Kann ich überhaupt noch lieben???

Lässt sich meine Beziehung retten?
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EveRyone
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Kann ich überhaupt noch lieben???

Beitrag von EveRyone » Sa 17. Dez 2011, 16:21

Hallo,

ich habe ein ernsthaftes Problem.
Die letzten 10 Jahre waren bei mir geprägt von ungesunden Beziehungen, Hörigkeit, Verlieben in die falschen Männer. Ich habe mich aufgegeben, alles für diese Männer getan, griff nach jedem Strohhalm, der irgendwie nach "Liebe" aussah - eine Rose als Entschuldigung für einen vergessenen Geburtstag (und damit einhergehend: kein Geschenk), eine SMS alle drei Wochen usw. Dass ich wesentlich mehr wert bin als das, ist mir durchaus bewusst, aber aufgrund von schweren Depressionen habe ich mir eben solche Männer gesucht und mich restlos für sie aufgegeben. Ich geriet an notorische Fremdgänger, Lebenslügner, Frauenschläger, und ich liebte sie mehr als mich selbst.

Seit anderthalb Jahren mache ich nun eine Psychotherapie, habe sehr viel über mich selbst gelernt und an mir gearbeitet. Ich bin viel selbstbewusster geworden, weiß was ich will: einen Mann, für den ich keine Selbstverständlichkeit bin, für den aber Dinge wie täglich melden, kleine Aufmerksamkeiten, un das Gefühl, gerne Zeit mit mir zu verbringen, wichtig sind. Ich nehme seit einem Jahr Antidepressiva (Citalopram, 45 mg am Tag), um meine Stimmungsschwankungen in den Griff zu bekommen, und es geht mir wirklich gut damit. Ich habe kaum noch Depressionen, aber dafür auch ein leichtes Scheißegalgefühl.
Früher weinte ich oft beim Fernsehen, jetzt sind mir diese rührenden Momente so ziemlich egal. Wenn ein vermeintlicher Freund oder eine Freundin früher mit mir gebrochen hatte, habe ich geweint, war verzweifelt, wollte alles klären, mich verteidigen usw. Heute ist es mir relativ egal. Wenn mir jemand die Freundschaft kündigt - bitte! Wird wohl seinen Grund haben! Wenn ich verknallt bin und der Mann mich nicht will - prima, such dir eben eine andere! Früher hätte ich alles gegeben, ihn zu kriegen, jetzt habe ich kein Problem damit, Reisende ziehen zu lassen. Ich melde mich nicht mehr, nichts. Wer mich nicht will, hat mich auch nicht verdient.

Tja, und den Richtigen habe ich auch neulich kennen gelernt. Er tut alles, was ich mir immer von den Falschen erhofft hatte. Er liebt mich aufrichtig. Er ist treu, aufmerksam, großzügig, beziehungsfähig (!), lieb, hilfsbereit, also der Traummann, wie ich ihn immer haben wollte. Leider habe ich das Gefühl, dass ich wegen den Tabletten irgendwie abstumpfe, nicht nur, wenn es um negative Gefühle geht, sondern auch bei positiven. :(
Er ist wirklich der Mann, den ich mir immer gewünscht habe. Zudem ist er attraktiv, der Sex spitzenmäßig, also das "Komplettpaket". Trotzdem kann ich seine Liebe nicht erwidern. Ich mag ihn sehr, aber das ist es auch schon. Ich habe das Gefühl, dass ich ihm unrecht tue, weil er mich viel mehr liebt als ich ihn. Ich bin ihm absolut treu, ich freue mich auch auf ihn, aber wenn er dann da ist, ist es allenfalls okay, mehr nicht. Wenn er nicht da ist, ist es auch okay. Da kann er sich ein Bein ausreißen für mich, ich find's okay, aber mehr eben auch nicht. Irgendwie baut sich nichts mehr außer einem leichten Kribbeln auf.

Kann ich überhaupt noch lieben? Ich will diesen Mann lieben. Er ist perfekt. Er ist das Beste, was mir je passiert ist und was Besseres finde ich sicher nicht mehr. Ich kotze mich selber an, weil ich so denke, wie die falschen Männer, die ich immer hatte und die stets auf der Suche nach einer Besseren waren. Ich will die Tabletten aber nicht absetzen, denn die brauche ich noch, ansonsten kriege ich wieder Suizidgedanken, obwohl eigentlich - rational gesehen - alles gut läuft. Ich will aber auch bei ihm bleiben, denn er tut mir gut und ich will auch keinen anderen. Kann man so "auf Sparflamme" lieben wie ich oder ist das keine Liebe? Denke ich gerade alles kaputt? Schaffe ich es eines Tages, die Zeit einfach zu genießen, ohne mir Gedanken zu machen, ob es nun recht ist, das ich ihn nur lieb habe, aber nicht "liebe"? Ich will diese Beziehung, ich bin glücklich (soweit ich das noch empfinden kann) und ich mache ihn glücklich. Aber irgendwie hatte ich mir meinen Beziehungserfolg anders vorgestellt. Mit Liebe und allem drum und dran.

Gebt Ihr mir einen Rat? Danke!

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willow4
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Re: Kann ich überhaupt noch lieben???

Beitrag von willow4 » Sa 17. Dez 2011, 16:37

Hallo EveRyone!

Hast Du mal mit Deinem Therapeuten darüber gesprochen? Wenn Du die Tabletten nicht absetzen willst, gibt es vielleicht ein anderes Medikament, das genauso wirksam ist aber mit anderen "Nebenwirkungen"? Und wieso denkst Du, dass Du es ohne Tabletten nicht schaffst?

Ich gehe auch zur Therapie und meine Therpeutin hatte mir vor ein paar Wochen Psychopharmaka angedroht, wenn ich weiterhin so leide wegen meiner Trennung...(Ich habe immer mal wieder Depressionen) Aber das wollte ich nicht, ich möchte mich selbst aus der Scheisse hoch arbeiten!

Wieso denkst Du, dass Du es ohne Tabletten nicht schaffst? Denkst Du nicht, dass Dein Therapeut Dich dabei begleitet, wenn Du sie absetzen solltest?
Wieso hast Du solche Angst? Ich weiss, Du willst bestimmt nicht wieder in ein tiefes Loch fallen, aber wenn Du selber merkst, dass Deine Gefühle abstumpfen? Solltest Du es dann incht wenigstens mal ohne Tabletten versuchen? Vielleicht klappt es ja...

Liebe Grüße!
willow
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EveRyone
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Re: Kann ich überhaupt noch lieben???

Beitrag von EveRyone » Sa 17. Dez 2011, 17:02

Hallo Willow!

Vielen Dank für Deine Antwort.

Ich weiß, dass ich es ohne Tabletten nicht schaffe, da ich es Jahre lang nicht geschafft habe. Ich habe mal versucht, sie abzusetzen, wollte mich schon nach zwei Wochen wieder ohne rationalen Grund von der Brücke werfen. :( Ich leide schon sehr lange an Depressionen und leider wurden sie sehr lange nicht erkannt. Ohne Tabletten bin ich einfach noch nicht stabil genug. ich habe mehrere Mittel ausprobiert, dieses ist das mit den noch wenigsten Nebenwirkungen, da es auch antriebssteigernd wirkt. Ich traue mich einfach nicht, sie wieder abzusetzen, denn ich habe Angst, dass ER sich auch ändert, wenn ich mich wieder ändere. Er hat eine selbstbewusste, stabile Frau kennen und lieben gelernt, aber wird er auch ein antriebsloses, suizidgefährdetes Häufchen Elend lieben? Die Ursachen der Depressionen sind noch lange nicht alle bearbeitet, da stehen mir noch Jahre bevor. Um daran nicht zu zerbrechen, muss ich zusätzlich zur Therapie Medikamente nehmen...

Mein Therapeut sagt, ich soll es langsam angehen lassen, versuchen zu genießen, und das tue ich ja auch. Nur leider steht mein Kopf nicht still und ich habe permanent ein schlechtes Gewissen, dass ich meinem Freund Unrecht tue. Zum Beispiel bin ich ein schlimmer Morgenmuffel und will morgens nur meinen Kaffee und meine Ruhe. Er bringt mir Kaffee ans Bett, damit ich keine Tobsuchtsanfälle bekomme, weil mir ein Tropfen danebengeht oder so. Das finde ich ganz toll, und kurze Zeit später geht mir seine Anwesenheit auf den Senkel. Ich schicke ihn dann weg, und dann vermisse ich ihn auch ein bisschen. Hätte mein Frauenschläger-Ex mir Kaffee ans Bett gebracht und mich den ganzen Morgen so angehimmelt wie mein Freund jetzt, wäre ich vor Liebe gestorben...

Hat das vielleicht gar nichts mit den Tabletten zu tun? Kann es vielleicht sein, dass ich so gestört bin, dass ich auf der ewigen Jagd nach Liebe sein muss und es nicht ertragen kann, wenn sich die Beute vor meine Füße legt? Hab ich vielleicht zu viel Testosteron??? Vielleicht bin ich auch noch nicht bereit für eine Beziehung, ehe die Probleme abgearbeitet sind? Aber alleine sein will ich auch nicht. Und wie sieht das denn aus, wenn ich ihn jetzt ziehen lasse und in zwei Jahren plötzlich wiederhaben will, wenn ich mit mir selbst "fertig" bin? Was, wenn er dann eine andere hat? Ich will ihn ja lieben, er ist doch das, was ich immer haben wollte ... :(

LG

Eve

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willow4
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Re: Kann ich überhaupt noch lieben???

Beitrag von willow4 » Sa 17. Dez 2011, 17:27

Liebe Eve!

Ich kann Deine Gefühle sehr gut nachvollziehen. Ich habe auch schon ewig Depressionen, aber habe selbst erst vor 2 Jahren den Weg zur Psychtherapie gefunden.

In einer Beziehung mit Depressionen umzugehen, ist schwer. Mein Ex war wohl nicht stark genug dafür. Ich habe von Anfang an mit offenen Karten gespielt und ihm davon erzählt, und er sagte, dass es okay für ihn sei. Aber er hat sich von mir distanziert, wenn ich ein Tief hatte und mir seine Unterstützung gewünscht hätte... Es ist nun mal ein sehr steiniger Weg... Und dabei halte ich mich eigentlich für eine sehr starke Frau, die sich auf den Weg gemacht hat, ihre Probleme in den Griff zu bekommen! Das spricht doch für mich, oder?

Ich will damit jetzt nicht sagen, dass Dein Freund damit nicht umgehen können wird und somit nicht bereit ist, Dir die Zeit zu geben, die Du brauchst. Aber Du wirst mit ihm darüber sprechen müssen. Un ihm die Möglichkeit geben, sich zu entscheiden.

Was Du von Deinem Freund erzählst, klingt doch wirklich viel versprechend! Er scheint sich doch gut auf Dich einlassen zu können und Deine "Macken" zu akzeptieren.

Ich glaube auch nicht, dass Du aufgrund Deiner Probleme nicht in der Lage bist, Dich auf eine Beziehung einzulassen. Sie kann Dich sogar stabilisieren! Aber es ist nun mal schwierig, das alles zu vereinbaren.

Fass dir ein Herz und sprich mit ihm!

Fühl dich gedrückt...

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Re: Kann ich überhaupt noch lieben???

Beitrag von EveRyone » So 18. Dez 2011, 01:13

Liebe Willow,

er weiß, dass ich schwere Depressionen habe, aber er kennt sie noch nicht. Denn es ist tatsächlich so, wie Du sagst: er bereichert den Heilungsprozess, die Beziehung stabilisiert mich ungemein. Das möchte ich nicht aufgeben. Ich habe Angst, dass er mich ohne Tabletten nicht wiedererkennen würde und mich dann verlässt, weil ich nur noch heule, nichts mehr auf die Reihe kriege, mir selbst nichts mehr wert bin. Ich habe das leider schon mal erlebt. :(

Oder meinst Du, ich soll mit ihm ganz offen und ehrlich über die abgestumpften Gefühle sprechen, ihm sagen, dass ich nicht in der Lage bin, emotional so viel zu geben wie er? Verletze ich ihn nicht unheimlich damit, wenn ich ihm sage, dass ich ihn mag und "behalten" will, aber nicht "liebe"? Würde ich damit nicht auch de ersten Schritt Richtung Verlassenwerden machen?

Oder gibt es vielleicht noch Hoffnung, dass die Gefühle wieder aufkeimen, auch mit Tabletten? Ich komme mir auf allen Gebieten vor wie ein emotionaler Legastheniker, nichts berührt mich mehr wirklich. Aber mir kann auch kaum was mehr schaden, und mich zu verletzen ist sehr sehr schwer, das sind die Vorteile.

gedankenvolle Grüße

Eve

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Re: Kann ich überhaupt noch lieben???

Beitrag von willow4 » So 18. Dez 2011, 15:22

Hallo Eve!

Ja, ich denke schon, dass Du mit ihm über die "Nebenwirkungen" Deines Medikaments sprechen solltest. Natürlich ist die Gefahr groß, dass er verletzt sein wird. Aber willst Du ihn wirklich die ganze Zeit hinhalten? Du sagst doch, dass Du ihn magst... Und dann ist es nur fair, mit ihm zu sprechen.

Ich kann Deine Angst verstehen, ihn zu verlieren. Mein Ex hat mich schon sehr stabilisiert. Und jetzt sitze ich wieder in meinem tiefen Loch und muss mich da irgendwie rausarbeiten... :?

Vielleicht lässt Du Dir einfach noch ein bisschen Zeit; denke darüber nach, was Du ihm sagen kannst und willst.Denn im Endeffekt musst Du Deinen Instinkten vertrauen. Und solange geniesse das, was Du hast!

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft!

willow
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