmen und seit letzter Woche auch im selben Gebäude. Um so wichtiger war dieses Treffen für mich. Vielleicht auch um zu spüren, dass ich keinen Small Talk mit ihr führen möchte. Dafür bedeutet sie mir zu viel. Ich habe ihr verziehen und mir auch und wünsche ihr nur das Beste. Gleichzeitig bin ich dankbar für all das, was wir zusammen erlebt haben und habe ihr viel zu verdanken. Auch wenn wir nie wieder zusammen kommen sollten bleibt dieses Gefühl der Wertschätzung für unsere gemeinsame Zeit. Ich kann die Vergangenheit nicht ändern, sondern es in der Gegenwart und Zukunft nur besser machen.

Ich schreibe dies so ausführlich, weil ich jeden ermutigen möchte, nach einer Trennung nicht wegzulaufen, nicht zu verdrängen, sondern sich erstmal mit sich zu beschäftigen, in Verbindung mit sich zu treten, die Freundschaft zu sich zu stärken, um als reiferer Mensch neue Chancen robuster wahrnehmen zu können und authentischer zu sein als in der Vergangenheit. Echte Freunde von guten Bekannten zu unterscheiden, aufhören, sich mit anderen zu vergleichen usw. Zufrieden sein, Dinge schätzen, die einen ausmachen und die man hat. Die alte Beziehung wird es nicht mehr geben. Sie existiert nur noch im Rückspiegel. Ich habe gelernt, wieder alleine zu leben. Es gibt für mich keine Neuauflage, sondern wenn, dann eine ganz neue bereichernde Beziehung, vielleicht mit der Ex, vielleicht mit einer anderen Frau, bei der ich so sein darf, wie ich bin und auch die Frau so sein darf, wie sie ist. Und trotzdem soll das Gefühl mit ihr schöner sein, als ohne sie. Ich vertraue darauf, dass sich neue Chancen für mich ergeben und alles gut wird. Wenn ich willensstark bin und offen bin für Neues. Herzliche Grüße, C.

diePat
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Re: Trennung als Chance begreifen

Beitrag von diePat » So 27. Mai 2012, 11:49

Ich antworte auch mal.
Ich habe nach der Trennung von meinem Mann ca 8 Wochen gebraucht, um das alles zu verstehen (er hat mir von heute auf morgen gesagt, dass er mich nicht mehr liebt, 13 Jahre Beziehung beendet und mich und meine Kinder "sitzen" gelassen). Ja, ich habe gekämpft, dass er zurück kommt, aber er wollte es definitiv nicht.
Dann habe ich eine Veränderung bei mir gespürt (meine Stimme ist seit dem anders) und angefangen, MEIN Leben zu leben: abgenommen, mich dann (komplett) neu eingekleidet (so, wei ich mich fühle - die alten Sachen passten nicht mehr zu meinem neuen ich), mich äußerlich verändert (Haare, Make up), mir endlich mal Pumps gekauft (die fand mein Ex immer doof), mir Massagen verschreiben lassen, etc. Das alles führte dazu, dass ich nun wieder gerade durchs Leben gehen kann, mich in mir total wohl fühle, mich gerne im Spiegel anschaue, Leute auf der Straße einfach mal anlächle, wieder ich bin. Das es mir gut geht merken auch andere Leute - ein nettes lockeres Gespräch an der Kasse über irgendwas Banales mit einem Wildfremden hätte ich mir vorher gar nicht vorstelen können.
Schlussendlich kann ich sagen, dass die Trenung das Beste ist, was mir passieren konnte. Ich will ihn jetzt nicht mehr zurück, da er sich nicht verändert, weil ich als neue Pat ihn mir nicht mehr als Partner vorstellen kann.
Für mich war die Trennung die Chance wieder so zu werden, wie ich mal war, wie ich mich damals wohl gefühlt habe.

Lieben Gruß
Pat

Lischen
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Re: Trennung als Chance begreifen

Beitrag von Lischen » So 27. Mai 2012, 16:25

@Neuss:
Ich finde das was du geschrieben hast sehr gut! ich merk eauch das ich seitdem er mich verlassen hat anfang märz jeden tag ein bisschen mehr zu mir zurück finde, denn in der beziehung hab ich mich, obwohl ich es garnicht wollte, in den letzten 3 jahren zunehmend mehr verloren, nur noch auf ihn konzentriert usw.

klar ist eine trennung auch ein reisige chance aber womit ich definitiv probleme habe ist das ich ihn noch sehr liebe und die gefühle seit der trennung nicht gerade weniger werden! ich weiß einfach nicht wie ich damit umgehen soll?!

ich kann nicht einfach einen knopf drücken und ihn nicht mehr lieben...wie war das denn für dich als du nach so langer zeit auch noch gemerkt hast du liebst sie noch? ich denke auch bei mir wird das lange anhalten, vermutlich werde ich ihn auf eine bestimmte art und weise immer lieben, denn er ist meine erste große liebe und 10 jahre sind keine kurze zeit.

nur dadurch wäre ich garnihct wirklich frei für eine neue beziehung und so wie es jetzt ist könnte ich auch garkeinen anderen mann in mein leben lassen, geschweige denn lieben....
LG
Lischen

danisahne84
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Re: Trennung als Chance begreifen

Beitrag von danisahne84 » Mo 28. Mai 2012, 14:14

@ Lischen...
Genau so wie dir geht es mir auch...bei uns ist es erst seit 5-6 Wochen auseinander, ich habe in unserer Ehe den gleichen Fehler gemacht wie du, ich wollte für ihn da sein und habe mich verloren....ich bin trotz der kurzen Zeit wo er weg ist, wieder in MEINEM Leben angekommen....aber zu meinem Leben gehört er eben auch noch und ich will ihn eigentlich auch darin behalten... Ich versuche zwar mittlerweile ihn loszulassen, weil er auch eine Neue hat....aber das unsere ganzen Freunde sagen, Er fängt sich wieder...gib ihm Zeit, er kommt zurück, meine noch Schwiegermutter ist ebenfalls der festen Überzeugung das er zurück kommt( eigentlich müsste sie ihren Sohn ja am besten kennen) lässt die Hoffnung nicht sterben :oops:


Nichts desto trotz, wir müssen unserer Altlasten entsorgen um frei sein zu können, auch wenn es schwer fällt.

alica
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Re: Trennung als Chance begreifen

Beitrag von alica » Sa 9. Jun 2012, 12:45

@Neuss: vielen Dank für deine worte, Dein beitrag hat mich echt berührt. ich möchte mich hier - ein wenig spät - noch anschließen, weil ich denke, zu dem Thema auch etwas sagen zu können.

Bei mir ist es heute genau 3 Monate her seit der Trennung. Einige Tage danach habe ich mir gedacht, diesmal gehe ich definitiv zum Psychotherapeuten, weil ich diesmal Hilfe brauche mir klar zu machen, dass ich es wert bin, eine schöne Beziehung zu haben (den Psychotherapeuten halte ich für einen Luxus, den ich mir schon lange einmal leisten wollte), bin dann aber auf das Ex-zurück-gewinnen-Paket, etc gestoßen. Die Strategie hat definitiv Wirkung gezeigt, auch wenn es sehr langsam vorangeht. Das lag vielleicht auch daran, dass es in der Familie meines Ex einen Unglücksfall gab, und da habe ich einfach damit gerechnet, dass er noch ein paar wochen länger braucht sich zu melden, was er dann auch getan hat.

Ganz am Anfang meines neuen Lebens allein hatte ich gedacht, in 4 Wochen bin ich über ihn hinweg. Dann wurde mir bald klar, so schnell geht es nicht. Heute geht es mir zwar wieder sehr gut und ich bin die meiste Zeit auch guter Dinge, es dauert aber doch viel länger, wirklich wieder frei zu werden. Daran haben auch die Ratgeber ihren Anteil. Ich versuche es heute als Prozess zu begreifen und mir die Zeit zu geben, die ich brauche, ohne auf Ablenkungen zu verzichten. Nach den ersten Wochen war mir klar, dass ich an meinem Leben nicht sehr viel verändern muss (Job, Hobbies, Freunde), wohl aber, dass ich im Grunde überhaupt keine Vorstellung davon hatte, was ich mir wirklich für eine Beziehung wünsche, und dass ich mir darüber Klarheit verschaffen sollte. Ich bin sozusagen völlig ohne "masterplan" in die Beziehung gegangen, wie in viele vorher. Damit meine ich gar nicht, dass man das jetzt durchplanen sollte, sondern dass man Klarheit darüber haben sollte, wo die paar dinge liegen, auf die man im Leben und in einer Beziehung wirklich nicht verzichten möchte, was auch bedeutet, dass man dann mit vielen Kleinigkeiten viel besser klar kommt. In meiner letzte Beziehung bin ich schon auch sehenden Auges auf die Probleme zugegangen, die sich da abgezeichnet haben, in der Hoffnung, dass sich am Ende alles in Wohlgefallen auflöst. Hätte ich gewusst, wo meine "non-negotiables" liegen, hätte ich die Beziehung vielleicht nicht begonnen - oder dann nicht plötzlich von einer Woche auf die andere meinen Ex mit meiner Unzufriedenheit überfordert, weil er die Dinge eben nicht so angegangen ist, wie ich mir das vorgestellt hätte.

Ehrlich gesagt bin ich mit dem Thema noch lange nicht durch. Wo ich die Chance sehe, ist aber, dass ich mich endlich zwinge, mich damit auseinanderzusetzen. Ich bin im Job ein sehr zielstrebiger Mensch, und kann relativ mühelos meine Pläne verfolgen. Mir ist zB bewusst geworden, dass ich zum Ausgleich dafür viel "Abenteuerfaktor" und Spontanität in meinem Privatleben brauche. Aber an das "es wird sich alles so ergeben wie es soll wenn nur der Richtige kommt" glaube ich inzwischen nicht mehr. Man muss schon auch an sich selbst arbeiten, überlegen, was man will und was man zu geben bzw. wo man nachzugeben bereit ist. Und wenn es eben noch eine Zeitlang braucht, sei es drum. Derzeit habe ich mit meinem Ex noch nicht ganz abgeschlossen. Wie eine Krabbe schleicht er sich seitwärts an. Manchmal fällt es mir höllisch schwer, offen zu bleiben, für das was da kommen mag - oder eben auch nicht. Ich habe Lust, die Tür zuzuschleudern und mich in ein neues Leben ohne Gedanken an den Ex zu stürzen. Oder die Strategie ganz aufzugeben und es darauf ankommen zu lassen, wenn ich dafür nur endlich Gewissheit bekäme, dass es nicht klappt.

Aber ich denke, so ganz in Ruhe komme ich besser bei mir selbst an. Und ich kann nur jedem empfehlen, nicht vor sich selbst davonzulaufen.

orangschinli
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Re: Trennung als Chance begreifen

Beitrag von orangschinli » Mi 13. Jun 2012, 06:56

hallo zusammen

ich möchte mich hier auch noch einklinken. bin gerade eben auf diesen tread gestossen und finde mich in den beiträgen wieder.
neuss und alica ihr sprecht mir aus der seele. ich habe auch den eindruck, dass ich mich durch diese trennung auf einen selbstfindungstrip begeben habe.
ich hätte es ja nie für möglich gehalten, was da alles wieder zum vorschein kommt. dachte auch zuerst, na das erste mal verlassen werden ist halt scheisse, aber irgendwie geht das schon naja und dann kommen nah dis nah immer wieder neue alte sachen zum vorschein, die es an zu schauen gilt. es ist nicht nur toll sich diesen sachen zu stellen, aber gleichzeitg weiss ich auch, dass es sich nicht lohnt davor weg zu laufe. wenn ich es nicht jetzt anschaue dann bricht es irgendwann wieder hervor. also mach ich es letzten endes mir zu liebe!
und ich merke auch, wie ich mir selber wieder näher komme, mich selber wieder entdecke und das macht mir mut. die wichtigste beziehung ist die zu sich selbst. und daran will ich mir zu liebe arbeiten!

wünsche euch alles gute und weiterhin viel kraft beim strampeln ;)
It's not about waiting for the storm to pass; it's about learning to dance in the rain.

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