Beziehungsangst?

Lässt sich meine Beziehung retten?
Belana
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Beziehungsangst?

Beitrag von Belana » Do 4. Jul 2013, 18:49

Vor 3 Jahren habe ich mich von einem Mann getrennt, der mir die Hölle auf Erden bereitet hat. Er hat mich betrogen, geschlagen und hat vor keiner Art der Demütigung zurückgeschreckt. Nach der Trennung hat er mir lange nachgestellt, mich bedroht, meine Post aus dem Briefkasten gestohlen. Teilweise hatte ich so große Angst, dass ich mich nicht mehr aus dem Haus getraut habe. Mit Freuden und Familie war vereinbart, dass die mich anrufen und dann erst klingeln, damit ich weiß, wer vor meiner Tür steht.

Nach der Trennung war ich dann nicht mehr in einer Beziehung, wollte keinen Mann mehr an mich ranlassen. Kein Mann sollte wieder die Gelegenheit bekommen, mir weh zu tun. Und ich habe mich wohl gefühlt als Single und war (nachdem er im letzten Herbst aufgehört hat mich zu stalken) richtig glücklich.

Und jetzt kommt der Haken: Vor ein paar Wochen habe ich einen Mann kennen gelernt. Ich habe ihn wirklich gern. Ich schreibe bewusst nicht, dass ich mich verliebt habe. Verlieben kann ich mich wohl nicht mehr, nachdem mein Ex mit mir fertig war. Aber ich freue mich, wenn dieser Mann in meiner Nähe ist. Ich habe ihm von Anfang an erklärt, dass ich wohl nicht mehr beziehungstauglich bin. Er meinte dann, dass es wohl nur eine Frage der Zeit ist und ich erstmal wieder lernen muss, dass nicht alle Männer Scheißkerle sind. Okay, dass hat er mir eindrucksvoll klar gemacht. Er ist ein richtig netter Mensch und er ist sehr verliebt in mich. Und gerade das macht mir Angst. Er hat es nicht verdient, dass ich ihm irgendwann weh tue, nur weil ich unter Beziehungsangst leide.

Ich brauche viel Freiraum, er will möglichst jede freie Minute mit mir zusammen sein. Ich lasse mich gern von ihm berühren, aber nicht so oft wie es villeicht sein Wunsch wäre. Ich merke, dass ich ihn verletze, wenn ich mich wieder mal zurückziehe, weil ich im Moment keine Nähe zulassen kann.

In mir schlummert der Verdacht, dass es besser wäre, ihn nicht mehr zu treffen. Er will eine richtig feste Beziehung und ich brauche zuviel Freiraum. Darum schreibe ich mal hier. Wie seht ihr das? Vor allem ihr Männer? Kann ein Mann, der eine feste Beziehung haben will, glücklich werden mit einer Frau wie mir?

Zwän72
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Re: Beziehungsangst?

Beitrag von Zwän72 » Do 4. Jul 2013, 20:36

Hallo Belana,

ich kann euch beide verstehen, du brauchst deinen Freiraum, weil du sehr verletzt worden bist.
Aber ich muss auch deinen Freund in Schutz nehmen, und ihm Recht geben, Es sind nicht alle Männer Scheißkerle.
Lasst euch Zeit, wenn er dich wirklich liebt, wird er warten können, er wird zwar nicht leicht für ihn aber er wird es durchhalten.
Vieleicht ist es ja auch gut wenn ihr euch mal eine Woche nicht seht, aber telefonieren sollte gehen, vieleicht entwickelt sich bei euch dadurch eine große Sehnsucht.

Ich bitte auch um andere Meinungen, der anderen Leser, es ist keinem geholfen, hier nur mal rein zuschauen, und sich nicht zubeteiligen ;)

LG Zwän 72

Belana
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Re: Beziehungsangst?

Beitrag von Belana » Do 4. Jul 2013, 20:48

Vielen Dank für deine Antwort.

Ich habe da noch eine Frage: Ist es überhaupt in Ordnung, sich mit jemandem zu treffen den man mag aber in den man nicht verliebt ist? Wie gesagt, verliebt bin ich wohl nicht. Ich weiß es nicht. Bis vor ein paar Wochen hätte ich es nicht mal für möglich gehalten, mich auch nur von einem Mann berühren zu lassen. Von küssen überhaupt nicht zu reden.

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Mondlicht
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Re: Beziehungsangst?

Beitrag von Mondlicht » Fr 5. Jul 2013, 08:08

Guten Morgen Belanda,

Mensch Mädchen, da haste aber mächtig was hinter Dir zu bringen. Das Stalking, ist ja eben auch eine psychische Belastung und da hast Du verständlicherweise Schaden davon getragen, was erst heilen muss.
Das ist auch der Grund, weshalb Du schlecht vertrauen anderen Männern aufbauen kannst, aber wenn er bereit ist zu Dir zu stehen, dann wird er auch warten. ...Und NEIN, nicht alle Männer sind kranke Hirne und von Grund auf schlecht.

Hmm, also generell würde ich mit ihm offen und ehrlich reden, wenn Dir dies und jenes zuviel wird und Du Deinen Rückzug brauchst, das er Dir deswegen nicht böse sein soll, das gilt ja nun nicht ihm persönlich ;)
Und dann da einen Kompromiss zusammen findet?!

Ansonsten, ich weiß ja nicht, was Du bereits schon unternommen hast, um Deinen Seelenfrieden wieder herzu stellen. Hast Du schonmal eine Therapie gemacht bzw. bist schon dabei?
Ich denke, das ist das A und O.

Liebe Grüße
Mondlicht
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Wer fliegen will, muss loslassen was ihn runter zieht
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Re: Beziehungsangst?

Beitrag von Sonnenblume10 » Fr 5. Jul 2013, 08:53

Liebe Belana,

es ist immer wieder erstaunlich, wie zwei Menschen, die völlig gegensätzliche Beziehungswünsche haben, zusammenfinden. Scheinbar sind sie wie zwei Puzzleteile, die perfekt zusammenpassen, weil der eine das mitbringt was dem Anderen fehlt und umgekehrt. Ich hatte auch so eine Beziehung vor einigen Jahren, die in einem Desaster endete. Er der aktive Bindungsvermeider, dem seine Freiheit über alles ging und ich der passive Part, der hinterher lief und litt, weil meine Bedürfnisse immer zu kurz kamen. Er hätte sie auch niemals erfüllen können und so schaukelte sich die Beziehung, die auf Wolke 7 begann, im Lauf einiger Monate zu einer Art Achterbahn auf, die keinem gut tat. Das Ende war klar. Er ging, weil er meine Klammerei nicht mehr aushielt. Er wollte frei sein, tun und lassen können, was er wollte. Ich schränkte ihn auch nicht allzu sehr ein, aber meine unausgesprochenen Wünsche und mein Festhalten an der Beziehung wirkten auf ihre Weise. Er spürte meine Ansprüche an die Beziehung und fühlte sich dadurch ebenfalls nicht wohl, denn er konnte mir nicht das geben was ich gewollt hätte. Er spürte den Druck und brach eines Tages aus.

Bei Dir scheint es nun ganz ähnlich zu sein, nur dass Du der aktive Part bist, denn Du brauchst viel Freiraum, Entscheidungsfreiheit und Klammerei schränkt Dich ein. Er ist das Gegenstück dazu. Er trägt Dich auf Händen, er ist unglaublich liebevoll, geduldig, eigentich der Traummann, den Frau sich wünscht.

Du trägst viele Verletzungen in Dir, die vermutlich nie ausgeheilt wurden und die auf ihre Weise wirken. Du hast gelernt damit umzugehen, aber Deine Ängste blockieren Dich auch, weil Deine Seele sagt: Vorsicht, lass Dich nicht zu tief auf eine Beziehung ein! Ich wurde schon mal verletzt und Du weißt, wie ich damals gelitten habe.

Außerdem hast Du nun gegenüber ihr ein schlechtes Gewissen, weil Du nicht bereit bist, Dich auf eine richtige Beziehung einzulassen. Daher fragst Du Dich, ob es in Ordnung ist, sich mit einem Mann zu treffen, in den man nicht verliebt ist. An sich kann man sich mit jedem sympathischen Mann treffen, aber Du spürst das Ungleichgewicht, das wie eine Bedrohung auf Dich wirkt. Er dagegen ist wahrscheinlich froh über jedes bißchen Nähe, das Du zulässt. Und damit hältst Du ihn auch bei der Stange. Wirf ihm eine paar Brocken Zuneigung hin, gerade so viel, dass er nicht satt wird, aber von mehr träumen kann. Das ist jetzt nicht böse gemeint, aber ich weiß, wie solche Beziehungen (nicht) funktionieren. Der eine ist ständig auf der Suche nach ein bißchen Nähe und Zuneigung und Wärme und wenn das auch nur ansatzweise erfüllt wird, tut man alles, um diesen Zustand wieder herzustellen. Der Bindungsvermeider jedoch, dem das zu viel wird, entscheidet darüber, ob es Nähe gibt und wenn ja, wieviel davon.
Auf Dauer sind solche Beziehungsmuster Stress für beide.

Es ist so schade, denn Du hast nun einen Menschen gefunden, der Dir gutwillig gegenüber steht und alles für Dich tun würde. Und in Dir rumoren die Ängste aufgrund früherer Erfahrungen, Dein Wissen um Deine Beziehungsunfähigkeit und das schlechte Gewissen gegenüber ihm.

Es kann nur gelingen, wenn beide an sich arbeiten. Der eine muss verstehen und vor allem verinnerlichen, dass Nähe nicht nur Bedrohung, sondern auch Bereicherung ist, Sicherheit gibt, Nähe und Vertrauen gewährt. Der Andere muss lernen, mehr loszulassen und die Abgrenzungsmanöver des Partners nicht als Bedrohung oder Lieblosigkeit einzuordnen. Er muss ebenfalls in der Lage sein, ein selbst bestimmtes Leben zu führen und dürfte sich nicht allzu sehr auf die Beziehung einlassen.
Er ist verliebt und Du bist es nicht. Wenn das so bleibt, wird sich auf längere Sicht keiner der beiden Partner wohl fühlen. Es hilft Dir auch nichts, wenn Du ihm sagst, ich mag Dich, aber ich bin nicht verliebt. Denn er ist bereits im Fahrwasser drin, dass der passive Teil gerne wählt. Prinzip Hoffnung, ich muss ihr Zeit geben, sie wird einsehen, dass sie keinen besseren als mich findet, sie wird den einzigartigen Wert unserer Beziehung schon noch schätzen lernen und damit lullt er sich selbst ein, weil er die traurige Wahrheit nicht sehen will, denn sie tut ihm weh.

Ich denke, der Vorschlag von Mondlicht wäre bedenkenswert. Gib Dir erst Mal die Zeit, die Wunden auszuheilen, aber ohne Hilfe wird das nur schwer möglich sein. Besorg Dir Literatur, die diese Beziehungsmuster eindrucksvoll erklären ("Jein" von Stefanie Stahl, "Nah und doch so fern" von Steven Carter) und auch versuchen, Strategien daraus aufzuzeigen. Kümmere Dich erst Mal um Dich selbst, ehe Du Jemandem ungewollt weh tust, obwohl es sich in Deinem Fall kaum vermeiden lässt. Unerfüllte Liebe tut grausam weh.

Nun zu Deinem Freund oder Bekannten oder wie man das nennen will. Halt ihn nicht hin, sprich mit ihm, sage dass Du innerlich blockiert bist und dass Du nicht in der Lage bist, Dich auf eine Beziehung mit Hand und Fuß einzulassen. Er wird es vielleicht verstehen, aber dagegen arbeiten (Prinzip Hoffnung und Geduld). Es ist nicht in Ordnung, ihn sozusagen warmzuhalten, ihm zu suggerieren, dass es irgendwann vielleicht besser wird, denn auch seine Jahre vergehen. Es hilft nur gegenseitige Offenheit, ein Artikulieren der eigenen Vorstellungen, aber eine richtige Beziehung wird unter diesen Vorzeichen nicht möglich sein. Beide müssten ein wenig über ihren Schatten springen können, damit das bedrohliche Ungleichgewicht ein wenig Balance findet.

Es ist zu vermuten, dass Du eines Tages wieder an einen anhänglichen Mann gerätst und Dein Freund wird sich vermutlich wieder eine sehr eigenständige und ihre Unabhängigkeit liebende Partnerin suchen. Es sei denn, jedem gelingt es, die inneren Verletzungen zu erkennen und zu heilen (ganz wird es sowieso nie gelingen).

Ich habe einen guten Freund, den ich von Zeit zu Zeit sehe. Ich habe ihn im Sportstudio kennengelernt und er zeigte recht bald an mir Interesse. Er mochte meine muntere Art, meine frechen Bemerkungen und manches Mal dachte ich mir. Heute hast Du den Bogen überspannt, ihn so verarscht, dass er endlich die Segel streichen wird. Ich musste ihn mir ein wenig vom Hals halten, denn ich konnte seine Verliebtheit in keiner Weise erwidern. Es "half" alles nichts, egal was ich machte und tat, er tolerierte alles, war immer lieb und nett und fürsorglich. Das Ungleichgewicht machte mir schwer zu schaffen, denn ich spürte, dass er "mehr" wollte. Das zog sich mindestens ein Jahr hin.
Eines Tages landeten wir zu zweit im Biergarten und da sagte ich es ihm: Ich weiß, dass Du mich sehr gerne magst, aber es tut mir leid, ich kann mich einfach nicht in Dich verlieben.
Er nahm meine Hand, sah mich voller Wärme an und sagte: Aber das weiß ich doch schon längst!
Kein Vorwurf, kein bettelnder Blick, keine Traurigkeit, nur Verständnis von seiner Seite und die Erkenntnis, dass ich ihm nicht mehr geben konnte.
Urplötzlich fiel eine riesige Last von mir ab. Die "Bedrohung" durch seine Zuneigung war verschwunden, er hatte es verstanden und konnte damit umgehen. Ich sah ihn ab da auch mit anderen Augen an, mit wesentlich mehr Achtung von der Reife, die aus ihm sprach. Es wurde eine platonische Freundschaft auf Augenhöhe und das frühere Ungleichgewicht war verschwunden. Ich hatte einen Freund gefunden, der seinen Wert hat.

LG
Sonnenblume

Belana
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Re: Beziehungsangst?

Beitrag von Belana » Fr 5. Jul 2013, 11:50

Vielen Danke für eure Antworten. Sonnenblume, du warst sehr umfangreich und ich kann alles nur bestätigen, was du geschrieben hast. Eine Therapie habe ich gemacht. Allerdings ging es da nicht um Bindungsangst, weil das damals einfach zu unwichtig war. Ich war ja überzeugt, alleine zu bleiben. Die Therapie war wegen dem Ex. Ich hatte damals schlimme Alpträume, war ein zitterndes Häufchen Elend. Hatte Angst vorm Leben und habe mich in meiner Wohnung verbarrikadiert. Die Nachbarn haben soviel Rücksicht genommen, dass sie immer die Haustür abgeschlossen haben, auch tagsüber. Mein Ex hätte sich sonst mit einer Karte Zutritt zum Haus verschafft. Ja, genau wie in Filmen.

Der jetzige Mann hat seine Jugendliebe geheiratet. Diesen Sommer wären sie 25 Jahre verheiratet. Sie hat ihn betrogen, darum hat er sie verlassen. Er hat mir erzählt, dass er seine Ex auf der Schule kennen gelernt hat. Als er 19 war, war er schon verheiratet. Sie haben dann sehr bald das erste Kind bekommen. Sie hatten ein Haus, welches er nach der Trennung verkauft hat. Tja, als es vorbei war, war er auch 2 Jahre alleine. Ich wäre also seine 2. Frau. Das macht mir eine Heidenangst. Im Grunde kann ich nur eine riesen Enttäuschung für ihn werden. Wenn ich mich mal nicht melde, schreibt er mir Mails oder ruft mich an.

Er weiß, dass ich eigentlich ein sehr zeitintensives Hobby habe. Reiten. Nur ist das letzte Pferd, das ich geritten habe, verkauft worden. Wenn ich wieder reiten gehe, habe ich noch weniger Zeit. Ich bin vollzeit berufstätig. Im Grunde ist für einen Mann kein Platz in meinem Leben. Aber ich habe mich total wohl in seiner Gegenwart gefühlt. Obwohl ich von Anfang an mit offenen Karten gespielt habe, lastet die Verantwortung auf mir.

Es ist so, wie du geschrieben hast: wenn ich Zeit mit ihm verbringe, macht er sich Hoffnung auf mehr. Weil in meinem Leben so viel los ist, bestimme ich, ob und wann wir uns treffen. Was eigentlich logisch ist, weil ich alle anderen Verabredungen auch einhalte. Also mit Freunden, Familie, meiner Stieftochter. Wenn ich wieder reiten gehe, wird die Zeit noch knapper. Für heute Abend sind wir verabredet. Hmmmmmm, ich bin echt besorgt deswegen. Rein vorsorglich wäre es besser, dass wir uns nicht mehr treffen. Was immer ich sage, er saugt es auf wie ein Schwamm und weiß sogar noch, was ich bei unserem ersten Treffen gesagt habe. Wenn ich sage, ich mag Milka Crispello, bringt er garantiert bei einem der nächsten Treffen eine Tüte mit.

Ranunkel
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Re: Beziehungsangst?

Beitrag von Ranunkel » Fr 5. Jul 2013, 12:19

Und das ist der Grund, warum Du nicht mehr für ihn empfinden kannst/wirst.

Er häuft Dich derart mit seinen Emotionen zu, dass Deine gar keinen Platz haben, sich zu entwickeln.

Nachdem Du in Deiner letzten Beziehung die Unterlegene warst, bist Du nun in der für Dich ungewohnten Position der UEBERLEGENEN.
Zuviel Kontrolle/Macht über jemanden, tötet die Gefühle bzw. hindert sie am wachsen.

Das hat alles ganz viel mit dem (Ung)gleichgewicht zwischen zwei Menschen zu tun.


Die Büchertips weiter oben sind super. Ich möchte noch eines ergänzen, da geht es genau um diese Balance in Beziehungen... um die paradoxe Leidenschaft:

"Ich liebe Dich nicht, wenn Du mich liebst".

Diese Website ist vielleicht auch hilfreich:

http://www.beziehungsdoktor.de/index.ph ... verteilung

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Re: Beziehungsangst?

Beitrag von Sonnenblume10 » Fr 5. Jul 2013, 13:22

Ranunkel hat geschrieben:Er häuft Dich derart mit seinen Emotionen zu, dass Deine gar keinen Platz haben, sich zu entwickeln.
Stimmt, ging mir genauso. Außerdem verliert jeder, der einem zu Füßen liegt, seinen Wert. Man kann nicht genügend Achtung vor solch einem Menschen entwickeln, weil er zu sehr Fußabstreifer ist.
Belana hat geschrieben: Die Therapie war wegen dem Ex. Ich hatte damals schlimme Alpträume, war ein zitterndes Häufchen Elend. Hatte Angst vorm Leben und habe mich in meiner Wohnung verbarrikadiert.
Trennungsprobleme, Selbstwertgefühl mit Fßen getreten und Eigenliebe auf dem Boden. Noch schlimmer: bedrohliche Angst durch die Verlassenheit und die Aggression des Ex-Partners durch Stalking. Auch er konnte mit der Trennung nicht umgehen und münzte sein eigenes Unvermögen, dem er nicht ins Auge sehen konnte, in Aggression gegen Dich um.
Belana hat geschrieben: Ich wäre also seine 2. Frau. Das macht mir eine Heidenangst. Im Grunde kann ich nur eine riesen Enttäuschung für ihn werden.
Du hast vor dieser Verantwortung verständlicherweise eine ungeheure Angst, weil Du insgeheim weißt, dass Du seine Wünsche und Ansprüche nicht erfüllen kannst. In Dir wüten das schlechte Gewissen und Schuldgefühle gegenüber ihm
Ranunkel hat geschrieben: Im Grunde ist für einen Mann kein Platz in meinem Leben
Du hast Dich selbst gerettet, Dich in Beruf und Hobbies geflüchtet, eine Therapie gemacht, die Dir den Schritt zurück ins selbständige Leben geebnet hat. Die Langzeitfolgen Deiner Erfahrungen aber merkst Du jetzt selbst, denn die sind nicht ausgeheilt. Du hast sie sozusagen maskiert, indem Du Dir gesagt hast: ich bin erfolgreich, selbständig und unabhängig und brauche keinen Partner. Dahinter steckt die Schutzreaktion vor erneuten Verletzungen, denn so etwas wird Dir nicht nochmals passieren. Du hast verinnerlicht: Beziehung = Bedrohung und Leid.
Ranunkel hat geschrieben:wenn ich Zeit mit ihm verbringe, macht er sich Hoffnung auf mehr. Weil in meinem Leben so viel los ist, bestimme ich, ob und wann wir uns treffen.
Typisches Verhalten des passiven, d.h. leidenden Partners. Jedes bißchen Nähe erzeugt den Wunsch nach mehr Nähe. Er ist von Deiner Zuneigung, von Deinen Zeitfenstern abhängig und das spürt er auch. Und dadurch wird er traurig und fühlt sich jämmerlich.
Belana hat geschrieben:Was immer ich sage, er saugt es auf wie ein Schwamm und weiß sogar noch, was ich bei unserem ersten Treffen gesagt habe. Wenn ich sage, ich mag Milka Crispello, bringt er garantiert bei einem der nächsten Treffen eine Tüte mit.
Er will Dich davon überzeugen, wie liebevoll und aufmerksam er ist, damit Du endlich begreifst, welch großes Glück Du mit ihm findest. Es ist zu viel, was er tut. Und dadurch entsteht bei Dir das Gefühl der Bedrohung durch seine Ansprüche und es kommen Schuldgefühle, weil Du ihm nicht alles mit gleicher Münze zurückzahlen kannst.
Leider wählt er die komplett falsche Strategie, denn die würde bedeuten: auch ich habe nicht immer Zeit, schleppe keine Schokoriegel und Pralinen an, um ihr zu gefallen, baue keinerlei Druck auf. Würde er eigenständiger und autarker sein, würde er wesentlich attraktiver auf Dich wirken. Aber er verscherzt es sich, indem er das Gegenteil tut und damit kontraproduktiv vorgeht.
Belana hat geschrieben:Aber ich habe mich total wohl in seiner Gegenwart gefühlt.
Ja, denn auch in Dir ist ein großer Wunsch nach Nähe und Vertrauen und das kann er erfüllen. Ihr habt Euch was zu sagen, kommt gut miteinander klar, habt vermutlich gute Gespräche, Gemeinsamkeiten auf geistiger Ebene. Aber wenn Du es gefunden hast, kannst du es nicht zulassen.
Belana hat geschrieben:Rein vorsorglich wäre es besser, dass wir uns nicht mehr treffen.
Eigentlich ja, denn Zeit hast Du eh nicht, Achtung, aus der Liebe erwachsen kann, auch nicht. Also Kontaktabbruch, weil "es besser so ist". Schade nur, dass Du dadurch auch einen liebenswerten, rechtschaffenen Menschen aus Deinem Leben katapultierst.
Das ist das eigentliche Dilemma des Bindungsvermeiders: er hat innerlich eine tiefe Sehnsucht nach Bindung und Nähe, aber wenn er sie erfüllt sieht, versaut er sich wieder alles. Die Manöver, um den anderen in seine Schranken zu verweisen, sind perfide: keine Zeit, andere Dinge wie Beruf, Hobbies und Freunde sind wichtiger, Partner wird in ein enges Zeitfenster "gequetscht", Vermeidung von Offenheit (weil sie dem anderen weh tun würde) usw.
Im Grunde verbiegen sich dadurch ständig beide.

Aber auch er ist im Grunde genommen ein Bindungsvermeider. Er sucht sich unbewusst Partnerinnen wie Dich, mit denen es nicht klappen kann. Dann kann er sich sagen: ich würde ja nichts weiter wollen als eine Beziehung, aber ich finde keine Partnerin, die meine Ansprüche erfüllen kann. Entweder die Frauen sind schon vergeben oder sie sind wie Du. Auch er lebt in einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

Wo ist die Lösung? Es gibt keine, denn jeder ist auch Gefangener seiner Sehnsüchte und Ängste. Besorg Dir Literatur und gib auch ihm ein Buch, damit er es besser versteht. Wenn er weiterhin so viel Druck aufbaut durch Hinterherlaufen (Mails, Anrufe, Geschenke etc.), ruft er bei Dir Gegendruck hervor. Druck führt zum Ablassen von Dampf, also Aggression: Liebloses Verhalten, mangelnde Wertschätzung, Demontage des Anderen in Deinem Inneren, womöglich Streit und letztendlich knallhart die Trennung.
Ein grausames Spiel, bei dem beide nur verlieren können.

Ich weiß leider keine Lösung , wie man mehr Gleichgewicht herstellen kann. Ich nicht, denn auch ich bin ein Bindungsvermeider und mutiere je nach Partner vom Rennpferd, das dem anderen hinterher sprintet zum Erdmännchen, das abtaucht und nicht mehr gesehen ward, denn feste Beziehung = Bedrohung, Angst vor Kontrollverlust und Angst vor Enttäuschung. Ein Teufelskreis, dem man nur mit einem Partner aushält, der keine großen Ansprüche stellt und selbst ziemlich eigenständig lebt. Dann kann es klappen, jedoch für den Preis von wenig emotionaler Nähe. Mein Shiatu-Masseur hat Recht: Emotionen machen alles kaputt.
Ich fürchte, der Mensch besteht größtenteils aus Emotionen.

LG
Sonnenblume

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Re: Beziehungsangst?

Beitrag von Ranunkel » Fr 5. Jul 2013, 13:54

Die einzige Lösung wäre:
Er muss stärker werden und unabhängiger. Dann wärt ihr auf Augenhöhe und Du könntest ihn mehr wertschätzen.
Und: er wäre weniger "bedrohlich" für Dich.

Der Grossteil der von ihm zur Zeit gefühlten Emotionen ist nicht Liebe/Zuneigung, sondern Verlustangst. Das fühlt sich nämlich gleich an. Im Prinzip muss er seine Emotionen "umschichten".

Ich bin an sich nicht der Meinung, dass ein solches "Spiel" von Anfang an verloren ist.

Klar, ein bindungsängstlicher Mensch braucht einen Partner, der stabil, selbstbewusst und unabhängig ist. Der nicht unbedingt seinen Lebensmittelpunkt in der Beziehung sucht, sondern durch sein eigenes Leben schon sehr ausgefüllt ist. Wenn ich meinem Partner das nur "vorspiele", mich seinen Vorgaben füge, um ihn nicht zu verlieren... dann leide ich unter einer solchen Beziehung.
Wenn ich aber tatsächlich so lebe und fühle... dann kann es klappen.
Auch hier gibt es nicht nur schwarz und weiss.
Wenn allerdings ein bingungsängstlicher Mensch auf einen mit grossen Verlustängsten trifft... oder eine Person mit dem sogenannten "Helfersyndrom".... dann ist es zum Scheitern verurteilt.

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Re: Beziehungsangst?

Beitrag von Sonnenblume10 » Fr 5. Jul 2013, 15:09

Ranunkel hat geschrieben:Wenn allerdings ein bingungsängstlicher Mensch auf einen mit grossen Verlustängsten trifft... oder eine Person mit dem sogenannten "Helfersyndrom".... dann ist es zum Scheitern verurteilt.
Leider ist es meistens so.
Ich will nicht als generell negativ rüberkommen, aber solche Beziehungen sind ausgesprochen schwierig und lasten auch schwer auf den Schultern beider. Meist gelingt es kaum, da ein Gleichgewicht reinzubringen, weil der Verlustängstliche vielleicht auf einmal so tut, als ob auch er unabhängig wäre. Damit ist nichts gewonnen, weil es nur aufgesetzt ist. Der Partner merkt, dass es aufgesetzt ist und verliert noch mehr Achtung und der Andere ist inwendig doch unglücklich, weil er sich selbst verbiegt und aus der Not eine Tugend macht.
Ranunkel hat geschrieben:Im Prinzip muss er seine Emotionen "umschichten".
Ja, absolut Deiner Meinung. Aber wie macht man das? Aus Verstandesgefühlen die Gefühle zu ändern, funktioniert meist nicht. Aber auch Beldana müsste ihre Emotionen umschichten, indem sie verinnerlicht, dass eine Beziehung keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung ist Eigentlich, wenn es nur nicht so schwer wäre.

Ich habe seinerzeit meinen Bindungsphobiker gefragt, wie er sich denn sein Leben im Alter vorstellt. Ob er permanent von Beziehung zu Beziehung hoppeln will, weil keine seinem Idealbild entspricht? Und was, wenn mal keine mehr an der nächsten Ecke steht, die ihn anhimmelt oder das Gefühl hat, sie müsste dem armen, kleinen A... helfen (so wie ich es seinerzeit getan habe, denn ich habe seine Bedürftigkeit beim ersten Kennenlernen gespürt und das zog mich magisch an). Da wurde er still. Ich meinte, ich sehe zwei Möglichkeiten: entweder Du wirst irgendwann in 15 Jahren ein verbitterter alter Knorpel, dessen Gesichtsausdruck jedem sagt: komm mir bloß nicht zu nahe! Oder aber Du bleibst eines Tages in einer Beziehung und akzeptierst sie schon aus Resignation. Wahrscheinlich gerätst Du in letztem Fall an eine Frau, Dir endlich mal Dir sagt, wo es lang geht und bei der Du dann zum Pantoffelhelden mutierst.
Das glaubte er damals nicht. Heute hat er eine Fernbeziehung mit 500 km Distanz. Ich weiß nicht, ob ich mit meiner Prognose recht hatte oder ob sie besser mit ihm umgehen kann als ich.Aber ich habe den Verdacht, dass auch eine gewisse Resignation eine Rolle spielt. Besser eine Beziehung als gar keine und besser eine Fernbeziehung als eine am selben Ort. Ende offen, ich bin gespannt, wie lange das hält und ob er kraft besserer Einsicht jetzt beziehungsfähiger ist.

Belana, je älter man wird, desto mehr schätzt man, wenn es einen Menschen gibt, der zu einem hält und mit dem eine Beziehung überhaupt möglich ist. Noch geht es Dir so gut, dass Du keine Angst vor dem Alter hast. Aber Freunde sind nie ein Ersatz für einen Partner, das musst Du Dir klar machen. Und er muss sich klar machen, dass ein Partner nur bleibt, wenn man ihn nicht einengt, kontrolliert und überhäuft.

LG
Sonnenblume

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