mel_t hat geschrieben:Man kann diese Ängste überwinden, dafür muss derjenige einsehen, dass er Angst hat. Und gerade Männer sind tun es sich dabei schwer!
Die Frage ist, ob man die Ängste überwinden kann, wenn man die Ursache kennt. Ich denke, man kann dann einfach besser damit umgehen, weil man weiß, ich verhalte mich gerade wieder so ambivalent, weil es mir zu eng wird. Und zu eng wird es mir, weil ich den Partner nicht an mich ranlassen kann. Und das kann ich nicht, weil sich etwas in mir dagegen sperrt. Und das sperrt sich, weil die uralten Ängste, die ich verinnerlicht habe, seit ich denken und fühlen kann, wieder mal hochkommen. Und dann kann ich meinem Unbewussten sagen: Keine Gefahr im Verzug, nur ein Partner der Nähe sucht. Und dann geht es auch wieder leichter das zuzulassen, denn das Gegenteil kennt man ja auch: Alleinsein, Kälte, schlechtes Gewissen usw.
Sprich, man kann lernen, sich selbst zu überlisten. Überwindung in dem Sinn, dass die Ängste nicht mehr da sind, wird es wohl kaum geben, denn dazu sind die Verhaltensweisen und Gefühlsmuster zu stark in uns eingebrannt. Ich rede von mir als BP, denn ich bin der großartige Gegenpart zum aktiven BP. Ich bin der passive, der alles hinnimmt, grenzenlos leidet und nie die Hoffnung aufgibt. Pardon, aufgegeben hat. Jetzt ist mir klar, dass solch eine Verbindung ungesund ist und ich habe keine Lust mehr, mich zu quälen oder quälen zu lassen.
Mein BP erkannte irgendwann sehr wohl, was ihm fehlt. Er kaufte sich sogar Bücher darüber. Das Ende vom Lied war: es half nichts. Er wusste zwar um seine Defizite und dass er jede Frau unglücklich machte, aber er fand die Ursache nicht heraus bzw. er WOLLTE sie gar nicht herausfinden, denn das hätte zu viel Schmerz bedeutet. Für den eigenen Schmerz sind sie ja sehr empfänglich, den Schmerz, den sie der Partnerin bereiten, erkennen sie nicht. Denn sie sind auf sich fixiert.
mel_t hat geschrieben:Auch jemand, der "klammert" hat eine gestörte Bindungsfähigkeit !das musste ich selbst schmerzlich erkennen...
Oh, ja, das stellte ich bei mir auch mit einiger Erschütterung fest. Erst als ich das dritte Mal in eine Beziehung geraten war, die wieder nach Schema F ablief, wurde ich hellhörig und merkte, dass es hier auch um mich geht. Dass auch ich beteiligt war und nicht nur das unschuldige Opfer, das zufälligerweise wieder mal an einen Mann seiner Sorte geraten ist.
Ich bin ja bindungsfähig, ich will doch nur eine harmonische Beziehung! Ja klar, warum suche ich die dann da, wo ich sie garantiert nicht finde? Auch ich stelle mir selbst ein Bein und suche mir einen BP aus. Die sind geheimnisvoll und undurchschaubar und gerade das reizt mich. Da kann ich zugleich auch meinen Eroberungsdrang ausleben, wie praktisch! Denn leicht zu haben waren die nicht, es war schon mit Mühe verbunden, aber welche eine Begeisterung, wenn ich ihn dann da hatte, wo ich ihn haben wollte. Leider war die Begeisterung nicht von langer Dauer, denn allzu rasch zeigte er seine Distanzmanöver und ich mutierte von der glanzvollen Hauptperson in der Tragödie zum Gegenteil, zum unglücklichen Zaungast.
Es war, als ich es endlich durchschaute, schwer zu akzeptieren. Denn von meinem Selbstbild, das sich immer wieder aus dem Erfolg bei einem Mann speiste, blieb nicht viel übrig als eine Frau, die nicht gelernt hatte, eine Frau zu sein. Mehr als Geliebte war ich selten, aber eine Frau, die weiß wo ihr Platz ist, die zu sich und zum Partner steht, war ich nicht geworden.
Ich begriff: die Ursache ist in mir. Und er war nur das perfekte Gegenstück dazu, mit dem ich meine gesammelten Defizite wunderbar ausleben und wiederholen konnte. Im Leiden war ich ja erfahren, es war ja nicht das erste Mal, wenn auch das intensivste.
Seitdem lebe ich anders: bewusster und ich versuche mich mit mir auszusöhnen und ein besserer Mensch zu werden. Männer sehe ich anders an. Ich mag sie, aber ich kann mich für keinen mehr begeistern. Und ich brauche sie nicht mehr, um mein Selbstgefühl zu füttern. Wer mit sich selbst klar kommen kann, der mutet diese Rolle keinem Anderen zu. Denn das hatte ich auch getan: er sollte mein Leben richten, er sollte dafür sorgen, dass ich mich endlich mögen, ja lieben konnte.
Ich war leider auch ein Schwein, das nichts erkannte, am wenigsten sich selbst. Aber anders kann ich es heute nicht sagen. Ich habe ihn ausgenützt und die Rechnung dafür bekommen. Schon von daher kann ich ihm nicht mehr böse sein, denn ich war keinen Deut besser als er. Das zu durchschauen, dauerte zwei Jahre.
mel_t hat geschrieben: ich bin selbst in einer ähnlichen Situation! Aber man muss sich eingestehen, dass die Chancen auf ein Happy end, doch leider sehr gering sind

so sehr man den anderen auch liebt...
Ja, das kann ich auch bestätigen, das ist leider so. Ist das Liebe, wenn man sich zum Spielball seiner Nähe- und Distanzmanöver macht und alles hinnimmt, was immer er auch tut? Wieso soll ich meinem Partner das Gefühl geben müssen, er könnte jederzeit gehen? Das kann er ohnehin, genauso wie ich, aber warum sollte ich mich verbiegen, damit er seine Defizite ausleben kann? Ich sehe das nicht ein, denn dann werde ich zum Psychotherapeuten, aber nicht zu einer Partnerin. Was Daria beschreibt, ist keine Option mehr für mich. Ich bin jetzt zu sehr ich und ich will bei mir bleiben, keine Spielchen mehr spielen, so tun als ob und den ganzen Krampf. Und wenn er das nicht kann, dann soll er aus meinem Leben verschwinden, denn dafür bin ich mir einfach zu schade.
Eine Beziehung ist dazu da, dass man nicht alleine durchs Leben gehen muss. Sie soll Halt und Stabilität bieten und sie soll das Leben bereichern, denn keiner lebt gerne auf Dauer allein. Aber sie ist nicht dazu da, mich leiden zu lassen und den anderen leiden zu lassen. Sie ist nicht dazu da, dass ich alle Kapriolen des Partners hinnehmen muss, weil der arme Kerl ja so sehr unter seiner Bindungsangst leidet. Er leidet so sehr darunter, dass er den Partner immer wieder vor den Kopf stösst, immer wieder wegschiebt und , wenn sich eine neue Chance eröffnet, auch da ohne viel Federlesens zugreift. Meiner hatte bereits angebissen, als eine ihm schöne Augen machte. Ich kam noch "rechtzeitig" drauf, weil ich seine Mails checkte. Aha, daher wollte er sich die vier Osterfeiertage frei von mir halten, daher war er so begeistert, dass ich das WE vor Ostern zu ihm kommen würde. Denn da war ja S, mit der ein Treffen greifbar war. Unverbindlich war es schon angedacht, nur nicht festgemacht. Drecksack!!
Hinterher sagte er, sie sei völlig bedeutungslos gewesen, eine Kollegin nichts weiter. Und er lerne halt nun mal gerne neue Leute kennen ... Ein Schelm, wer böses dabei denkt!
Und das alles soll ich aushalten, hinnehmen, begreifen und so damit umgehen, dass es mir nicht mehr weh tut? Nein, das tue ich nicht! Das ist keine Liebe, das ist Aufopferung und das ist ungesund und das ist ja irgendwie genau das, was ich vorher in der Beziehung auch schon tat: alles hinnehmen, für alles eine Entschuldigung finden, alles aushalten ohne zu jammern und zu klagen. Selbstaufopferung ist keine Liebe. Liebe lässt den anderen frei, akzeptiert den anderen, aber sie opfert sich nicht auf. Denn irgendwann ist es genug mit den Spielchen.
Daria27 hat geschrieben:Man kann die Bindungsangst überdauern. Aber es kostet Stärke, Nerven, Selbstvertrauen und sehr viel Zeit.
Und wozu das alles? Zeit, die mein Leben ist. Stärke die ich für mich brauche. Nerven, die ich nicht mehr habe. Selbstvertrauen, das ich wo anders mehr brauche. Soll ich mir sagen: ach der arme Junge! Er fährt jetzt allein auf dies und jenes Konzert, weil seine Bindungsängste wieder mal zuschlagen? Oder er fährt nicht mit mir in den Urlaub, weil er es nicht Tag und Nacht mit mir aushält? Oder er hat da letzthin eine Frau kennengelernt, die möglicherweise in die Quere kommen könnte? Ich weiß ja, wie labil er ist. Was tue ich denn da? Mir einreden, dass ich so toll bin, dass er garantiert nicht in anderen Gärten pflückt?
Nein, ohne mich. Das letzte Mal hat gereicht. Ich kenne mich, ich habe mich selbst durchschaut, zum Teil wenigstens und solch eine Veranstaltung brauche ich nicht mehr.
Man muss erkennen, wenn es genug ist.
MissBoo, das Lösen, das Du nicht zulassen willst, ist auch Willenssache. Du willst es eigentlich nicht, das Loslassen und daher funktioniert es nicht. Vielleicht solltest Du Dir mal überlegen, was Du eigentlich willst. Einen Partner, der kein richtiger ist? Eine Frau, die viel zu viel investiert und dabei Perlen vor die Säue wirft ?Eine Frau sein, die alles dem Partner zuliebe aushält und in der Beziehung allein ist?
Wer sich damit begnügt, hat es nicht anders verdient. Denn das Leiden ist auch eine schöne Komfortzone, in der man bequem lebt. Wer leidet, tut nichts, er leidet nur. Aber er nimmt die Dinge nicht in die Hand, untergräbt seine Stärke und lebt gegen seine Erkenntnis. Leiden ist bequem. Loslassen heißt aktiv werden und das ist schwer.
LG
Sonnenblume