Darf ich als Verlassener einen Brief schreiben?

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rumpelstielz
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Darf ich als Verlassener einen Brief schreiben?

Beitrag von rumpelstielz » Do 2. Jun 2016, 08:58

Hallo liebes Forum,

ich habe meinen ersten Post überarbeitet, weil er recht lang war und hoffe, dass ich einen Rat bekomme, ob ich als Verlassener die Kontaktsperre zu 100% halten soll, oder vielleicht doch einen Brief abschicke, den ich mir von der Seele geschrieben habe.

Wir waren 8 Jahre zusammen, sind verheiratet. Die ersten 4 Jahre verliefen sehr gut. Wir haben viel miteinander unternommen, gemeinsame Wohnung, Pläne, Kinderwunsch. Alles war schön. Vor etwa 4 Jahren war dann bei mir sexuell irgendwie die Luft raus. Es wurde mir langweilig. Aus früheren Beziehungen kannte ich mehr Feuer und auch Initiative von der Partnerin. Vielleicht ist auch einfach Normalität eingekehrt oder ich habe mich nicht genug angestrengt, dass es spannend bleibt. Ich habe meiner Frau dann irgendwann einmal gesagt, dass es mir ein bisschen zu langweilig ist, was sie verletzt hat. Das tat mir auch weh. Ich wusste aber nicht, wie ich das wieder gutmachen sollte. Seitdem hatten wir die letzten Jahre fast gar keinen Sex mehr. Fremdgegangen bin ich nie. Dennoch ist dadurch eine Distanz zwischen uns entstanden.

Oberflächlich gesehen verlief unsere Beziehung gut. Wir haben dieselben Zukunftsträume, konnten zusammen viel lachen, unternahmen regelmäßig etwas miteinander und konnten uns immer aufeinander verlassen. Wir haben beide sehr anstrengende Jobs, arbeiten etwa 60 Stunden die Woche, sie nicht selten auch am Wochenende. Ich muss 300 km pendeln, bin nur am Wochenende zuhause. Meine Frau ist beruflich viel unterwegs und manchmal auch am Wochenende, so dass wir uns manchmal wochenlang gar nicht sehen. Trotzdem haben wir versucht, die verbleibende Zeit miteinander so gut zu nutzen wie es geht, haben viel gelacht und waren oberflächlich gesehen glücklich.

Ich bin leider sehr pedantisch und muss Dinge immer bis ins Detail ausdiskutieren. Es entstanden Streitigkeiten, meist über irgendeinen Schwachsinn. Sie machte oft einfach dicht, während ich unbedingt eine Lösung wollte und ihr Dinge vorgehalten habe. Auch fühlte ich mich nicht ernst genommen. Das hat mich genervt. Streits eskalierten verbal, weil es sich hochschaukelte, meist meinerseits, das muss ich zugeben, weil es mich fuchsig macht, wenn man nicht zur Lösung kommt oder einfach dicht macht. Vielleicht gab es aber in diesen Momenten aber auch keine Lösung und ich habe das nicht kapiert. Sie fühlte sich untergebuttert und fertig gemacht, hielt mir vor, dass ich immer gleich ausflippen würde und es deswegen keinen Sinn macht, mit mir zu diskutieren. Da ist etwas dran. In meiner Familie habe ich es nie gelernt, dort wurde immer nur gestritten. Vernünftige Gespräche gab es kaum. Ich habe aber an mir gearbeitet. Komplett in den Griff bekommen habe ich es leider noch nicht, bin aber weiter dran.

In den letzten Monaten lief es unter der Oberfläche nicht mehr wirklich gut. Wir haben am Wochenende auch miteinander etwas unternommen und Spaß gehabt. Der Alltag verlief immer harmonisch, abgesehen von kleineren Streitereien und dass ich die Woche über nicht zuhause bin. Ich habe recht viel Bier getrunken, was sie gestört hat. Oft saßen wir dann auch in verschiedenen Zimmern, sie hat einen von "ihren" Filmen geschaut, ich irgendetwas anderes. Vor ein paar Wochen hat sie mir gesagt, dass sie nicht weiß, ob und wie es weitergeht. Wir haben darüber geredet. Uns ging es beiden richtig schlecht deswegen. Wir wollten aber beide unbedingt, dass es wieder besser wird. Ich habe mir Mühe gegeben, was sie auch bemerkt hat. Vor zwei Wochen waren wir zusammen im Urlaub. Den mussten wir umplanen, weil sie mittendrin 3 Tage arbeiten musste. In der letzten Nacht vor unserer Rückreise hat sie kaum geschlafen, weil sie gegrübelt hat. ich ging davon aus, dass es wegen der Arbeit war. Freitag früh gab sie mir nach dem Aufstehen einen Kuss. Ich fragte, ob sie gut geschlafen hätte. Sie verneinte und sagte, dass sie wieder gegrübelt hätte und es mit uns nicht mehr weitergehen könne. Ich war völlig von den Socken. Wir haben dann 2 Stunden geredet, wobei sie sehr viel geweint hat und ich sie immer wieder in den Arm nahm. Es mache sie kaputt, sie könne nicht mehr weiter. Sie habe gemerkt, dass sie gut alleine zurecht kommt und sie vermisse mich nicht, wenn ich nicht da bin. Ich war ziemlich fertig und habe sie gefragt, ob wir uns nicht professionelle Hilfe nehmen wollen. Sie hatte auch schon daran gedacht, wollte es aber nicht, weil sie nicht zu 100% dabei wäre und es alles nur schlimmer machen würde. Sie hat mir gesagt, ich bin ihr weiter sehr wichtig und sie wolle mich nicht komplett verlieren. Eine Beziehung möchte sie aber nicht mehr. Ich habe sie gefragt, ob es wirklich das ist, was sie will. Im Moment ja, meinte sie. Ich habe dann gesagt, dass eine Freundschaft ganz und gar nicht mein Ziel ist, sondern unsere Beziehung, habe ihre Entscheidung dann aber akzeptiert, weil jede weitere Diskussion nichts gebracht hätte. Daraufhin hat sie wieder geweint. Wir haben dann nicht mehr über die Trennung gesprochen.

Ich habe in verschiedenen Beratern von der Kontaktsperre gelesen. Samstag beim Frühstück habe ich ihr gesagt, dass ich erstmal auf meinen Nullpunkt kommen muss und vorschlage, dass wir uns die nächsten 4 Wochen nicht sehen und es keinen Kontakt geben würde. Ich werde in meiner Zweitwohnung bleiben und komme erst Ende Juni wieder nach Hause. Daraufhin hat sie wieder geweint, fand den Vorschlag aber gut. Am Sonntag haben wir noch die Balkonpflanzen hergerichtet. Sie meinte, dass wir mal wieder etwas mit einem befreundeten Pärchen unternehmen müssten, was wir lange nicht gesehen haben. Ich fand das unlogisch, da wir ja getrennt sind, habe aber zugestimmt und nichts weiter dazu gesagt. Abends habe ich mich verabschiedet. Wir haben uns kurz gedrückt. Montag morgens um 3 bin ich losgefahren.

Seit 4 Tagen ist Funkstille. Innerlich zerreißt es mich, weil ich nicht weiß, ob es endgültig vorbei ist. Meine Frau hat eine monatelange Grübelphase hinter sich und es hat sie viel Kraft gekostet, diesen Schritt zu gehen. Sie zieht ihre Dinge immer durch und hat sich diesen Schritt mit Sicherheit gut überlegt. Wir haben seit langem unsere körperliche Nähe verloren und sie hat mich nicht mehr vermisst. Das kann ich nachvollziehen. Ich war nicht in der Lage, die Nähe wieder aufzubauen. Trotzdem hoffe ich, dass noch nicht alles verloren ist. Ich arbeite weiter an mir, habe viel reflektiert und einen Brief geschrieben. Jetzt treibt es mich um, ob ich den Brief abschicken soll oder nicht. Darin schreibe ich viele Dinge, die ich ihr so noch nie gesagt habe. Ich habe Angst, dass sie in den nächsten 4 Wochen endgültig mit uns abschließt und ich dann keine Chance mehr habe, wenn wir uns dann wiedersehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass schlagartig alle Gefühle meiner Frau weg sind. Dennoch ist die Trennung ein Ergebnis monatelanger Grübelei und vielleicht eine Art Befreiung für sie. Schicke ich den Brief ab oder nicht? Macht er evtl alles noch schlimmer oder gibt er meiner Frau vielleicht doch den entscheidenden Input, noch einmal über alles nachzudenken

Hat jemand einenn Rat?

Gwen
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Re: Darf ich als Verlassener einen Brief schreiben?

Beitrag von Gwen » Fr 3. Jun 2016, 21:44

Hi Rumpelstielzchen,

DON'T:
Tu Dir einen Gefallen und lass das mit dem Brief sein. Sie ist MOMENTAN sehr entschlossen. Was sollen Worte auf Papier bewirken? Sie wird kurz gerührt sein und das war's dann. Außerdem birgt das die immense Gefahr, dass Du die Beziehungsmacht weiter zu Deinen Ungunsten verschiebst, wenn womöglich einige ungeschickte Formulierungen enthalten sind.

DO:
Reflektiere weiter über Eure Probleme, gewinne eine neue Ausstrahlung, die Du dann bei späteren Treffen präsentieren kannst. Überzeuge sie von ihrem neuen Mann durch Taten (bitte keine Blumensträuße, sondern selbstbewusstes, souveränes Auftreten). Das ist sexy und bewirkt was!

Du bist auf einem guten Weg, GO!
Manchmal muss man einfach springen und sich auf dem Weg nach unten Flügel wachsen lassen.

rumpelstielz
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Re: Darf ich als Verlassener einen Brief schreiben?

Beitrag von rumpelstielz » Sa 4. Jun 2016, 07:46

Hallo,

danke für Eure Unterstützung.

Bobby41, Du hast es sehr treffend formuliert, danke dafür. Schlimm daran ist, dass es mir in meinem Inneren eigentlich klar war, ich nur nicht genügend an mir gearbeitet habe, bzw. einfach unfähig war, die Dinge wirklich umzusetzen. Ich habe vor 10 Jahren schon einmal professionelle Unterstützung genutzt, um unschöne Erlebnisse aus der Vergangenheit (Kindheit, Familie, etc.) aufzuarbeiten. Dadurch wurde mir vieles klar, und es hat einiges ausgelöst.

Gwen, ich habe mir sehr viel Mühe gegeben mit dem Brief und ihn gestern abgeschickt. Es wear ein tagelanger Prozess, und ich habe ihn immer wieder umgeschrieben, bevor ich ihn per Hand aufs Papier brachte. Damit ist mir ein mittelgroßer Stein von der Seele gefallen und ich fühle mich jetzt viel freier, weil ich meiner Frau diese Gedanken so noch nie mitgeteilt habe.

In jedem Fall werde ich ernsthaft an mir arbeiten und wohl nochmal professionelle Unterstützung suchen. Das ist aus meiner Sicht das Wichtigste und fällt mir jetzt leichter, nachdem meine Gedanken und Gefühle raus sind. Der Rest wird sich dann zeigen.

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